GEW-ZEitUNG Rheinland-Pfalz
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Hochschulen<br />
<strong>GEW</strong>: Keine Rotstiftpolitik zu Lasten der Lehrenden an Hochschulen!<br />
„Die <strong>GEW</strong> lehnt die von der Landesregierung geplante Erhöhung<br />
der Lehrverpflichtung der Hochschulbeschäftigten<br />
strikt ab“, sagte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Klaus-Peter<br />
Hammer gegenüber der Presse. Hammer reagierte damit<br />
auf die Ankündigung der Landesregierung, die Lehrverpflichtung<br />
der Lehrenden an den Hochschulen auf neun<br />
Stunden zu erhöhen.<br />
„Mit einer Erhöhung der Deputate für die Hochschulwissenschaftler<br />
kaschiert die Landesregierung die schlechte<br />
Personalversorgung an den rheinland-pfälzischen Universitäten<br />
und konterkariert ihre mehrfach wiederholte<br />
Absicht, an der Bildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> nicht sparen<br />
zu wollen“, sagte Hammer. Der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende kritisierte,<br />
dass eine Erhöhung der Lehrverpflichtung zu Lasten der Forschung<br />
gehe und auf junge Akademikerinnen und Akademiker, die vor der<br />
Entscheidung stünden, in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> an die Hochschulen zu gehen,<br />
abschreckend wirke. „Wer Forschung und Lehre in unserem Land<br />
voranbringen und den Hochschulstandort <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> stärken<br />
will, sollte bessere Zukunftsperspektiven durch die Schaffung von mehr<br />
wissenschaftlichen Stellen an den Hochschulen schaffen, anstatt durch<br />
die Erhöhung von Arbeitszeiten das Personal von einem Engagement in<br />
unserem Land abzuschrecken oder gar dorthin zu vertreiben, wo bessere<br />
Lehr- und Forschungsbedingungen geboten werden“, sagte Hammer.<br />
pm<br />
Förderschulstudierende setzen sich durch<br />
Ein Erfahrungsbericht - notiert von Janette Idler<br />
Für die 21-jährige Lisa Müller (Name geändert) stand von Anfang an<br />
fest, Förderschule sollte es sein. Seit Studienbeginn war sie sich darüber<br />
im Klaren. Eine vorangegangene Ausbildung zur Ergotherapeutin<br />
bestätigte sie in ihren Fähigkeiten. Doch zum Ende des vergangenen<br />
Sommersemesters fiel Lisa aus allen Wolken, der Berufswunsch schien<br />
in weite Ferne gerückt. 133 Studierenden standen 66 Plätze im<br />
Bereich Förderschulpädagogik gegenüber. Erstmalig seit Einführung<br />
des Bachelor-/Master-Systems in Landau griff das Instrument der<br />
Zulassungsbeschränkung. Lisa würde den erforderlichen Schnitt in<br />
den bildungswissenschaftlichen Modulen nicht erreichen (siehe Info:<br />
Studienaufbau). Die Möglichkeit auf ein Wartesemester bestand nicht.<br />
Die Information kam kurzfristig, eine Ummeldung zu einer anderen<br />
Universität war nicht mehr möglich. Berufswunsch Ade.<br />
Was war geschehen? Wurde früher die gewünschte Schulart zu Beginn<br />
des Studiums gewählt, so erfolgt die Wahl seit Einführung des Bachelor-/Master-Systems<br />
in Landau erst im Verlauf des 4. Semesters (siehe<br />
Info: Studienaufbau). Wie viele Studierende sich für eine bestimmte<br />
Schulart entscheiden würden, war für die Universität offensichtlich<br />
schwer vorhersehbar. Komisch: Schließlich erhob die Universität doch<br />
immer wieder, meist zu Anfang des Semesters, eine unverbindliche<br />
Umfrage unter den Studierenden. Was mit den Erhebungen geschehen<br />
ist, bleibt unklar. Von Universitätsseite hörte Lisa, man habe doch mit<br />
der Immatrikulation die Studierenden über die Konsequenzen einer<br />
Zulassungsbeschränkung im Verlauf des Studiums informiert. Für Lisa<br />
bedeutete das, auf eine andere Schulart ausweichen zu müssen. Das<br />
Grundschullehramt, so wurde es ihr aus Universitätskreisen vermittelt,<br />
