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Kannetzky Cartesianische Prämissen

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Frank <strong>Kannetzky</strong><br />

genauer: eine instrumentelle Handlung, die auf Resultate abzielt, die außerhalb<br />

der Kommunikation liegen. Kommunikation ist Mittel zum Zweck. Wir verstehen<br />

kommunikative Äußerungen demnach dann (und nur dann), wenn wir verstehen,<br />

was der Sprecher damit bezweckt, also ihren subjektiven Handlungssinn<br />

erkennen. Mithin verstehen wir Sprache, wenn wir Handlungen verstehen. In<br />

diesem Modell kann daher jedes Tun zum kommunikativen Handeln werden, sofern<br />

der Akteur mit seiner Handlung kommunikative Absichten verbindet, und<br />

entsprechend kann alles als Kommunikationsmittel dienen, wenn es vom Sprecher<br />

mit der Absicht verwendet wird, den Adressaten dazu zu bringen, aufgrund<br />

seiner Äußerung etwas zu tun oder zu glauben. 50 Wie die Äußerung zu verstehen<br />

ist, hängt nicht von der konventionellen Bedeutung der Äußerung ab. Vielmehr<br />

kann die Bedeutung einer Äußerung sogar im Gegensatz zu ihrer (im Rahmen<br />

des Konzeptes erst noch zu erläuternden) konventionellen Bedeutung stehen.<br />

Geht man von Lockes Theorie der Sprache und des Verstehens aus und vernachlässigt<br />

ihren cartesianischen Kern, erscheint die pragmatische Erweiterung<br />

des Theorierahmens zunächst plausibel. Vor dem Hintergrund des cartesianischen<br />

Handlungsbegriffs, der auch in diesem Modell unterstellt ist, wird aber<br />

deutlich, dass das Problem nur auf das allgemeinere Problem der Interpretation<br />

von Handlungen, d.h. hier: der Identifikation und Individuation von Intentionen,<br />

verschoben ist, und diese steht vor denselben Schwierigkeiten: dem Auseinanderfallen<br />

von inneren und äußeren Aspekten der Handlung, der Absicht einerseits,<br />

der Ausführung und den Resultaten andererseits. Wie schon bemerkt wurde,<br />

gibt es im Rahmen des cartesianisch-lockeschen Paradigmas aber keine Möglichkeit,<br />

vom äußeren auf den inneren Aspekt der Handlung zu schließen.<br />

Das Problem ist, dass im individualistisch-instrumentalistischen Rahmen<br />

Kommunikation keine gemeinsame Handlung (Kooperation) mit gemeinsamer<br />

Erfolgskontrolle darstellt, in der gemeinsame und daher den Kommunikaten gemeinsam<br />

verständliche Bedeutungen hervorgebracht werden. Vielmehr sind Bedeutungen<br />

der Kommunikation als geistige Gehalte im Bewusstsein der Individuen<br />

bereits vorausgesetzt, sie werden nicht im gemeinsamen Gebrauch der<br />

Sprache aktualisiert, produziert oder „ausgehandelt“, sondern müssen richtig erkannt<br />

werden. Das praktische Problem der kontextuell hinreichend guten, d.h.<br />

für die weitere Kommunikation und Kooperation anschlussfähigen Verständigung<br />

wird als Erkenntnisproblem der Absichten anderer konzipiert, als Problem<br />

der einsamen, ggf. höherstufigen Reflexion prinzipiell isolierter Subjekte darüber,<br />

was der andere mit Blick auf den Adressaten seiner Äußerung beabsichtigen<br />

bzw. meinen könnte. 51 Die „pragmatische Wende“, d.h. die Fokussierung auf<br />

50 Vgl. G. Meggle: Grundbegriffe der Kommunikation (2. Auflage). Berlin; New York: de Gruyter<br />

1997, S. 36 und passim; vgl. auch Searle, der meint, man könne ggf. auch mittels Möbelrücken<br />

kommunizieren (Sprechakte, S. 30f.).<br />

51 Paradigmatisch behandelt D. Lewis in Konventionen die Struktur des Problems der Erkenntnis von<br />

Absichten und Entscheidungen im individualistischen Theorierahmen unter dem Titel Replikation<br />

von Überlegungen und Bildung von Erwartungen höherer Ordnung. Dabei wird gut cartesianisch<br />

unterstellt, dass jeder der Teilnehmer für sich die Konsequenzen seiner Annahmen über sich und

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