die dresdner union - CDU Dresden
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Meine Meinung<br />
25<br />
Ist Jerusalem israelisch?<br />
Eine Erwiderung auf Maximilian Krah<br />
Dr. jur. Rolf B. Arnade<br />
In seinem Artikel<br />
„Jerusalem und Berlin“<br />
in der Oktober/November-Ausgabe<br />
der Dresdner<br />
Union hat Maximilian<br />
Krah <strong>die</strong> Haltung<br />
der Bundesregierung<br />
und der meisten anderen Staaten<br />
der Erde zur israelischen Annexion Ost-Jerusalems<br />
kritisiert. Mit seinem Statement,<br />
<strong>die</strong> jordanische Besetzung Ost-Jerusalems<br />
1948 habe erstmals zu einer – widernatürlichen<br />
– Teilung <strong>die</strong>ser Stadt geführt, wirbt<br />
er unausgesprochen dafür, Israel <strong>die</strong> volle<br />
Souveränität über <strong>die</strong> Stadt zu übertragen<br />
und hält <strong>die</strong>s für den Schlüssel zum Frieden.<br />
Wenn es doch nur so einfach wäre. Leider<br />
blendet der sehr einseitige Artikel wesentliche<br />
Entwicklungen in der Geschichte Palästinas<br />
und Jerusalems aus und wird der so<br />
viel tiefgründigeren Problematik nicht gerecht.<br />
Wir erinnern uns:<br />
Nachdem Moses das „auserwählte Volk“<br />
an das (nicht ins, denn er hat es bekanntlich<br />
nie betreten) „Gelobte Land“ geführt<br />
hatte, war es immer wieder von Fremdherrschaft<br />
betroffen. Angefangen von den Babyloniern<br />
unter Nebukadnezar (Nabucco),<br />
der zumindest <strong>die</strong> Intelligenz des israelischen<br />
Volkes in <strong>die</strong> „Babylonische Gefangenschaft“<br />
geführt hatte, wo der bedeutsame<br />
„Babylonische Talmud“ entstand,<br />
setzte sich <strong>die</strong> Fremdherrschaft über <strong>die</strong><br />
jahrhundertelange Herrschaft Roms bis<br />
zur Herrschaft christlicher Fürsten fort. Ab<br />
630 breitete sich aber auch der Islam immer<br />
stärker aus, was zu zunehmenden Zusammenstößen<br />
und schließlich zu den Kreuzzügen<br />
des Hochmittelalters führte. Nachdem<br />
das Kreuzfahrerheer in der Schlacht von<br />
Hattin durch den kurdischen Sultan Salahuddin<br />
(vulgo: Saladin) seine vernichtende<br />
Niederlage erfahren hatte, wurde das Land<br />
mehr und mehr islamisch. Die Juden hingegen<br />
nahmen entweder einen anderen Glauben<br />
an oder wanderten in <strong>die</strong> ganze Welt<br />
aus und bildeten dort eigene Gemeinden,<br />
einflussreich als Sephardim in Spanien und<br />
als Askenase am Schwarzen Meer und von<br />
dort über Ost-Europa auch in Deutschland.<br />
Mit der Ausbreitung des Osmanischen Reiches<br />
ab 1453 war Palästina hingegen konstant<br />
unter türkischer Herrschaft, bis das<br />
mit den Achsenmächten verbundene Osmanische<br />
Reich nach dem 1. Weltkrieg einen<br />
Großteil seiner Gebiete verlor und Palästina<br />
in ein unter britischer Protektion stehendes<br />
Völkerrechtsmandat überführt wurde.<br />
Die Briten versprachen den Arabern im 2.<br />
Weltkrieg einen eigenen palästinensischen<br />
Staat für deren Unterstützung gegen Hitler-Deutschland.<br />
Während <strong>die</strong> Briten <strong>die</strong>ses<br />
Versprechen auch einlösen wollten, verlief<br />
<strong>die</strong> Entwicklung jedoch ganz anders.<br />
Mit der maßgeblich von Theodor Herzl geprägten<br />
Zionisten-Bewegung waren seit der<br />
Jahrhundertwende vom 19. in das 20. Jahrhundert<br />
immer mehr Juden aus der ganzen<br />
Welt nach Palästina übergesiedelt und<br />
träumten dort von einem neuen jüdischen<br />
Staat. Als nach dem zweiten Weltkrieg Juden<br />
vornehmlich aus ganz Europa in Scharen<br />
