FS_01_2010.pdf ( PDF , 2,3 MB)
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von Ralph Reinwarth,<br />
Karlsruhe Center<br />
aus „Der Flugleiter“, Mitgliederzeitschrift<br />
der GdF, Ausgabe <strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>0<br />
Das bezieht sich jetzt,<br />
auch wenn man das beim<br />
Titel meinen könnte,<br />
nicht auf das Kamasutra,<br />
das indische Buch der<br />
Liebeskunst, sondern auf<br />
Zahlen!<br />
Ich erinnere mich noch deutlich an<br />
eine Stuttgart Departure, deren Pilot<br />
mir meine Bitte um Frequenzwechsel<br />
zu Maastricht auf die 125,97 ablehnte<br />
mit der knappen Begründung: „Sorry,<br />
too many numbers!“. Dabei waren<br />
das exakt nur so viele wie bei den meisten<br />
anderen Frequenzen auch.<br />
Das Phänomen kennen wir, beobachten<br />
es aber in den allermeisten<br />
Fällen nur bei anderen. Zahlendreher.<br />
Die sind natürlich umso leichter zu<br />
produzieren, je mehr Zahlen Inhalt<br />
einer Message sind. Unkritisch sind<br />
diese Dreher dann, wenn sie mit Einheiten<br />
verknüpft sind, die eindeutig<br />
sind. Mehrdeutig ist übel, aber bei<br />
ATC eigentlich der Regelfall; 240 z. B.<br />
kann viel sein, eine Heading, ein Flight<br />
Level, eine Speed, eine Tripnumber.<br />
Man muss es spezifizieren. Eindeutige<br />
Einheiten mit falschen Zahlen werden<br />
manchmal nicht hinterfragt, wie das<br />
berühmte „Turn right Heading 410<br />
and continue climb to FL <strong>01</strong>5“, das<br />
geht so rum nicht, da kommt sogar<br />
das Readback mit dem „Level 410 und<br />
der Heading <strong>01</strong>5“. Das kann gefährlich<br />
werden – muss aber nicht, wenn<br />
man die Fallen kennt und sich einige<br />
Tricks aneignet, um nicht in diese zu<br />
tappen und – das ist bei jeder ernstgemeinten<br />
Kommunikation ein Muss<br />
– nicht tappen zu lassen!<br />
Eins der Kommunikationsgesetze in<br />
der Luftfahrt lautet:<br />
Saying a number after another<br />
number that is supposed to be remembered<br />
creates the classic condition for<br />
confusing the numbers.<br />
Also bitte nicht alles auf einmal.<br />
Insbesondere mit den Channels im<br />
8.33-Raster ergibt sich diesbezüglich<br />
Gefahrenpotenzial, z. B. die Gleichheit<br />
mit Leveln.<br />
„Beeline 130 maintain Heading 310<br />
and contact us on 132 decimal 330“<br />
wäre die probate R/T, um obiges Kommunikationsgesetz<br />
mal auf die Probe<br />
zu stellen.<br />
Deswegen gleichlautende Zahlen<br />
bitte möglichst in verschiedene Transmissions<br />
packen, so kann man der Verwechslungsgefahr<br />
vorbeugen. Es ist keine<br />
Unfähigkeit oder Dummheit, wenn<br />
es doch passiert, sondern eine mentale<br />
Unausweichlichkeit, ein Human Factor.<br />
Je mehr man über deren Existenz weiß,<br />
desto besser kann man versuchen, sie<br />
zu überlisten. Man hält niemanden<br />
für blöde, der es so macht, es ist eine<br />
professionelle Prophylaxe von Human<br />
Errors.<br />
Im Alltag geht das auch: Insbesondere<br />
die Telefonvorwahl von Karlsruhe<br />
(0721) ist einigermaßen Human<br />
Error-trächtig. Bei der Vorwahl 0721<br />
sagt das Gehirn gleich „kenne ich,<br />
nicht aufschreiben“, weil die Zahlen<br />
fürs Vodafone-Netz passen, <strong>01</strong>72, nur<br />
eben nicht in der Reihenfolge. Aber<br />
es gibt ein Bild, das man zu erkennen<br />
glaubt. Man hat eben nicht richtig hingesehen.<br />
Und gesehen ist noch nicht<br />
erkannt, oder, um es auf die Akustik<br />
umzuformulieren: Gehört ist noch<br />
nicht verstanden!<br />
Umgehen kann man das mit dem<br />
Hinweis „Karlsruhe 0721“, dann<br />
merkt man das; ein Handy ist mit einer<br />
Person verknüpft, nicht mit einem Ort.<br />
Karlsruhe 0721 muss also Festnetz<br />
sein, und da passt wiederum <strong>01</strong>72<br />
nicht.<br />
Nicht nur Zahlen können einen verwirren,<br />
manchmal schaffen das auch<br />
Buchstaben: Wurde doch seinerzeit<br />
Michael Schumachers Pilot von der<br />
VP-CMC nach seinen Flight Conditions<br />
gefragt und gab sofort die korrekte<br />
Antwort: „India Mike Charlie, Victor<br />
Mike Charlie“. Ja was denn nun, mag<br />
sich da der Lotse gefragt haben. Nur<br />
gehört hilft da nichts, da muss man<br />
schon verstehen!<br />
Nun noch zur Auflösung der Überschrift.<br />
Das fiel mir auf bei einer Tonbandumschrift:<br />
Es handelt sich um den<br />
korrekten Readback eines Piloten der Sabena-S.<br />
Tail-Beeline oder welches Callsign<br />
da gerade tagesaktuell ist, dem –<br />
entgegen der oben erwähnten Gesetzmäßigkeit<br />
– gesagt wurde: „Beeline34Y,<br />
squawk 3543 and contact us<br />
on 120,930“, worauf der gute Mann<br />
eben antwortete: „Tree five four tree<br />
one two zero nine tree zero tree four<br />
Yankee, tschüss!“<br />
Eigentlich eine bemerkenswerte<br />
Leistung, was für uns alltäglich ist!<br />
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