Andrzej Stasiuk - Polish Book Institute
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Was ist Tuwims Gesicht? Eine Biographie jedenfalls nicht – der<br />
Lebenslauf des Dichters nimmt einen gewissen, wichtigen Teil<br />
des Buches ein, ohne jedoch zu dominieren. Eine Werk-Monographie<br />
ist es auch nicht – denn es löst trotz seines Umfangs<br />
nicht alle von Tuwim aufgeworfenen Fragen, sondern signalisiert<br />
sie und stellt lediglich ein Bruchstück der literarischen Aktivität<br />
des Helden des Bandes dar. Am treffendsten bezeichnet<br />
man diese Veröffentlichung wohl als einen erweiterten Essay,<br />
ein wissenschaftliches Zeugnis der Faszination durch die Lektüre<br />
und zugleich als einen kleinen Führer durch den aktuellen Forschungsstand<br />
in Sachen Tuwim.<br />
Matywiecki verzichtet auf die „traditionelle“, chronologische<br />
Darstellung des Themas – Elemente der Biographie und der Interpretation<br />
sind über das ganze Buch verstreut. Mutige Lösungen<br />
der thematischen Gliederung gestatten dem Autor, Tuwims<br />
Gestalt aus einer bisher ungenutzten Perspektive zu beleuchten<br />
und eine neue Art des Redens über<br />
den Dichter zu erarbeiten. Der essayistische<br />
Schlüssel scheint bei<br />
Matywiecki die Interpretation zu<br />
sein – der Rhythmus der Lektüre bestimmt die Entwicklung der<br />
„Narration“, der Rhythmus der Lektüre der Gedichte, Erinnerungen<br />
und Briefe Tuwims ist hier ein Substitut der „Kenntnis“.<br />
Matywiecki wuchs mit einem regelrechten Tuwim-Kult auf. In<br />
Ermangelung persönlicher Kontakte und angesichts der nicht<br />
ganz gegebenen Möglichkeit, Tuwim durch Erforschung seines<br />
Werkes „kennenzulernen“, greift Matywiecki auf Äußerungen<br />
von Angehörigen des Dichters zurück, die er aus Monographien,<br />
Lebensläufen, Interviews, Rezensionen und Berichten schöpft.<br />
Gleichzeitig versucht Matywiecki, neben der Charakterisierung<br />
des Werkes Tuwims den literarischen Kontext zu präsentieren.<br />
In Tuwims Gesicht löst der Forscher Zusammenhänge auf, die<br />
reich an Bedeutungen sind, beschwört er Themen, auf die bisher<br />
nur wenige in der Dichtung Tuwims hingewiesen haben – die<br />
Frage des Gesichts, des Körpers, des Schicksals, der Identität,<br />
Tuwim aus der Sicht Lechońs, das Problem der Melancholie und<br />
des Vitalismus, das Motiv der Pflanzen, der Zahlen, der Mathematik,<br />
der Marionetten und der Religion, der Welt der Materie.<br />
Matywiecki beruft sich oft auf die Philosophie, oft interpretiert er<br />
Tuwim aus der Sicht verschiedener Weltanschauungen.<br />
Izabela Mikrut<br />
Julian Tuwim (1894-1953), einer der grössten<br />
Dichter Polens des 20. Jahrhunderts.<br />
Piotr Matywiecki<br />
Twarz Tuwima<br />
W.A.B.<br />
Warsaw 2007<br />
142 × 202 • 774 pages<br />
hardcover<br />
ISBN: 978-83-7414-041-6<br />
Translation rights: W.A.B.<br />
Piotr Matywiecki Tuwims Gesicht<br />
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