nach Palästina strömten, war <strong>die</strong> Zeit<br />
reif für <strong>die</strong> Umsetzung <strong>die</strong>ses Traumes. Weil<br />
aber <strong>die</strong> Briten das Land den Palästinensern<br />
versprochen hatten, erkämpften es sich <strong>die</strong><br />
Juden mit Waffengewalt angetrieben von<br />
dem Wunsch, nie wieder als Minderheit unter<br />
Verfolgung leiden zu müssen. Sie gewannen<br />
<strong>die</strong> Macht in Palästina, was aber verständlicherweise<br />
bei den Arabern, <strong>die</strong> sich<br />
um <strong>die</strong> Erfüllung des britischen Versprechens<br />
geprellt sahen, nicht für Begeisterung<br />
sorgte. So sahen sich <strong>die</strong> nunmehrigen<br />
Israelis nachdem sie gegen <strong>die</strong> Briten <strong>die</strong><br />
Gründung ihres Staates Israel durchgesetzt<br />
hatten, kriegerischen Auseinandersetzungen<br />
mit den Arabern gegenüber, an deren<br />
vorläufigem Ende ein Gebietszuschnitt des<br />
Staates Israel stand, der eben nur West-Jerusalem<br />
als Teil des Staates Israel umfasste.<br />
Mit großem Fleiß machten <strong>die</strong> Israelis ihr<br />
Land urbar und gewannen der Wüste mehr<br />
und mehr Agrarland ab. Zugleich bauten sie<br />
eine leistungsfähige Industrie auf. Außenpolitisch<br />
war der Staat aber von Feinden<br />
umgeben. Weitere kriegerische Auseinandersetzungen<br />
waren vorprogrammiert, <strong>die</strong><br />
nach dem 6-Tage-Krieg des Jahres 1967 und<br />
dem Yom-Kippur-Krieg des Jahres 1973 mit<br />
Gebietsgewinnen auf dem Sinai, den Golan-Höhen,<br />
im West-Jordan-Land und eben<br />
auch mit der Besetzung Ost-Jerusalems zum<br />
heutigen Zuschnitt Israels führten.<br />
Weil aber das Palästinensische Volk weiterhin<br />
keinen eigenen Staat hatte, brodelte ein<br />
latenter Unruheherd, der sich, wenn nicht in<br />
Kriegen, in fortwährenden terroristischen<br />
Attacken entlud. Große Staatsmänner wie<br />
Anwar-al-Sadat oder Itzhak Rabin versuchten<br />
sich an Friedenslösungen, indem sie sich<br />
bereit zeigten, sich von den eingefahrenen<br />
Denkweisen zu lösen und Neues zu denken.<br />
Dabei wurde auch das legitime Recht des<br />
Palästinensischen Volkes auf einen eigenen<br />
Staat anerkannt. Hierbei haben insbesondere<br />
orthodoxe Juden ein religiöses Problem<br />
mit der Hergabe von Teilen des „Gelobten<br />
Landes“. Denn nach ihrem Glauben<br />
kommt der Messias (= Erlöser) erst dann,<br />
wenn das gesamte „Gelobte Land“ rechtgläubig<br />
jüdisch ist. Sie sehen sich also in der<br />
Verpflichtung, auf <strong>die</strong>ses Ziel hinzuarbeiten.<br />
Das Problem Jerusalems hingegen ist noch<br />
komplizierter. Denn <strong>die</strong>se Stadt vereinigt<br />
Heiligtümer der drei großen monotheistischen<br />
(= an einen einzigen Gott glaubenden)<br />
Religionen. Nicht nur der jüdische<br />
Tempelberg und christliche Stätten wie<br />
das Heilige Grab oder Golgatha, sondern<br />
inzwischen längst auch muslimische Moscheen<br />
haben sogar identifikationsstiftende<br />
Bedeutung für <strong>die</strong> jeweilige Religion. Man<br />
darf dabei auch nicht vergessen, dass Jesus<br />
von Nazareth als Isa ben Marijam auch<br />
ein bedeutender und hochverehrter Prophet<br />
des Islam ist. Insoweit hatte <strong>die</strong> Idee,<br />
Jerusalem zu einer internationalen Stadt<br />
ohne Zugehörigkeit zu einem bestimmten<br />
Staat zu machen, einen gewissen Charme.<br />
Allerdings steht <strong>die</strong>se Lösung nach der Vorstellung<br />
orthodoxer Juden der Ankunft des<br />
Messias entgegen.<br />
Die DRESDNER UNION · Dezember ‘12 / Januar ‘13