die gysi thesen - Communismus
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Hauptanliegen der Verfasser der Thesen, den Klassencharakter der bürgerlichen Gesellschaft zu<br />
leugnen und nicht zum Ausgangspunkt von Politik zu machen. Das ganze Gewäsch dokumentiert<br />
nur den staatstragenden Charakter der Verfasser <strong>die</strong>ser Thesen. Die Theorie von der klassenlosen,<br />
<strong>die</strong> Klassen und den Klassencharakter des Kapitalismus überwindenden bürgerlichen<br />
„Zivilgesellschaft" ist eine typisch bürgerliche Ideologie.<br />
These 6:<br />
„Es geht um einen neuen Entwicklungsweg, der den sozial gebändigten Kapitalismus der<br />
Nachkriegszeit ablöst." (These 6, Absatz 2) Unter <strong>die</strong>sem Motto eines „neuen<br />
Entwicklungsweges", eine typisch Gysische Phrase, mit der <strong>die</strong> Frage nach dem Charakter der<br />
Produktionsweise - kapitalistisch oder nichtkapitalistisch oder was? - umgangen wird, versucht er<br />
nun <strong>die</strong> Grundmomente <strong>die</strong>ses Weges zu formulieren. Der Hauptgesichtspunkt <strong>die</strong>ses neuen<br />
Weges ist <strong>die</strong> Brechung von Herrschaft in ihren verschiedensten Formen, ohne dass <strong>die</strong> Frage<br />
nach den gesellschaftlichen Grundlagen, nach den bestimmten Produktionsverhältnissen, aus<br />
denen <strong>die</strong> Herrschaft des Kapitals über <strong>die</strong> Arbeit erwächst, überhaupt nur gestellt wird.<br />
Dieses Problem tritt uns gleich im ersten Hauptpunkt gegenüber. Gysi behauptet: „Technologisch<br />
sind <strong>die</strong> Gesellschaften heute in der Lage, alle Menschen der Erde mit einem geringeren<br />
Aufwand an Arbeitskraft zu versorgen. Diese Entwicklung hat aber nicht dazu geführt, dass alle<br />
weniger arbeiten." (These 6, Absatz 3) Warum das so ist, wird allerdings nicht näher ausgeführt.<br />
Auf dem Boden der Phrase „<strong>die</strong> Gesellschaften" wird man <strong>die</strong>ses Problem allerdings auch nicht<br />
klären können. Wesentlich ist jedoch, dass wir es hier nicht mit „der" oder „den" Gesellschaften<br />
zu tun haben, sondern mit der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. In <strong>die</strong>ser Gesellschaft hat<br />
<strong>die</strong> Arbeitskraft Warencharakter, deren Wert niedriger ist als ihr Gebrauchswert, ihre<br />
wertschaffende Tätigkeit. Nur <strong>die</strong> Arbeit, welche Kapital verwertet und soweit sie Kapital<br />
verwertet, ist im Kapitalismus notwendige Arbeit. In <strong>die</strong>ser Gesellschaft ist <strong>die</strong> notwendige<br />
Arbeit nur gesetzt, soweit sie auch Mehrarbeit ist. Es geht hier nicht darum, was technologisch<br />
möglich ist, sondern um <strong>die</strong> Kapitalverwertung. Wer <strong>die</strong> Arbeit nach neuen Prinzipien neu<br />
verteilen will, muss der Arbeitskraft ihren Warencharakter und den Produktionsmitteln ihren<br />
Kapitalcharakter nehmen. Es ist <strong>die</strong> Logik des Systems der Lohnarbeit, <strong>die</strong> eine Neuverteilung<br />
der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit verunmöglicht. Wer <strong>die</strong> gesellschaftlich notwendige<br />
Arbeitszeit neu verteilen will, muss das System der Lohnarbeit beseitigen. Eine neue Verteilung<br />
der Arbeit, „weniger arbeiten", ist nur möglich bei gesellschaftlichen Eigentum an den<br />
Produktionsmitteln und planmäßiger Produktion.<br />
Gysi und <strong>die</strong> „menschlichen Lebenswelten" als Wildheitszustand<br />
Weiter im Text: „Insbesondere <strong>die</strong> Ausbeutung von Naturressourcen ist enorm gewachsen, ohne<br />
dass <strong>die</strong> Effizienz ihrer Nutzung in vergleichbaren Maße gestiegen wäre. Eine solche<br />
Entwicklung untergräbt nicht nur <strong>die</strong> Bedingungen künftiger Produktion und Konsumtion auf<br />
katastrophale Weise, sie zerstört <strong>die</strong> menschlichen Lebenswelten, deren Grundlage <strong>die</strong> Natur<br />
ist." (These 6, Absatz 3)<br />
Hier gilt im Prinzip das gleiche wie oben bei der Frage der Verteilung der Arbeitszeit. Wer<br />
beutet hier über <strong>die</strong> Maßen aus und welche Entwicklung untergräbt? Hier muss <strong>die</strong> Frage der<br />
kapitalistischen Form des Verhältnisses der Menschen zur Natur entwickeln werden. Der<br />
Hauptmangel obiger These ist <strong>die</strong> Behauptung von der Natur als der alleinigen Grundlage<br />
„menschlicher Lebenswelten." Wenn dem so wäre, würden <strong>die</strong> Menschen noch im<br />
Wildheitszustand existieren, genau genommen könnte von einer menschlichen Existenz überhaupt<br />
keine Rede sein. Die Grundlagen „menschlicher Lebenswelten", also der Gesellschaft, wenn<br />
<strong>die</strong>ser Begriff überhaupt einen Sinn haben soll, sind <strong>die</strong> Natur und <strong>die</strong> Arbeit, <strong>die</strong> beiden Quellen<br />
gesellschaftlichen Reichtums. „Als Bildnerin von Gebrauchswerten, als nützliche Arbeit, ist <strong>die</strong><br />
Arbeit daher eine von allen Gesellschaftsformen unabhängige Existenzbedingung des Menschen,<br />
ewige Naturnotwendigkeit, um den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur, also das<br />
menschliche Leben zu vermitteln." (MEW 23, S. 45)