FS_01_2010.pdf ( PDF , 2,3 MB)
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ere Klappen waren geöffnet und Teile<br />
entnommen worden. Da außerdem an<br />
der Stelle, an der das Flugzeug zum<br />
Stillstand kam, alle Spuren bereits beseitigt<br />
und die beschädigten und ausgebrannten<br />
Privatkraftfahrzeuge an<br />
einer anderen Stelle abgestellt worden<br />
waren, wurde die technische Untersuchung<br />
erheblich erschwert.<br />
Die dritte Rotte startete am nächsten<br />
Morgen zu ihrem Flug nach Beja. Dazu<br />
hatte sie von ihrem Staffelchef von<br />
Beja aus den Befehl erhalten, obwohl<br />
er wusste, dass ein Team des GenFl-<br />
SichhBw noch am Abend des Unfalltages<br />
in Getafe eintreffen würde. Der<br />
Rückflug der Überführungscrews mit<br />
einer Transall erfolgte mit einer kurzen<br />
Zwischenlandung in Getafe. Dort wurden<br />
einige Ausrüstungsgegenstände<br />
der Unfallmaschine – darunter die<br />
beiden Schleudersitze – in die Transall<br />
verladen und nach Fürstenfeldbruck<br />
gebracht. Wer dazu den Auftrag gegeben<br />
hatte, war nicht mehr festzustellen.<br />
Trotzdem konnte die Ursache<br />
des Unfalls ermittelt werden. Mit den<br />
Fakten konfrontiert, gaben sowohl<br />
der Unfallpilot wie auch seine in diesen<br />
Vorfall verstrickten Kameraden ihr<br />
Verhalten zu.<br />
Durch ein fünfköpfiges Team der<br />
Feldwerft G-91 des Luftwaffenversorgungsregiments<br />
3 aus Leipheim wurde<br />
das Wrack transport- und luftverladefähig<br />
gemacht. Einige Teile wurden<br />
ausgebaut und zur weiteren Untersuchung<br />
mit nach Deutschland genommen.<br />
Der Rest wurde mit einer Transall<br />
nach Beja gebracht.<br />
In einem diszplinargerichtlichen<br />
Verfahren gegen den Unfallflugzeugführer<br />
– mit immerhin mehr als 1.800<br />
Flugstunden, davon mehr als 1.100<br />
Stunden auf der Gina – behauptete<br />
dieser, sich konform der damaligen<br />
Vorschriftenlage verhalten zu haben.<br />
Demnach wäre es seiner Meinung<br />
nach völlig legitim, einen Flug ohne<br />
Bremsschirm anzutreten. Aber gemäß<br />
der Zwischenflugcheckliste GAF T.O.<br />
G-91 (T/3)-6 WC-TF war das Einlegen<br />
des Bremsschirms und das Schließen<br />
der Bremsschirmklappe für den Wart<br />
vorgeschrieben, außerdem war für<br />
die Gina die Auslösung des Bremsschirmes<br />
erforderlich (Vorschrift), um<br />
ein maximales Bremsen im Falle eines<br />
Startabbruchs zu erreichen. Weiter<br />
schrieb der GenFlSichhBw als Antwort<br />
auf eine Anfrage des Rechtsberaters<br />
der 1. Luftwaffendivision:<br />
„Da militärische Vorschriften auf<br />
dem Prinzip des Gebotes und nicht<br />
des Verbotes aufgebaut sind, kann<br />
der Aussage des Flugzeugführers, …,<br />
nicht gefolgt werden. Entscheidend<br />
ist hier nicht die Feststellung, ob der<br />
Bremsschirm für einen Flug erforderlich<br />
ist bzw. ob man auch ohne Schirm<br />
fliegen kann, sondern die Tatsache,<br />
dass der Bremsschirm für die Durchführung<br />
von Flugbetrieb mit der G-91<br />
– insbesondere im Hinblick auf Startabbrüche<br />
– gefordert wird.“<br />
Wie dieses Verfahren ausgegangen<br />
ist, ist aus den zur Verfügung stehenden<br />
Quellen nicht ersichtlich. Ob das<br />
zweifelhafte Verhalten der Flugzeugführer<br />
der dritten Rotte disziplinar<br />
gewürdigt wurde, kann nicht gesagt,<br />
aber doch vermutet werden.<br />
Was lernen wir nun aus diesem Vorgang?<br />
- Die Verfolgung eines Zieles – und<br />
sei es noch so interessant – darf<br />
nicht dazu führen, keine Risikobewertung<br />
durchzuführen.<br />
- Erkenntnisse, die aus Tests, Überprüfungen<br />
und aus den Ergebnissen<br />
von Zwischen- und Unfalluntersuchungen<br />
gewonnen werden,<br />
müssen unverzüglich zum betroffenen<br />
Personenkreis zur Kenntnis<br />
gelangen und in die entsprechende<br />
Dokumentation eingearbeitet werden.<br />
- Kameradschaft rechtfertigt in keinem<br />
Fall, Fehlverhalten von Kameraden<br />
zu decken, zu vertuschen<br />
oder die Aufklärung eines Ereignisses<br />
/ Vorkommnisses zu be- bzw.<br />
verhindern.<br />
* Dem Flugzeugführer war nicht bekannt,<br />
dass die MA-1A (mod) Fanganlage<br />
in Getafe für einen Fang der<br />
G-91 ungeeignet bzw. gefährlich<br />
war. Bei im Jahre 1963 durchgeführten<br />
Versuchen wurde durch die<br />
Ausbildungsgruppe der WaSLw 50<br />
festgestellt, dass bei der Benutzung<br />
dieser Fanganlage, wenn das Flugzeug<br />
mit höherer Geschwindigkeit<br />
in die Fanganlage einrollt, mit einem<br />
totalen Verlust der Maschine und<br />
evtl. mit dem Tod des Flugzeugführers<br />
gerechnet werden muss.<br />
Bei einem dieser Versuche bei einer<br />
Einrollgeschwindigkeit von nur<br />
50 kts wurde die Maschine um ihre<br />
Hochachse nach rechts gedreht und<br />
kam in etwa 160° Rollrichtung zum<br />
Stehen.<br />
Weder im Handbuch G-91 noch in<br />
anderen einschlägigen Vorschriften<br />
fanden sich Hinweise darauf, dass<br />
diese in der Zeit häufig auf Flugplätzen<br />
der NATO installierte Fanganlage<br />
für die G-91 höchst problematisch<br />
war und für den Flugzeugführer<br />
lebensgefährlich werden konnte.<br />
Für die G-91 gewährleistete ausschließlich<br />
eine Netzfanganlage<br />
einen erfolgreichen Fang. Obwohl<br />
schon 1963 die Nichteignung und<br />
Gefährlichkeit der MA-1A (mod)<br />
Fanganlagen durch Versuche festgestellt<br />
wurde, fand das Ergebnis<br />
dieser Versuche weder Einzug in<br />
die entsprechenden Vorschriften<br />
noch wurde der entsprechende Personenkreis<br />
darüber informiert.<br />
Bei der MA-1A (mod) Fanganlage<br />
handelt es sich um eine sogenannte<br />
Kettenfanganlage, bei der das<br />
einrollende Flugzeug am Fahrwerk<br />
gefangen wird und seine Energie<br />
durch das Ausziehen von am Startbahnrand<br />
entgegen der Einrollrichtung<br />
gelegte Ankerketten abgebaut<br />
wird.<br />
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