die gysi thesen - Communismus
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„Modernisierung von Politik bedeutet zunächst einmal Wiedergewinnung von Politik als<br />
bewusste Gestaltung von sozialen Verhältnissen, <strong>die</strong> den Kräften des Marktes und der ganzen<br />
Gesellschaft wirksam eine Orientierung auf das Gemeinwohl gibt." (These 5, Absatz 4) Wie soll<br />
den „Kräften des Marktes" eine wirksame Orientierung auf das Gemeinwohl gegeben werden?<br />
Durch welche Mittel? Gysi hat offensichtlich keine Ahnung von den Gesetzmäßigkeiten des<br />
Marktes und des Wertgesetzes. In einer auf Privatproduktion, Warenproduktion beruhenden<br />
Gesellschaftsordnung zeigt sich erst auf dem Markt, ob <strong>die</strong> Privatproduktion ein Glied der<br />
gesellschaftlichen Arbeitsteilung, der gesellschaftlich notwendigen Arbeit ist. Der Markt ist hier<br />
das Organ des Gemeinwohls, er bedarf dazu keiner Gysischen Orientierung. Das Wertgesetz und<br />
der Markt sind <strong>die</strong> Regulatoren der auf der Privatproduktion, dem Privateigentum an den<br />
Produktionsmitteln, dem Kapital, beruhenden Produktionsweise. Es sind <strong>die</strong> Gesetze des<br />
Kapitalismus, <strong>die</strong> hier regulieren und eine <strong>die</strong>ser Produktionsweise entsprechende Orientierung<br />
auf das Gemeinwohl durchsetzen, und nicht <strong>die</strong> Gysischen Absichtserklärungen, politische<br />
Vorstellungen oder gar sein Wille.<br />
„Sie (<strong>die</strong> Orientierung auf das Gemeinwohl) kann nur dann erfolgreich sein, wenn der Anteil der<br />
lohnabhängig Beschäftigten am gesellschaftlichen Reichtum erhöht und das kleine und mittlere<br />
Unternehmertum real gefördert und deren fast vollständige Abhängigkeit von Banken und großen<br />
Konzernen wenigstens deutlich reduziert wird." (These 5, Absatz 5) Die Verteilung des<br />
gesellschaftlichen Reichtums wird nicht durch den bürgerlichen Staat, sondern der Hauptsache<br />
nach durch <strong>die</strong> Produktionsverhältnisse geregelt. Der Besitzer der Produktionsmittel kauft <strong>die</strong><br />
Arbeitskraft zu ihrem Wert, und der Verkäufer der Arbeitskraft, welcher dazu gezwungen ist, da<br />
er nicht über <strong>die</strong> Bedingungen zu ihrer Nutzung verfügt, erhält den Wert bzw. Preis seiner<br />
Arbeitskraft in Form des Lohnes. Unter den Bedingungen des Privateigentums an den<br />
Produktionsmitteln ist <strong>die</strong>s gerecht, und dementsprechend ist auch <strong>die</strong> <strong>die</strong>sen Bedingungen<br />
entsprechende Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums gerecht. Wie wollen <strong>die</strong> Verfasser<br />
der Thesen, ohne grundsätzliche Eingriffe in <strong>die</strong> Produktionsverhältnisse, eine Umverteilung des<br />
gesellschaftlichen Reichtums zu Gunsten der Lohnabhängigen bewerkstelligen? Es sind <strong>die</strong><br />
Illusionen der vermeintlichen Gestaltungen des sozialdemokratischen Zeitalters, <strong>die</strong> hier zum<br />
Ausdruck kommen.<br />
Gysi steht grundsätzlich auf dem Boden des Systems der Lohnarbeit, wie aus den Formulierungen<br />
in den Thesen selbst hervorgeht. Er spricht hier von den „lohnabhängig Beschäftigten", deren<br />
Anteil am gesellschaftlichen Reichtum erhöht werden soll. Er dokumentiert damit lediglich, dass<br />
er keine Ahnung vom Wesen der Lohnarbeit im Kapitalismus, vom Lohnsystem, hat. Lohnarbeit<br />
ist mehrwertproduzierende, das Kapital verwertende Arbeit. „Produktive Arbeit im Sinne der<br />
kapitalistischen Produktion ist <strong>die</strong> Lohnarbeit, <strong>die</strong> im Austausch gegen den variablen Teil des<br />
Kapitals nicht nur <strong>die</strong>sen Teil des Kapitals reproduziert (oder den Wert ihres eigenen<br />
Arbeitsvermögens), sondern außerdem Mehrwert für den Kapitalisten produziert. Nur dadurch<br />
wird Ware oder Geld in Kapital verwandelt, als Kapital produziert. Nur <strong>die</strong> Lohnarbeit ist<br />
produktiv, <strong>die</strong> Kapital produziert." (MEW 26.1, S. 115) In <strong>die</strong>sem Sinne besteht das Wesen der<br />
Lohnarbeit gerade im Gegenteil dessen, was Gysi anstrebt, nämlich darin, dass der relative<br />
Anteil der Lohnarbeit am gesellschaftlichen Reichtum beständig sinkt, beständig sinken muss im<br />
Kapitalismus.<br />
Im Zusammenhang mit der Förderung kleiner und mittlerer Kapitalisten und der Reduzierung ihrer<br />
fast vollständigen Abhängigkeit von den Banken, dem modernen Kreditsystem, ist vom<br />
Standpunkt des Kommunismus folgendes festzuhalten:<br />
In der DKP und in anderen Teilen der Linken werden derartige Phrasen zum Anlas genommen,<br />
das Bündnis der Arbeiterklasse mit dem „kleinen" Kapital gegen das „große" Kapital zu fordern.<br />
Im Unterschied zu solchen Kräften, wie etwa <strong>die</strong> KPD-RM, <strong>die</strong> sogar noch das Bündnis mit den<br />
Resten des Mittelalters, den Bauern und Handwerkern, auf ihre Fahne schreibt, wirkt <strong>die</strong>se<br />
Bündnispolitik Gysis allerdings noch „modern". Die Politik der Verteidigung des kleinen<br />
Eigentums gegen das große Eigentum ist reaktionär, da <strong>die</strong> historische Rolle und Berechtigung der<br />
kapitalistischen Produktionsweise sich gerade in der Entwicklung des „großen" Kapitals, der<br />
Aktiengesellschaften und des Kredits zeigt.