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FS_01_2010.pdf ( PDF , 2,3 MB)

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immer die besagte Air cycle machine<br />

war, sondern etwas anderes. Jedenfalls<br />

wurde der Rauch immer dicker<br />

und man beschloss, nach Frankfurt<br />

zu diverten, weil es da eine Seite<br />

gibt (gab), die Rhein/Main heißt und<br />

das ist eine US-Air Force Base. Leider<br />

sagte der Pilot nichts von „Diversion“,<br />

sondern „We are going to Fränkfört<br />

now“. Stimmt, da flog er gerade hin,<br />

nach Frankfurt, zur VOR nämlich.<br />

Also da war schon mal, wie wir Human<br />

Factors- Spezialisten sagen, „Ambiguity“<br />

drin, Missdeutbarkeit. Keine<br />

klare Ansage, dass man jetzt divertet<br />

und möglichst schnell in Frankfurt landen<br />

will bzw. muss.<br />

Der Controller konnte auch annehmen,<br />

nachdem er die Freigabe nach<br />

Mildenhall via FFM usw. erteilt hatte,<br />

dass der Pilot jetzt auf die VOR eindreht<br />

und dann nach NOR fliegt. Unser<br />

Mann war misstrauisch genug, da<br />

nachzuhaken und siehe da, der Pilot<br />

meinte: Diversion to Frankfurt. Dafür<br />

war er aber zu schwer, denn er wollte<br />

ja ursprünglich bis nach – na? – genau,<br />

Mesopotamien, und war voll mit Kerosin,<br />

das man jetzt loswerden wollte.<br />

Dazu sagt man in Luftfahrtkreisen<br />

„Fuel dumping“, Limies manchmal<br />

auch „Fuel jettisoning“, aber davon<br />

war keine Rede. Der Pilot stand unter<br />

sehr hohem Stress (was man nachfühlen<br />

kann, wenn der Qualm in einem<br />

Tankflugzeug mal nicht von der kaputten<br />

Air-cycle-machine kommt, wie<br />

sonst immer) und verfiel deshalb – alte<br />

Human Factor Geschichte – in seine<br />

Muttersprache.<br />

Nun könnte man meinen, das<br />

macht ja nichts, ist ja sowieso Englisch,<br />

was in der Luftfahrt gesprochen<br />

wird, aber das ist nicht der Fall. Phraseologie<br />

ist die Sprache der Luftfahrt,<br />

die besteht aus etwas über 30 Wörtern,<br />

nicht mehr. Das ist kein „Colloquial<br />

English“! Bernhard Shaw hat<br />

gesagt: „Engländer und Amerikaner<br />

unterscheiden sich in vielen Dingen,<br />

vor allem aber durch die gemeinsame<br />

Sprache“. Also unser Pilot sagte nicht<br />

auf englisch und phraseologisch korrekt<br />

„Fuel dumping“, sondern auf<br />

Süd-Kentuckynesisch: „We gotta get<br />

rid of the most of our gas“. Das kann<br />

natürlich nur verstehen, wer Umgang<br />

mit Amerikanern hat oder hatte.<br />

Irgendwie hat man es dann geahnt<br />

und nachgefragt und konnte dann<br />

auch behilflich sein. Wie man Fuel<br />

dumpen lässt, wissen wir ja alle, aber<br />

wie kann ich der Besatzung eines Tankers<br />

sonst helfen, in so einem Fall.<br />

Dazu habe ich wieder den freundlichen<br />

Tankerkapitän Major Ward gefragt,<br />

und folgendes erfahren:<br />

Prinzipiell ist ein Tanker ein Airliner<br />

mit mordsmäßig viel Sprit und<br />

der Möglichkeit, denselben in der Luft<br />

an andere weiterzugeben, und auch<br />

sonst ein Airliner mit allen Möglichkeiten<br />

und Features, z. B. der Möglichkeit,<br />

irgendwo ein Holding per FMS<br />

hinzulegen und abzufliegen, auch da,<br />

