die lebenslängliche freiheitsstrafe - SCIP - Universität Bern
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4. Die gesetzliche Regelung des Vollzuges 17<br />
bedingte Entlassung. 102<br />
Dazu kommt <strong>die</strong> stufenweise Gewährung von weiteren<br />
Vollzugserleichterungen, insbesondere von Urlauben. 103<br />
4.2.1 Resozialisierung<br />
Der Resozialisierungsauftrag stellt einen idealtypischen Auftrag an <strong>die</strong> Behörden und<br />
Vollzugseinrichtungen dar. Die Arbeitspflicht, <strong>die</strong> Wiedergutmachung sowie das Prinzip des<br />
Stufenvollzuges sind <strong>die</strong> gesetzgeberisch vorgesehenen Instrumente zur Umsetzung <strong>die</strong>ses<br />
Auftrags. Der Resozialisierungsauftrag kann und darf jedoch nicht als Selbstzweck verstanden<br />
werden. Obwohl er im StGB nicht ausdrücklich erwähnt wird, steht er klar im Kontext eines<br />
wesentlichen Zwecks unseres Strafsystems und des Strafrechts: Vermeidung von Kriminalität<br />
sowie Vermeidung von Rückfällen. Aus dem Resozialisierungsauftrag ist ein zentrales<br />
strafvollzugspolitisches Konzept erwachsen, nämlich <strong>die</strong> Normalisierung des Anstaltslebens.<br />
Darunter wird <strong>die</strong> Angleichung der Verhältnisse im Anstaltsalltag an jene ausserhalb der<br />
Anstalt verstanden, <strong>die</strong>s hat insbesondere durch <strong>die</strong> Schaffung realitätskonformer<br />
Anforderungen an <strong>die</strong> Gefangenen zu geschehen.<br />
Mit dem Resozialisierungsauftrag geht der Gesetzgeber grundsätzlich davon aus, dass<br />
Delinquenz im Wesentlichen eine Folge sozialer Desintegration des Täters ist und dass<br />
entsprechende Defizite aufgrund derer Lernfähigkeit behoben werden können. Delinquenz ist<br />
jedoch nicht ausschliesslich oder immer primär eine Folge mangelnder Eingliederung in <strong>die</strong><br />
Gesellschaft, <strong>die</strong> Ursachen sind weit unterschiedlicher und differenzierter. Die Tätergruppen<br />
sind in einem sehr unterschiedlichen Masse Wiedereingliederungsbemühungen zugänglich<br />
oder bedürftig. So ist z.B. bei Wirtschaftsstraftätern nicht <strong>die</strong> Frage mangelnder Sozialisation<br />
deliktursächlich. Des Weiteren gibt es gemeingefährliche Sexual- und Gewalttäter mit sehr<br />
hohem Rückfallpotenzial bei denen zwischen Resozialisierungsbemühungen und den<br />
Postulaten der öffentlichen Sicherheit sowie des Opferschutzes sorgfältig abgewogen werden<br />
muss. Ebenfalls zu einer Relativierung des Resozialisierungsauftrags führt der hohe<br />
Ausländeranteil in den Anstalten und Gefängnissen, zumal ein wesentlicher Teil <strong>die</strong>ser<br />
Insassen nach Verbüssung ihrer Freiheitsstrafen <strong>die</strong> Schweiz verlassen müssen. Der<br />
Resozialisierungsauftrag ist bei kurzen Freiheitsstrafen nur bedingt anwendbar. Es wurde<br />
verschiedentlich und auch zu Recht <strong>die</strong> kontraproduktive Wirkung kurzer Freiheitsstrafen<br />
kritisiert.<br />
In den letzten Jahren hat der Resozialisierungsauftrag eine differenziertere Ausprägung<br />
erhalten. So ist <strong>die</strong> Arbeit mit Straffälligen heute durch einen deliktspräventiven Fokus und<br />
102<br />
103<br />
Trechsel, Art. 37 N 4.<br />
Rehberg, S. 22.