GEW-ZEitUNG Rheinland-Pfalz
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Landespolitik<br />
erforderlich, die eine verbesserte Besoldung des Personals<br />
mit akademischen Abschlüssen ermögliche. Anderenfalls<br />
gerate die Erfüllung der den Kommunen übertragenen<br />
Aufgaben immer mehr in Gefahr.<br />
DGB und VERDI betonten in ihren Stellungnahmen<br />
gleichfalls die negativen Auswirkungen dieses Gesetzesvorhabens<br />
auf die Motivation der Bediensteten bei gleichzeitig<br />
ständig zunehmender Belastung. Die „Bezahlung nach<br />
Kassenlage“ ohne personalpolitisches Gesamtkonzept<br />
und ohne Diskussion der Frage, welche Leistungen der<br />
Öffentliche Dienst eigentlich erbringen müsse, gefährde<br />
letztendlich die Qualität der Leistungserbringung in<br />
den staatlichen Kernbereichen. Die Regierung betrachte<br />
die für den Staat arbeitenden Bediensteten nur noch als<br />
Kostenfaktor: „Stellenabbau und Kürzungen sind kein<br />
umfassendes Konzept“, stellte Astrid Clauss für den DGB<br />
fest. Auch sei der nun absehbare Reallohnverlust der Beamten<br />
im Lande schädlich für die Binnennachfrage und<br />
damit ein völlig falsches Signal.<br />
Auch dürfe die Einnahmeseite nicht außer Acht gelassen<br />
werden: Nur ein ordentlich finanzierter Staat sei ein handlungsfähiger<br />
Staat. In ähnlicher Weise hatte bereits der<br />
Sprecher des Richterbundes darauf aufmerksam gemacht,<br />
dass man u.a. aus den Haushaltsplänen des Landes und<br />
Berichten des Landesrechnungshofes ständig entnehmen<br />
könne, dass auch <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> sich immer noch viele<br />
Dinge leiste, die man als „nice to have“ bezeichnen könne,<br />
dass aber darüber die staatlichen Kernaufgaben - er<br />
nannte hier die Rechtsgewährung und den Justizvollzug<br />
- unterfinanziert ins Hintertreffen gerieten.<br />
Von allen Arbeitnehmerorganisationen wurde weiterhin<br />
die Sorge geäußert, dass es neben den für fünf Jahre<br />
festgelegten Regelungen zu weiteren – die Bediensteten<br />
belastenden – Entscheidungen kommen werde.<br />
Ausfallende Einsparung durch eine<br />
andere Sparmaßnahme kompensiert<br />
Seitens der SPD-Fraktion wurde dagegen argumentiert,<br />
dass man aufgrund der geführten Gespräche mit den<br />
Gewerkschaften bereit sei, auf die Absenkung der Beihilfeberechtigungsgrenze<br />
für „hinzuverdienende“ Ehegatten<br />
für diejenigen Beamtinnen und Beamte, die bereits<br />
verheiratet seien bzw. in einer der Ehe gleichgestellten<br />
Partnerschaft lebten, zu verzichten.<br />
Was dabei aber verschwiegen worden ist, verkündete die<br />
SPD in einer Presseerklärung am Nachmittag: Die durch<br />
den Verzicht auf die Belastung der Doppelverdiener-Paare<br />
ausfallende Einsparung wird durch eine andere Sparmaßnahme<br />
kompensiert: Die bisher in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
gewährte Beihilfe im Todesfall soll auf Antrag der SPD-<br />
Fraktion „weitgehend“ gestrichen werden. Damit wird<br />
eine neue Belastung verordnet, die nunmehr ausnahmslos<br />
alle Beamtinnen und Beamten - bzw. ihre Hinterbliebenen<br />
- treffen wird.<br />
Wie Rot-Grün mit den<br />
BeamtInnen umspringt<br />
Das hat schon eine neue Qualität, wie hier die rot-grüne<br />
Regierungskoalition im Land mit ihren BeamtInnen und<br />
den sie vertretenden Gewerkschaften und Verbänden<br />
