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die dresdner union - CDU Dresden

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24 Zum Buß- und Bettag<br />

Gedanken zum Buß- und Bettag<br />

Unionsfreund Christian Philipp findet vor ein paar Monaten auf mysteriöse Weise, in einer Holztruhe, 66 Feldpostbriefe,<br />

<strong>die</strong> sein Großvater, als Soldat und Schneidermeister, vom Kriegsbekleidungsamt XII in <strong>Dresden</strong> Neustadt,<br />

an seine Frau Martha, nach Elstra schrieb.<br />

Sie sind in der Vorbereitungszeit des 1. Weltkrieges vom August 1914 bis 1. Mai 1916, in lyrischer, ja manchmal<br />

auch ergreifenden Schreibweise, in bestechender deutscher Handschrift niedergeschrieben. In einem seiner<br />

Briefe schreibt er seine tiefen Gedanken über einen trüben Bußtag auf.<br />

Heute am Bußtag, <strong>die</strong> Kameraden sitzen an ihren Tischen und spielen,<br />

einige arbeiten.<br />

Der Tag ist trübe, ein echter Bußtag von Natur, doch nirgends hier<br />

etwas zu spüren von der stillen Einkehr, dem der Tag gewidmet sein<br />

soll. Mir, der ich mich nicht am Spiel beteilige, auch nicht mit Arbeit<br />

beschäftigt bin, ist es heute als sollte ich den Tag doch nicht so ganz<br />

ohne tiefere Gedanken an mir vorüber ziehen lassen. Was einem da<br />

nun so alles durch <strong>die</strong> Sinne geht, das läßt sich nicht alles so schreiben,<br />

aber man hat so seine manigfachen Betrachtungen über Gott<br />

und Welt. Zumal jetzt, wo <strong>die</strong> Gegensätze so schroff aufeinander<br />

prallen, wo uns so manches so recht verworren, so dunkel und unverständlich<br />

scheinen will, da ist es oft nicht ganz leicht, das rechte<br />

seelische Gleichgewicht zu finden. Wenn wir das große Völkerringen<br />

betrachten, wo um Besitz, um Vorteile einzelner ganze Völker<br />

gegen einander losgelassen werden, wo eines dem anderen Verderben<br />

geschworen, wo alles Sinnen darauf ausgeht, dem anderen soviel<br />

Schaden als nur irgend denkbar zuzufügen, wo Menschen <strong>die</strong><br />

einander nie etwas zu leide taten wie Bestien aufeinander gehetzt<br />

werden, wo der, der größte Held ist, der es am besten verstand, dem<br />

Gegner schädlich zu sein, und dabei sein Leben aufs Spiel setzte.<br />

Wo <strong>die</strong> Gläubigen aller Nationen, der der Freunde und Feinde zu<br />

dem selben Gott beten, er möge ihrer gerechten Sache helfen, da<br />

ist es kein Wunder, wenn <strong>die</strong> Frage, ob es einen gerechten Gott gibt<br />

oder nicht, bei allen tiefer denkenden Menschen eine brennende wird.<br />

Viele setzen sich leicht über <strong>die</strong>sen Punkt hinweg, indem sie sagen:<br />

„Wenn es einen gerechten Gott gäbe, dann könnte er <strong>die</strong>s nicht alles<br />

zugeben.“ Andere, <strong>die</strong> so wunderbare Schickungen an sich oder anderen<br />

erlebten, sei es draußen auf den Schlachtfeldern, wunderbare Errettungen<br />

oder drinnen wunderbare Fügungen, <strong>die</strong> sind zu der Überzeugung<br />

gekommen: „Nur ein gütiger Gott konnte <strong>die</strong>s so gestalten.“<br />

Wollten wir nun mit unserem schwachen Verstande erwägen, ob<br />

wir nachdem was wir erlebt oder erfahren haben, festhalten können<br />

an dem, was uns von Gott gelehrt worden ist, so würden wir<br />

zu keinem festen Ergebnis kommen. Es würde hier einfach heißen,<br />

nicht sehen und doch glauben, aber das ist für den denkenden Menschen<br />

zu schwer.<br />

Ich stehe darum auf dem Standpunkte, daß wir Gott weniger im vollen<br />

Getriebe der Welt suchen sollen, denn da scheinen zwei Mächte<br />

zu herschen, eine gute und eine böße, aber im eigenen Herzen drinn,<br />

da können wir eine herschen lassen, und wenn wir der guten <strong>die</strong><br />

Herrschaft übertragen, dann wohl uns, denn wir haben den Gott<br />

in uns und stets bei uns, er führet uns auf rechter Bahn und ist stets<br />

erreichbar wo wir seiner bedürfen und stets hilfsbereit.<br />

Komme ich mit dem Begriff Gott, bei Betrachtung der ganzen Weltlage<br />

auch nicht ins Gleichgewicht, so bin ich doch dessen fest und<br />

völlig überzeugt, daß ich mich auf den Gott in mir jederzeit und in<br />

jeder Lebenslage verlassen kann, und <strong>die</strong>sen Gott befehle ich auch<br />

Euch und begrüße Dich und unser herzliebstes Kindlein, sowie <strong>die</strong><br />

anderen alle.<br />

Bin gesund und munter, was ich auch von Euch hoffe. Habe heute einen<br />

rechten Ruhetag, tut mir wirklich gut. Komme bestimmt Sonnabend<br />

½ 8 Uhr<br />

Originalfoto:<br />

Großmutter (1882 geboren), Großvater (1882 geboren),<br />

Kind (am 10.12.1912 geboren).<br />

Die Fotografie wurde vermutlich um 1914 aufgenommen,<br />

wo auch der 1. Weltkrieg begann.

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