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Kannetzky Cartesianische Prämissen

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Frank <strong>Kannetzky</strong><br />

meinte aber das da“, „Er hat die Absicht, Tomaten zu pflücken ...“ etc. als Konstatierungen<br />

innerer Vorgänge oder Zustände gedeutet werden, die objektive<br />

Wahrheitsbedingungen haben: Entweder hat das Subjekt das Vorstellungsbild g<br />

und seine Aufmerksamkeit darauf gerichtet oder nicht, entweder ist die Vorstellung<br />

von g mit Lust verbunden oder nicht. Kurz: Entweder befindet sich das<br />

Subjekt in einem bestimmten geistigen Zustand z oder es befindet sich nicht im<br />

Zustand z, entweder es hat eine Intention i oder es hat die Intention i nicht. 57<br />

Damit ist per impliziter Definition durch entsprechende Postulate über geistige<br />

Zustände ein (logischer) Gegenstandstandsbereich etabliert 58 , der zumindest<br />

der Form nach wahrheitsfähige Aussagen zulässt, die auf das empirische Vorliegen<br />

oder Nichtvorliegen geistiger Zustände zielen, und daher den Methoden der<br />

nomologischen Wissenschaft zugänglich ist. Es lassen sich bspw. komplexere intentionale<br />

Zustände definieren oder Hypothesen über die Verknüpfung intentio-<br />

57 Im Vorgriff auf das Privatsprachenargument könnte man sagen, dass diese Auffassung geistiger Tätigkeiten<br />

oder Vorgänge irreführend ist, weil sie erstens unterstellt, dass Verben für geistige Vorgänge<br />

immer deskriptiv gebraucht werden, womit ihr Charakter als normativ gehaltvolle Zuschreibungen<br />

verkannt wird, zweitens, dass etwa beim Meinen, Verstehen oder Wollen immer je ein und<br />

derselbe Vorgang stattfindet (wenn auch auf je verschiedene Gehalte gerichtet), was eine unzulässige<br />

Verallgemeinerung darstellt, und drittens, dass es sich dabei um einen privaten inneren, geistigen<br />

Vorgang i.S. eines individuellen mentalen Ereignisses oder Zustandes handelt, womit die falsche<br />

Verallgemeinerung hypostasiert wird. Das ist die Konstitution des Gegenstandes „Intention“,<br />

die man dann auch „haben“ kann wie man einen Gegenstand haben kann. Das Interesse wird dabei<br />

von der überaus komplexen Struktur des „Habens einer Intention“ weggelenkt hin zur Frage nach<br />

der Natur des „Gegenstandes“, der dabei „gehabt“ wird – und darin liegt das Hauptproblem der<br />

Philosophie des Geistes, wie sie üblicherweise verstanden wird. Man kann sich diesen Perspektivenwechsel<br />

anhand der Unterschiede der Wahrheits- bzw. Richtigkeitsbedingungen von auf den<br />

ersten Blick synonymen Wendungen wie „ich bin/habe mich überzeugt, dass ...“ statt „ich habe die<br />

Überzeugung, dass...“ oder „ich nehme x wahr“ statt „ich habe eine x-Wahrnehmung“ deutlich<br />

machen, d.h. an den Unterschieden, die sich ergeben, wenn man versucht, ohne Nominalisierungen<br />

auszukommen. Noch deutlicher wird das im „kollektiven“ Fall: „wir sind überzeugt, dass ...“, „wir<br />

glauben, dass ...“, „wir haben x wahrgenommen“ etc. Was zunächst wie eine harmlose, bloß<br />

sprachliche Variation erscheint (und gewöhnlich auch ist), verdeckt die Reifizierung geistiger Vorgänge.<br />

58 Ohne weitere Belege verweise ich darauf, dass in der Literatur häufig über Intentionen, propositionale<br />

Gehalte etc. quantifiziert wird. Etwa sieht Searle weder in Sprechakte noch in Intentionalität<br />

ein besonderes Problem darin, die Struktur von Sprechakten bzw. Intentionen wie folgt anzugeben:<br />

F(p), wobei F für einen Modus, p für einen propositionalen Gehalt stehen soll. Meggle symbolisiert<br />

„x glaubt, dass p“ mit G(x, p), „x will mit seinem f-Tun bewirken, dass p“ mit I(x,f,p)<br />

(Grundbegriffe der Kommunikation, S. 116). Andere Beispiele lassen sich in der Literatur über<br />

kollektive Intentionalität finden, etwa in Tuomela/Miller 1988 oder Bratman 1999. Das Problem<br />

ist, dass keine Rechenschaft darüber abgelegt wird, wie die Bereiche verfasst sind, über deren Gegenstände<br />

(durch die Benutzung von Variablen) implizit quantifiziert wird (vgl. dazu das Streitgespräch<br />

von P. Stekeler-Weithofer & G. Meggle 2002). In diesem Zusammenhang von Bedeutung<br />

ist der Streit zwischen Frege und Hilbert über die Existenz der durch implizite Definitionen festgelegten<br />

Gegenstandsbereiche. Frege fordert, dass Definitionen nicht leer sein dürfen, zur Definition<br />

gehöre der Existenznachweis der definierten Sache, weil andernfalls die elementare Forderung der<br />

Nichtkreativität von Definitionen verletzt wäre, so dass aufgrund der impliziten Existenzbehauptung<br />

dann Sätze bewiesen werden können, die mit Wahrheitsanspruch auftreten, von denen aber<br />

nicht einmal gezeigt ist, dass ihr Gegenstandbereich nicht leer ist (vgl. Frege : Logik in der Mathematik).

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