Sexualität in der Schwangerschaft und Wochenbett - Faph.de

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sagen, seit den 30iger Jahren des letzten Jahrhundert wurde das heute als „traditionell“ bezeichnete Familienbewusstsein geprägt. In den 1950iger Jahren galt die „glückliche Familie“ als Statussymbol. In den späten 60iger Jahren des letzten Jahrhunderts vollzog sich eine weitere grundlegende Änderung der Sexualität, deren Nachwirkungen heute noch deutlich zu spüren sind. Es kam zum Wertewandel. „[Die] Denunziation der glücklichen Familie“ 33 der frühen 70iger Jahre wird noch heute von der Sexualwissenschaft unterschätzt. Wurde der Frau bis weit in die aufklärende Zeit der Studenten-, Frauenund Homosexuellenbewegung ein sexuelles Wesen abgesprochen, begann durch die, wie Sigusch es nennt, „Inthronisation des Königs Sex“ 34 die sexuelle Emanzipation der Frau. Die Einführung der Pille ermöglichte es der Frau die neue Freizügigkeit ihrer eigenen Sexualität ohne Reue auszuleben. Die Möglichkeit der Familienplanung trennte die bis dahin in der Menschheitsgeschichte untrennbare Verbindung von Sexualität und Familiengründung. Freiheit hieß Sex. Die Ehe als Relikt voremanzipatorischer Zeit wurde verteufelt, da sie besonders der Frauen Freiheiten beraube. In den letzten 30-40 Jahren verblassten zwar einige dieser Tendenzen, andere Tendenzen kamen aber hinzu. Im Ergebnis der sexuellen Revolution aber blieb die Entmystifizierung der Sexualität. Sigusch hält die Entmystifizierung für einen negativen Vorgang: „[Sexualität] wird nicht mehr positiv mystifiziert als Rausch, Ekstase und Transgression, sondern negativ als Quelle von Unfreiheit, Ungleichheit, Gewalt, Missbrauch und tödlicher Infektion.“ 35 In diesem Sinne spricht Sigusch, als einer der führenden deutschen Sexualwissenschaftler, von dem „König Anti-Sex“. Die breite Kommerzialisierung von Sexo- und Pornographie gilt als Produkt der Ereignisse der revolutionären Befreiung der Sexualität. Sexualität wird öffentlich diskutiert und zur Schau gestellt. Das ehemals Intime und Private weicht der Show. Nun können auch Vergleiche angestellt werden, denn Sexualität ist allgemein geworden. Nun können Perversitäten definiert und Unnormales erkannt werden. In einer von mir in einer gynäkologischen Praxis durchgeführten nicht repräsentativen Umfrage über die Sexualität in der Schwangerschaft und im Wochenbett wird das Dilemma deutlich: Eine wöchentliche Koitusfrequenz von weniger als ein- bis dreimal 33 Sigusch, V.: Kultureller Wandel der Sexualität“ in „Sexuelle Störungen und ihre Behandlung“, Thieme-Verlag 1996 34 Sigusch, V.: Kultureller Wandel der Sexualität“ in „Sexuelle Störungen und ihre Behandlung“, Thieme-Verlag 1996 35 Sigusch, V.: Kultureller Wandel der Sexualität“ in „Sexuelle Störungen und ihre Behandlung“, Thieme-Verlag 1996 18
wird von der Mehrzahl der Befragten als unnormal angesehen. 36 Woher diese Bewertung der Sexualitätsqualität rührt, sollte durch Studien genauer durchleuchtet werden. 5. Praktizierte Sexualität 5.1 In der Schwangerschaft Viele Paare haben Angst vor dem Geschlechtsverkehr in der Schwangerschaft, da sie Schädigungen des Kindes oder vorzeitige Wehen oder einen vorzeitigen Blasensprung befürchten 37 . Eine Reihe von Untersuchungen und Studien konnten diese Befürchtungen aber widerlegen 38 . Nur ein wehenbereiter Uterus kann unter dem Einfluss der Prostaglandine der Samenflüssigkeit oder durch taktile Reize zu wehen beginnen. Ein Blasensprung basiert häufig auf Infektionen der Cervix uteri und des unteren Amnionpoles. 5.1.1 Stellungen Körperlich gibt es im ersten Trimenon keine Einschränkung bezüglich des sexuellen Erlebens, wenn nicht die unten angegebenen Kontraindikationen bestehen. Übelkeit und spannende Brüste, in der frühen Schwangerschaft häufige Probleme, können das sexuelle Verlangen dämpfen, aber Schwangere auch herausfordern, „für Sex in Stimmung zu kommen“ 39 . Wichtig erscheint in der Auswahl der Stellungen zu sein, dass die Frau die Tiefe und Intensität der Penispenetration selber steuern kann. Bei Übelkeit wird die aufrechte Position bevorzugt. Die „Sesselposition“ vereinigt diese beiden Voraussetzungen. 40 Sollten Brustbeschwerden das primäre Problem sein, sind sitzende Positionen, den Rücken dem liegenden Partner zugewandt, die Penetration „von hinten“ oder die „Löffelchenstellung“ günstiger. Brustbeschwerden können durch Tragen eines straffen oder Sport-BHs, der auch beim Sex getragen werden sollte, reduziert werden. Auch die gegenseitige orale Stimulation ist möglich. Da sich gerade zu Beginn der Schwangerschaft die Geschmackssensationen der Frau ändern, kann es auch ratsam sein, dass der Mann die alleinige Verantwortung für die orale 36 H. L. Stinshoff: „Umfrage zur Sexualität in Schwangerschaft und Wochenbett“ 2008 37 Otto, P, 2005 zitiert in M. Rindlisbacher-Zaugg, „Sexualität – Schwangerschaft und Nachgeburtszeit“ in „Hebammen-Info 2007, 3; 22-27 38 Petzold 1984 und Rothmaler 2004 zitiert in M. Rindlisbacher-Zaugg, „Sexualität – Schwangerschaft und Nachgeburtszeit“ in „Hebammen-Info 2007, 3; 22-27 39 Paget L, Hot Mamas – Sex, Lust und Leidenschaft unter anderen Umständen, München 2005 40 ebenda 19
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