Jahresbericht 2005 - Leibniz Institut für Europäische Geschichte Mainz
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KOLLOQUIEN<br />
frühneuzeitlicher Wanderungsbewegungen. Migrationen von<br />
Geistlichen zwischen habsburgischen Territorien und Mitteldeutschland<br />
im 17. Jahrhundert einen wichtigen Teilaspekt<br />
der konfessionell motivierten Migrationen in der<br />
Frühen Neuzeit. Zwei weitere Vorträge von Simone<br />
GIESE (Göteburg) und Ottfried CZAIKA (Linköping)<br />
beschäftigten sich sodann mit der Migration Studierender<br />
der Theologie nach und von Schweden. Eine<br />
Sektion mit Beiträgen von Luca BSCHERA (Zürich),<br />
Jason ZUIDEMA (Emden), Amy Nelson BURNETT<br />
(Nebraska), Anja-Silvia GÖING (Zürich/Princeton)<br />
sowie Frank VAN DER POL (Kampen) konzentrierte<br />
sich auf das reformierte Ausbildungswesen. In der<br />
dritten Sektion erschloß Sven TODE (Hamburg) die<br />
Quellengattung der Leichenpredigten <strong>für</strong> das Tagungsthema.<br />
Leonhard HELL (<strong>Mainz</strong>) untersuchte das Plagiat<br />
als Form interkonfessioneller Begegnung. Ausgehend<br />
von Person und Werk Johann Valentin Andreaes fragte<br />
Julian KÜMMERLE (Tübingen) nach den Gründen <strong>für</strong><br />
die intensive Diskussion um die Theologenausbildung<br />
in Württemberg. Der Hamburger Theologe Hinrich<br />
Moller (1530–1589) kann auf eine eigentümliche<br />
Biographie zurückblicken, die Sünje PRÜHLEIN (Hamburg)<br />
zusammenstellte. Die Wirren der sich etablierenden<br />
Orthodoxie und ihrer politischen Verwicklungen<br />
bestimmten auch die Beiträge der vierten Sektion:<br />
Hans PETERSE (Osnabrück) stellte den katholischen<br />
Reformer Leonardus Marius (1588–1652) und die<br />
katholische Mission in den Niederlanden vor. Andreas<br />
MÜHLING (Bonn) beschrieb in seinem Vortrag die<br />
Herborner Konzeption zur Ausbildungsreform,<br />
welche die Notwendigkeit einer Elitenbildung <strong>für</strong> die<br />
reformierten Kirchen und Obrigkeiten in Europa<br />
insgesamt betonte. Das Bremer Gymnasium illustre als<br />
eine andere reformierte höhere Bildungseinrichtung<br />
beschrieb Wim JANSE (Leiden) mit Blick auf das<br />
Migrationsverhalten der Lehrer.<br />
Wichtig erschienen Hinweise auf neu erschlossene<br />
bzw. zu erschließende Quellenbestände. Häufig beklagt<br />
wurde, daß es in der Forschung keinen methodischen<br />
Konsens gebe, wie diese Quellen im Horizont der<br />
neueren Theoriebildung auszuwerten seien. Die interdisziplinär<br />
zusammengesetzte Gruppe diskutierte<br />
neben empirisch ausgerichteten Prosopographien und<br />
historisch-kritischen Biographien einzelner Vertreter<br />
verstärkt Fragen des Transfers und der Beziehungen<br />
zwischen Bildungseinrichtungen, Menschen, kirchlichen<br />
<strong>Institut</strong>ionen sowie der sich in ihnen widerspiegelnden<br />
Wechselbeziehungen im Sinne einer transinstitutionellen,<br />
transnationalen oder transkonfessionellen<br />
Relation. Die Beiträge der Tagung sollen binnen<br />
Jahresfrist der Öffentlichkeit zugänglich gemacht<br />
werden. Ein Tagungsbericht findet sich in: AHF-Information<br />
Nr. 77/<strong>2005</strong>.<br />
ABTEILUNG FÜR UNIVERSALGESCHICHTE<br />
Das Medien-System im Alten Reich der Frühen Neuzeit<br />
1600–1750<br />
Tagung, 24. bis 26. Februar <strong>2005</strong>, <strong>Mainz</strong>, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Europäische</strong> <strong>Geschichte</strong><br />
Die von Johannes Arndt und Esther-Beate Körber<br />
(Münster/Berlin) in Zusammenarbeit mit dem <strong>Institut</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Europäische</strong> <strong>Geschichte</strong> veranstaltete Tagung<br />
verfolgte das Ziel, die Entwicklung der publizistischpolitischen<br />
Medien im 17. und 18. Jahrhundert unter<br />
systemischer Perspektive in den Blick zu nehmen. Die<br />
Veranstalter gingen von der Annahme aus, daß die<br />
frühneuzeitlichen publizistischen Medien ein eigenes<br />
System neben und mit den übrigen sozialen Systemen<br />
bildeten. Dementsprechend gliederte sich die Tagung<br />
in drei Sektionen: 1. die ökonomischen Grundlagen<br />
des Mediensystems; 2. die Medien in ihrer Entwicklung<br />
als Träger politischer Information; 3. Produzenten und<br />
Rezipienten als Beteiligte am bzw. Akteure im Mediensystem.<br />
In der ersten Sektion betonte Ute SCHNEIDER (<strong>Mainz</strong>)<br />
den Primat der wirtschaftlichen vor den politischen<br />
oder konfessionellen Erwägungen bei Druckern, Verlegern<br />
und Buchhändlern. Wolfgang BEHRINGER<br />
(Saarbrücken) zeigte auf, in welchem Maße nicht nur<br />
das Zeitungswesen, sondern jede Form von Kommunikation<br />
durch das immer effektivere Postwesen seit<br />
dem 16. Jahrhundert beschleunigt wurde. Jürgen<br />
WILKE (<strong>Mainz</strong>) stellte »geschriebene Zeitungen« als<br />
halböffentliche Korrespondenz vor und verwies auf<br />
die »Gatekeeper«-Funktion gerade dieser Korrespondenten,<br />
die bestimmten, was zur Nachricht im Sinn der<br />
Logik des Mediensystems wurde und was nicht.<br />
In der zweiten Sektion standen verschiedene Mediengattungen<br />
im Mittelpunkt. Wolfgang BURGDORF (München)<br />
stellte den »intergouvernementalen Diskurs« der<br />
Obrigkeiten im Alten Reich vor, der gerade in<br />
Flugschriften-Deduktionen öffentlich ausgetragen<br />
wurde. Was als Demonstration zur Wahrung rechtlicher<br />
Ansprüche gedacht war, entwickelte sich im<br />
Aufklärungsjahrhundert vor einer erweiterten Öffent-<br />
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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Europäische</strong> <strong>Geschichte</strong>