sei doch eine gute Alternative, ähnele es doch sehr dem Studium der<br />
Förderpädagogik.<br />
Aber das wollte Lisa Müller so nicht akzeptieren! Daher suchte sie sich<br />
Hilfe. Zunächst beim AStA der Uni Landau. Dort kam der Kontakt<br />
mit Elena Leuschner, Sprecherin des Landesstudierendenausschusses der<br />
<strong>GEW</strong> (LASS) und Mitglied der DGB/<strong>GEW</strong> -Hochschulgruppe, zustande.<br />
Elena nahm Lisa kurzerhand zu einem Treffen der Hochschulgruppe<br />
mit, denn mit diesem Problem war Lisa nicht allein: Insgesamt waren<br />
67 junge Menschen betroffen. Und das, obwohl doch in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
ein hoher Bedarf an Förderschullehrkräften besteht. Das an der Uni<br />
angegliederte Institut, das die angehenden Förderschullehrer ausbildet,<br />
sah das anders: Es gebe nur Platz für 66 Studierende. Eine Erhöhung<br />
der Kapazitäten sei nicht möglich, sonst leide die Qualität der Lehre.<br />
Ein gemeinsames Gespräch zwischen Uni, Studierenden und <strong>GEW</strong><br />
sollte Klärung bringen. Eine Protestveranstaltung, die das Gespräch<br />
direkt vor Ort begleitete, wurde von der DGB/<strong>GEW</strong>-Hochschulgruppe<br />
organisiert (<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Ausgabe 10-11/11). Das<br />
Resultat: Eine Erhöhung auf insgesamt 80 Plätze. Ein mageres Ergebnis,<br />
und: Lisa war immer noch nicht dabei, genau wie weitere 53<br />
enttäuschte Studierende.<br />
Von nun an lagen alle Hoffnungen, auch Lisas, auf dem 13. Oktober. An<br />
diesem Termin wurde ein Runder Tisch anberaumt. Der teilnehmende<br />
Personenkreis des Runden Tisches sollte unter anderem Alternativen für<br />
strukturelle Mängel des Bachelor-/Master-Systems erörtern, wie eben<br />
jene Schulartwahl mitten im Studium. Andere Hochschulleitungen<br />
von Universitäten, die ebenfalls im Zuge des Bologna-Prozesses auf<br />
Bachelor und Master umgestellt hatten, haben die besonderen Aspekte<br />
des Lehramtsstudiums berücksichtigt. Sie beließen die Schulartwahl am<br />
Beginn des Studiums. Wissen doch die meisten jungen Menschen, genau<br />
wie Lisa, von Anfang an, welche die Wunschschulart sein soll. Ist dann<br />
die Nachfrage auf eine bestimmte Schulart hoch und kommt ein NC<br />
zustande, so besteht - entgegen der Wahl im Verlauf des Studiums - die<br />
Möglichkeit, Wartesemester einzulegen.<br />
In der Zwischenzeit gerieten sowohl Land wie Universität vermehrt<br />
unter Druck. Mit vielfältigen Aktivitäten blieben die Studierenden<br />
nicht untätig. Sie kontaktierten den Rechtsbeistand der <strong>GEW</strong>, wandten<br />
sich an ihre zuständigen Landtagsabgeordneten und initiierten<br />
Informationszusammenkünfte, um sich auszutauschen. Der von der<br />
Hochschulgruppe in Mainz unterstützte Protest der Studierenden fand<br />
Gehör in Radio, Fernsehen und Zeitungen. Der Nachhall der Medien<br />
führte zu vermehrten Anfragen an das Ministerium und die Universität.<br />
Lösungen wurden eingefordert.<br />
Der 13. Oktober, der Termin des Runden Tisches, sollte die Wende<br />
bringen, auch für Lisa. Ministerium wie Universität eröffneten, dass<br />
mit der Schaffung von vier neuen, auf zwei Jahre befristeten Stellen<br />
am Institut für Sonderpädagogik die Zulassungsbeschränkung zunächst<br />
entfällt. Alle 133 Studierenden konnten zu Beginn des Wintersemesters<br />
2011/12 ihr Bachelorstudium der Förderpädagogik aufnehmen.<br />
Gerechnet hatte Lisa Müller damit nicht. Unter dem Motto „wer nicht<br />
kämpft, hat schon verloren“ hatte sie sich der DGB/<strong>GEW</strong>-Hochschulgruppe<br />
angeschlossen. Dass sich gewerkschaftliche Arbeit also tatsächlich<br />
lohnt, daran hatte sie nicht wirklich geglaubt. Schön, dass es anders ist.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2011<br />
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