die lebenslängliche freiheitsstrafe - SCIP - Universität Bern
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1. Geschichtliches 5<br />
1. Geschichtliches<br />
Im Folgenden wird <strong>die</strong> geschichtliche Entwicklung der Freiheitsstrafe, insbesondere der<br />
lebenslangen Freiheitsstrafe, vom Mittelalter bis hin zur Gegenwart kurz dargestellt.<br />
1.1 Mittelalter bis 18. Jahrhundert<br />
Die vorherrschenden Strafmittel im Mittelalter 16 waren <strong>die</strong> Todesstrafe, Verstümmelungs-,<br />
Körper- sowie Ehrenstrafen. Freiheitsstrafen hingegen wurden äusserst selten ausgesprochen<br />
und hatten nicht den Charakter der heutigen Freiheitsstrafen. Die Einsperrung war v.a. eine<br />
Zwangsmassnahme zum Eintreiben einer Schuld, selten jedoch eine selbständige Strafe. 17 Die<br />
Strafe wurde in Türmen, Kellern und Verliesen unter unmenschlichen Bedingungen<br />
vollzogen. Die Freiheitsstrafe hatte damals eher den Charakter einer Körperstrafe und führte<br />
unter den schrecklichen Vollzugsumständen auch oft zum Tode. 18<br />
Auch im 16. und 17. Jahrhundert war <strong>die</strong> Freiheitsstrafe noch selten. Wurde sie trotzdem<br />
ausgesprochen, so war sie meist Begnadigung von der Todesstrafe und in Form von „ewigem<br />
Gefängnis“ in Stadtmauern und Kerkern, von Einmauerung oder von „Anschmieden im<br />
eigenen Haus oder im Haus eines Verwandten“ zu vollziehen.<br />
Als Folge des 30-jährigen Krieges 19 verarmten grosse Teile der Bevölkerung. In <strong>die</strong>ser Zeit<br />
entstanden sog. Arbeitshäuser, wo Landstreicher, Obdachlose, aber auch Geisteskranke und<br />
Rechtsbrecher eingesperrt und zu Zwangsarbeit verpflichtet wurden. Bereits 1595 waren in<br />
Amsterdam <strong>die</strong> ersten Zuchthäuser gebaut worden. Neben der Todesstrafe sowie den<br />
Körperstrafen war nun auch <strong>die</strong> Freiheitsstrafe selbständiges Strafmittel. Durch <strong>die</strong> Art und<br />
Weise der Einsperrung sollte Vergeltung und Abschreckung geübt werden.<br />
In der Aufklärung wurde der umfassende Geltungsanspruch der absoluten Straftheorie immer<br />
häufiger kritisiert, und man begann sich mit der Frage des Strafzweckes zu beschäftigen.<br />
Einflussreich auf <strong>die</strong> Praxis der Strafrechtspflege waren v.a. der Italiener Caesare Beccaria<br />
Bonesana mit seiner Schrift „Dei Delitti e delle Pene“ sowie Heinrich Pestalozzi. Beide<br />
setzten sich für <strong>die</strong> Abschaffung der Todes- und Körperstrafe und für deren Ersatz durch <strong>die</strong><br />
Freiheitsstrafe ein. Im Vordergrund stand <strong>die</strong> Frage, welchen Zweck <strong>die</strong> Strafe im Hinblick<br />
auf <strong>die</strong> Gesellschaft verfolge. 20<br />
16<br />
17<br />
18<br />
19<br />
20<br />
Eine Zusammenfassung der mittelalterlichen Strafen findet sich in der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser<br />
Karls V. von 1532 (Constitutio Criminalis Carolina).<br />
Pless-Bächler, S. 7.<br />
Kaiser/Kerner/Schöch, S. 34; Laubenthal, N 89.<br />
1618-1648.<br />
Pless-Bächler, S. 7-9.