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Deutsche Revolution.pdf - Internationale Kommunistische Strömung

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um zu bestimmen, welche von den beiden<br />

großen Klassen der modernen Gesellschaft<br />

dem Krieg ein Ende bereiten wird.<br />

Auf Seiten der herrschenden Klasse<br />

Deutschlands mussten gleich zu Anfang<br />

zwei wichtige Probleme gelöst werden.<br />

Eines von ihnen war die völlige Unfähigkeit<br />

vieler ihrer Repräsentanten, die<br />

Möglichkeit einer Niederlage, die ihnen ins<br />

Gesicht starrte, auch nur in Erwägung zu<br />

ziehen. Das andere war, wie man einen<br />

Frieden erwirken kann, ohne das<br />

eigentliche Zentrum ihres eigenen<br />

Staatsapparates irreparabel zu<br />

diskreditieren. Was die letzte Frage<br />

anbetrifft, so müssen wir uns<br />

vergegenwärtigen, dass in Deutschland die<br />

Bourgeoisie an die Macht getragen wurde<br />

und das Land nicht durch eine <strong>Revolution</strong><br />

von unten, sondern durch das Militär, an<br />

erster Stelle durch die königliche<br />

preußische Armee, vereint wurde. Wie<br />

konnte man die Niederlage eingestehen,<br />

ohne diesen Pfeiler, dieses Symbol der<br />

nationalen Stärke und Einheit in Frage zu<br />

stellen?<br />

15. September: die westlichen Alliierten<br />

durchbrachen die österreichischungarische<br />

Front auf dem Balkan.<br />

27. September: Bulgarien, ein wichtiger<br />

Verbündeter Berlins, kapitulierte.<br />

29. September: der Chef der deutschen<br />

Armee, Erich Ludendorff, informierte das<br />

Oberkommando, dass der Krieg verloren<br />

sei, dass es nur noch eine Frage von Tagen<br />

oder gar Stunden sei, ehe die gesamte<br />

militärische Front zusammenbrach.<br />

Tatsächlich war die Schilderung der<br />

unmittelbaren Frontlage durch Ludendorff<br />

etwas übertrieben. Wir wissen nicht, ob er<br />

selbst in Panik geriet oder ob er bewusst<br />

ein Bild zeichnete, das dunkler war als die<br />

Realität, um die deutsche Führung zu<br />

veranlassen, seine Vorschläge zu<br />

akzeptieren. Jedenfalls wurden seine<br />

Vorschläge angenommen: Kapitulation und<br />

Installierung einer parlamentarischen<br />

Regierung.<br />

Mit dieser Vorgehensweise wollte<br />

Ludendorff einer totalen deutschen<br />

Niederlage zuvorkommen und der<br />

<strong>Revolution</strong> den Wind aus den Segeln<br />

nehmen. Doch er hatte noch ein weiteres<br />

Ziel in den Augen. Er wollte, dass die<br />

Kapitulation von einer zivilen Regierung<br />

erklärt wird, so dass das Militär weiterhin<br />

seine Niederlage in der Öffentlichkeit<br />

leugnen konnte. Er bereitete das Terrain<br />

für die Dolchstoßlegende vor, den Mythos<br />

vom „Messer in den Rücken“, dem zufolge<br />

eine siegreiche deutsche Armee von einem<br />

verräterischen Feind hinter den Linien<br />

bezwungen wurde. Doch dieser Feind, das<br />

Proletariat, konnte natürlich nicht beim<br />

Namen genannt werden. Dies hätte die<br />

wachsende Kluft, die Bourgeoisie und<br />

Proletariat trennte, zementiert. Aus diesem<br />

Grund musste ein Sündenbock gefunden<br />

werden, den man beschuldigen konnte, die<br />

Arbeiter „verführt“ zu haben. Angesichts<br />

der spezifischen Geschichte der westlichen<br />

Zivilisation in den vergangenen<br />

zweitausend Jahren war das geeignetste<br />

Opfer dieser Sündenbocksuche schnell zur<br />

Hand: die Juden. Es war also jener<br />

Antisemitismus, der bereits in den Jahren<br />

vor dem „Großen Krieg“ im Aufstieg<br />

begriffen war, vor allem im Russischen<br />

Reich, und der auf die Hauptbühne der<br />

europäischen Politik zurückgekehrt war.<br />

Der Weg nach Auschwitz beginnt hier.<br />

Oktober 1918: Ludendorff und Hindenburg<br />

forderten ein sofortiges Friedensangebot<br />

an die Entente. (8) Zur gleichen Zeit rief<br />

eine nationale Konferenz der<br />

kompromisslosesten revolutionären<br />

Gruppierungen, der Spartakusbund und die<br />

Bremer Linken, zu einer forcierten<br />

Agitation unter den Soldaten und für die<br />

Bildung von Arbeiterräten auf. Zu dieser<br />

Zeit befanden sich Hunderttausende von<br />

desertierten Soldaten auf der Flucht von<br />

der Front. Und wie der <strong>Revolution</strong>är Paul<br />

Frölich später in seiner Rosa Luxemburg-<br />

Biographie schreiben sollte, gab es ein<br />

neues Verhalten der Massen, das an ihren

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