wo man gerade ist. Man könnte also<br />

sagen: „Hold present position“ und<br />

zack! hält er da in einem Standard<br />

Pattern. Das sollte man auch als Controller<br />

als erstes anbieten, wenn einer<br />

Probleme meldet. „Do you need to<br />

hold to get things straight?“ wäre laut<br />

unserem Major eine gute Frage.<br />

Und dann ab damit in die luftverkehrstechnische<br />

Pampa, oder irgendeine<br />

TRA aufmachen und rein damit,<br />

damit die in Ruhe klären können,<br />

was Sache ist.<br />

Das klingt zunächst befremdlich,<br />

denn man denkt immer: Notfall,<br />

schnell, schnell. Ist aber falsch. Das kann<br />

sich daraus entwickeln, muss aber<br />

nicht. Im Normalfall des „Abnormals“,<br />

wie das unter Airline-Piloten heißt,<br />

wird erst mal untersucht, was ist eigentlich<br />

los. Wo kommt der Qualm her<br />

(„I bet it´s that fucking air-cycle-machine<br />

again“ lauten wahrscheinlich die<br />

Worte, die in diesem Fall die Untersuchung<br />

einleiteten) und können wir<br />

die Störung beseitigen? Dafür benötigt<br />

man Zeit. Und weil man die nicht<br />

mit fliegen vertrödeln will, lässt man<br />

den Computer im Holding fliegen und<br />

kümmert sich um den „Abnormal“.<br />

Wenn man die Lage geklärt hat, trifft<br />

man eine gemeinsame Entscheidung.<br />

Das ist in Zeiten von CRM so üblich,<br />

Entscheidungen im Konsens zu tragen.<br />

Dass nur der Kapitän was zu sagen<br />

hat, ist nicht mehr opportun.<br />

Die Entscheidung in unserem Fall<br />

war Diversion to Frankfurt. Zwar professioneller<br />

– aber unprofessionell<br />

übermittelt.<br />

Was soll der Controller tun, um der<br />

Besatzung optimal Hilfestellung zu<br />

leisten? In unserem Fall war die Besatzung<br />

nicht mit den Gegebenheiten<br />

vertraut, weil, wie o. g. ein REACH und<br />

somit aus Amerika, es sein kann, dass<br />

keiner von denen je nach Frankfurt<br />

geflogen ist. Also müssen die wissen,<br />

wie sie dahin kommen. Damit ist Type<br />

of arrival und Fix gemeint. Z. B. „We<br />

put you on a STAR from Gedern, Golf<br />

Echo Delta“. Das ist wichtig, die kennen<br />

Gedern nicht, wie wir, die suchen<br />

sich die Karte raus mit dem Gedern<br />

Arrival („What did she say, G-E-D?<br />

Oh here it is, got it, Boss!“). Buchstabieren<br />

gilt für alle IAFs, die kennen<br />

auch kein Spessart und kein Metro.<br />

Wetter! Wichtig. Die haben weder<br />

Zeit noch Bock, die ATIS abzuhören.<br />

Wetter einblenden in der TID-Library<br />

und ansagen, wenn es zu alt ist, beim<br />

TWR anrufen und selbst einholen oder<br />

einholen lassen. Rekapitulieren wir:<br />

Do you need to hold? Arrival-Type +<br />

Arrival-Fix (ggf)WX. So kann man als<br />

Upper Controller in einem solchen Fall<br />

optimal unterstützen.<br />

In unserem speziellen Fall haben<br />

die Frankfurter beide Bahnen und den<br />

mittleren Taxiway geräumt, damit die<br />

irgendwo landen konnten, beim ersten<br />

Versuch haben die Piloten nichts gesehen<br />

und mussten einen Go-around<br />

machen, beim zweiten Versuch sind sie<br />

sicher gelandet, haben evakuiert und<br />

das Flugzeug wurde abgeschleppt.<br />

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