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Andrzej Stasiuk - Polish Book Institute

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Der neue Roman von Michał Witkowski ist eine weitere „Beichte<br />

eines Kindes des (vergangenen) Jahrhunderts“ in unserer Literatur.<br />

Aber dieses Kind ist wie man vom Autor von Lubiewo<br />

erwarten durfte nicht etwa irgendeines, es ist ein besonderes.<br />

Erzähler des Romans ist Hubert, ein Mann im besten mittleren<br />

Alter, der seine chaotischen Erinnerungen – voll von Rückblenden<br />

und plötzlichen Zeitsprüngen – erzählt. Und zu erinnern hat<br />

er genug! Hubert ist ein kleiner Fisch in der kriminellen Halbwelt<br />

der Bergarbeiterstadt Jaworzno-Szczakowa. Er handelt mit allem<br />

Möglichen, betreibt ein halblegales Kino, in dem er Filme<br />

von Videokassetten abspielt, ist Besitzer eines Leihhauses, geht<br />

der Schuldeneintreiberei und Hehlerei nach.<br />

Aus dem, was ich bisher geschrieben habe, könnte hervorgehen,<br />

daß Witkowski eine Geschichte erzählt, wie es sie in unserer Literatur<br />

bereits viele gegeben hat, von der verrückten Wendezeit,<br />

von dem Ende der VR Polen und den Anfängen der 3. Republik<br />

Polen. Dennoch ist im Grunde die<br />

Figur des Hubert die wichtigste im<br />

Roman. Woher also stammt diese<br />

Barbara Radziwiłłówna im Buchtitel?<br />

Hubert identifiziert sich mit jener<br />

kontroversen früheren Königin<br />

Polens, genau so wird er in seiner kleinen Welt genannt. Der<br />

Erzähler von Witkowskis Roman ist ein Träumer und Phantast,<br />

ein Mensch, der von Widersprüchen hin- und hergerissen wird;<br />

einerseits denkt er nüchtern, ist fest in der Gegenwart verankert,<br />

schaut aber gleichzeitig sehnsüchtig in die Vergangenheit und<br />

versucht, eine Familiengenealogie aufzubauen bzw. zu erfinden,<br />

er spielt sich als rücksichtsloser Mafioso auf, ist dabei jedoch<br />

„weich“, sentimental und zartfühlend, er glaubt ebenso fest an<br />

Gott wie an Weissagungen und Horoskope. Hubert empfindet<br />

sich als anders, was zur Folge hat, dass er unglücklich ist, „gefangen<br />

in seinem Leben wie in einem Gefängnis“. Den Roman<br />

des Autors von Lubiewo muss man vor allem als Geschichte eines<br />

Sonderlings lesen, der verzweifelte Versuche unternimmt,<br />

seine Träume zu verwirklichen, er sucht Liebe (er ist unglücklich<br />

in seinen Angestellten Sascha, einen ukrainischen Muskelprotz,<br />

verliebt), Glück und Akzeptanz.<br />

Robert Ostaszewski<br />

Michał Witkowski (geb. 1975), Prosaschriftsteller,<br />

Feuilletonist, Autor des viel<br />

beachteten, in zahlreiche Sprachen übersetzten<br />

Romans Lubiewo.<br />

Michał Witkowski Barbara Radziwiłłówna aus Jaworzno-Szczakowa<br />

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