Deutsche Revolution.pdf - Internationale Kommunistische Strömung
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seelischer Verwirrung, sondern mit dem<br />
Lichtfunken im Hirn sterben würden, dass<br />
das, was ihnen im Leben das Teuerste war:<br />
die <strong>Internationale</strong>, Völker befreiende<br />
Sozialdemokratie kein Trugbild sei. Aber<br />
schon als ein mächtiger Dämpfer auf den<br />
chauvinistischen Rausch und die<br />
Besinnungslosigkeit der Menge hätte die<br />
mutige Stimme unserer Partei gewirkt, sie<br />
hätte die aufgeklärteren Volkskreise vor<br />
dem Delirium bewahrt, hätte den<br />
Imperialisten das Geschäft der<br />
Volksvergiftung und Volksverdummung<br />
erschwert. Gerade der Kreuzzug gegen die<br />
Sozialdemokratie hätte die Volksmassen<br />
am raschesten ernüchtert. So dann im<br />
weiteren Verlaufe des Krieges (...) würde<br />
alles Lebendige, Ehrliche, Humane,<br />
Fortschrittliche sich um die Fahne der<br />
Sozialdemokratie scharen“ (ebenda, S.151,<br />
152).<br />
Die Erlangung dieser „enormen<br />
moralischen Autorität“ ist die erste<br />
Aufgabe von <strong>Revolution</strong>ären im Falle eines<br />
Krieges.<br />
Für Elemente wie Kautsky war es<br />
schlichtweg unmöglich, diese Sorge um die<br />
letzten Gedanken der sterbenden<br />
Proletarier in Uniform nachzuvollziehen.<br />
Dem Zorn des Mobs und der staatliche<br />
Repression die Stirn zu bieten, sobald der<br />
Krieg einmal ausgebrochen war, war für ihn<br />
nichts anderes als eine leere Geste. Der<br />
französische Sozialist Jaurès erklärte einst:<br />
Die <strong>Internationale</strong> verkörperte die ganze<br />
moralische Stärke auf der Welt. Nun auf<br />
einmal wussten viele ihrer einstigen Führer<br />
nicht mehr, dass der Internationalismus<br />
keine leere Geste ist, sondern eine<br />
Überlebensfrage für den Weltsozialismus.<br />
Der Wendepunkt und die Rolle der<br />
<strong>Revolution</strong>äre<br />
Das Versagen der sozialistischen Partei<br />
führte zu einer wahrhaft dramatischen<br />
Situation. Ihr erstes Resultat: es<br />
ermöglichte die schier unendliche<br />
Fortsetzung des Krieges. Die militärische<br />
Strategie der deutschen Bourgeoisie<br />
basierte voll und ganz auf der Vermeidung<br />
eines Zweifrontenkrieges, auf einen<br />
schnellen Sieg über Frankreich, um<br />
daraufhin all ihre Kräfte gegen den Osten<br />
zu werfen und Russland in die Knie zu<br />
zwingen. Ihre Strategie gegen die<br />
Arbeiterklasse hatte dieselbe Grundlage:<br />
sie zu überrumpeln und den Krieg für sich<br />
zu entscheiden, bevor Letztere die<br />
Gelegenheit hatte, ihre Orientierung<br />
wiederzuerlangen.<br />
Ab September 1914 (der ersten Schlacht an<br />
der Marne) war der Plan, Frankreich zu<br />
überrennen, und damit die ganze Strategie<br />
des schnellen Siegs vollständig gescheitert.<br />
Nicht nur die deutsche, auch die<br />
Weltbourgeoisie insgesamt befand sich in<br />
einem Dilemma, dem sie nicht ausweichen<br />
konnte. Dies hatte beispiellose Massaker<br />
an Millionen von Soldaten zur Folge;<br />
Massaker, die selbst vom kapitalistischen<br />
Standpunkt aus irrsinnig waren. Das<br />
Proletariat selbst war gefangen, ohne<br />
jegliche sofortige Perspektive, den Krieg<br />
durch eigene Initiative zu beenden. Die<br />
Gefahr, die sich somit daraus ergab, war<br />
die Zerstörung der bedeutendsten<br />
materiellen und kulturellen<br />
Vorbedingungen für den Sozialismus: das<br />
Proletariat selbst. <strong>Revolution</strong>äre verhalten<br />
sich zu ihrer Klasse wie ein Teil zum<br />
Ganzen. Minderheiten der Klasse können<br />
nie die Selbstaktivität und die Kreativität<br />
der Massen ersetzen. Doch gibt es<br />
Augenblicke in der Geschichte, in denen<br />
die Intervention von <strong>Revolution</strong>ären einen<br />
entscheidenden Einfluss haben kann.<br />
Solche Momente entstehen im<br />
revolutionären Prozess, wenn die Massen<br />
um den Sieg kämpfen. Hier ist es<br />
entscheidend, der Klasse dabei zu helfen,<br />
den richtigen Weg zu finden, die Fallen<br />
ihres Feindes zu umgehen, zu vermeiden,<br />
zu früh oder zu spät zu ihrem „Rendezvous<br />
mit der Geschichte“ zu erscheinen. Doch<br />
solche Momente ereignen sich auch in