umspringt: Zuerst wird ein weitreichender Gesetzentwurf,<br />
der erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik die<br />
Beamtengehälter für fünf Jahre im Voraus auf niedrigem<br />
Niveau festschreibt, zu Beginn der Sommerferien mit<br />
kurzer Äußerungsfrist in die Anhörung gegeben, dann<br />
erklärt man sich großzügig bereit einen Komplex, dessen<br />
Umsetzung zu ungerechten Verwerfungen geführt hätte,<br />
zu ändern und ersetzt die „Einsparausfälle“ durch eine<br />
völlig andersgeartete harte Einsparmaßnahme, über die<br />
aber mit den Vertretern der Betroffenen überhaupt nicht<br />
mehr diskutiert wird, weil man sich ja schon im parlamentarischen<br />
Verfahren befindet!<br />
Und noch eine neue Einsparmaßnahme ist der Regierungskoalition<br />
im Zusammenhang mit dem Doppelhaushalt<br />
2012/2013 eingefallen: Die Hochschulen des<br />
Landes sollen - zunächst für 2 Jahre - die Steigerungen für<br />
Gehälter und Vergütungen aus ihrem Etat selbst „erwirtschaften“,<br />
wodurch das Land 7 Millionen (2012) bzw. 13<br />
Millionen (2013) Euro einsparen will. Stellenstreichung<br />
oder die Rekrutierung besonders „billiger“ Professoren<br />
zum Ausgleich von Lohnsteigerungen - ist das das richtige<br />
Signal einer Bildungspolitik, die sich auf steigende<br />
Studierendenzahlen einstellen muss?<br />
Zum Schluss noch ein „Schmankerl“, das die Frage<br />
aufwirft, welche Bedeutung Logik für die Autoren des<br />
„Ersten Dienstrechtsänderungsgesetzes zur Verbesserung<br />
der Haushaltsfinanzierung“ eigentlich hat: Im Artikel<br />
11 des Gesetzentwurfes wird den studentischen und<br />
wissenschaftlichen Hilfskräften an den Hochschulen die<br />
Mitarbeitereigenschaft zugesprochen. Damit erhalten sie<br />
die volle Mitbestimmung, wie die übrigen Beschäftigten.<br />
Begründet wird dies damit, dass die „HIWIS“ Zuarbeit<br />
und unterstützende Tätigkeit leisteten, weisungsabhängig<br />
und nicht „eigenständig“, „wissenschaftlich“ oder „schöpferisch“<br />
arbeiteten. Auf Protest einiger Hochschulen,<br />
die sich angesichts der dadurch anfallenden Arbeiten<br />
überfordert fühlten, weil man ja viele „HIWIS“ beschäftige<br />
(die Rede ist von ca. 4.000 im Land, aber so genau<br />
weiß das niemand), wurde der Gesetzentwurf zwischen<br />
Anhörung und Einbringung in den Landtag noch einmal<br />
auf die Schnelle geändert: Jetzt wird die Mitbestimmung<br />
der „HIWIS“ von einem „Antrag“ abhängig gemacht,<br />
wie es bei wissenschaftlichen Mitarbeitern vorgeschrieben<br />
ist. Die Begründung, dies geschehe „im Hinblick<br />
auf ihre Qualifikation“, ist schon deshalb absurd, weil<br />
sie von der im davorstehenden Absatz widerlegt wird,<br />
der die Notwendigkeit der Mitbestimmung mit der als<br />
„nicht wissenschaftlich“ bewerteten Tätigkeit begründet.<br />
Nirgendwo in Deutschland wurde bislang die Frage der<br />
Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten von der<br />
„Qualifikation“ der/des Betroffenen abhängig gemacht.<br />
Sind wir damit wieder beim Anfang dieses Beitrags angekommen?<br />
„Politisch opportunistisch entschieden?“ - ganz sicher!<br />
„Verfassungsrechtlich abgewogen?“ - aus <strong>GEW</strong>erkschaftlicher<br />
Sicht mitnichten!<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 / 2011<br />
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