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BUSINESS/HERMANNSTADT<br />

© Sebastian Marcovici<br />

seid großzügig,<br />

auch wir wollen<br />

„Hermannstädter,<br />

etwas von eurem<br />

Bürgermei -<br />

ster abhaben“, bloggte ein Bukarester,<br />

kaum dass Klaus Johannis<br />

von der Opposition als<br />

Übergangspremier nominiert<br />

wurde. Wenig später meldeten<br />

die Medien, dass die besorgten<br />

Hermannstädter gegen den Abgang<br />

ihres Stadtvaters am Großen<br />

Ring demonstrieren würden.<br />

Die gesamte Lokalpresse eilt, mit<br />

Kameras und Aufnahmegeräten bewaffnet,<br />

zum „Tatort“. Langsam stellen<br />

sich einige, wenige, Demonstranten<br />

ein. Der Meinungsaustausch beginnt:<br />

„Ich möchte nicht, dass er nach Bukarest<br />

zieht, wir brauchen ihn hier in Hermannstadt“,<br />

sagt ein entrüsteter Rentner.<br />

„Woher einen weiteren Sachsen<br />

nehmen? Ich habe sie schon immer gemocht,<br />

sie sind zuverlässig, tüchtig und<br />

arbeiten gründlich.“ Seine beiden Begleiter<br />

nicken. „Wir haben für ihn gestimmt,<br />

deshalb soll er auch da bleiben.“<br />

Ein lokaler Politikwissenschaftler<br />

sieht das anders: „Man muss das nationale<br />

Interesse über das lokale stellen. Es<br />

ist für alle besser, wenn Rumänien gut<br />

regiert würde – besser jedenfalls, als<br />

dass nur Hermannstadt gut verwaltet<br />

wird. Die Nominierung ist eine klare<br />

Anerkennung, schließlich ist Hermannstadt<br />

zu einem Aushängeschild für Rumänien<br />

geworden. Es mag letzten Endes<br />

Soll er oder soll<br />

er nicht…<br />

Hermannstädter Reaktionen<br />

zum Johannis-Hype<br />

auch unserer Stadt nutzen, eine gewichtige<br />

Vertretung in Bukarest zu haben.“<br />

Die Gemüter erhitzen sich langsam<br />

– knallharte Verhandlungen über Johannis’<br />

Zukunft scheinen nicht nur in<br />

den Bukarester Machtkorridoren, sondern<br />

auch am Großen Ring auf der Tagesordnung<br />

zu stehen. „Von Bukarest<br />

aus könnte er endlich das Problem unserer<br />

Ringstraße lösen“, ereifert sich ein<br />

junger Mann, der sofort von einer älteren<br />

Dame zurecht gewiesen wird:<br />

„Nichts da, hier soll er bleiben und das<br />

tun, wofür wir ihn gewählt haben.“<br />

Dem widerspricht eine junge Frau: „I wo<br />

– ab nach Bukarest mit ihm. Dort soll er<br />

den Politikern beibringen, was Tüchtigkeit<br />

und Pünktlichkeit bedeuten.“<br />

Die anwesenden Hauptstädtler bleiben<br />

eher skeptisch, den Hermannstädter<br />

shooting-star sehen sie daheim am<br />

besten aufgehoben: „Er soll lieber vor<br />

Ort bleiben, in Bukarest fressen ihn die<br />

Politiker mit Haut und Haaren“, unkt<br />

ein Journalist. Sodann scheiden sich die<br />

Geister auch an Johannis’ Abstammung:<br />

„Gibt es einen besseren Premier<br />

als ihn?“, sinniert laut eine junges Ehepaar.<br />

„Er ist schließlich Deutscher.“<br />

Eben dieses Detail scheint einer Rentnerin<br />

nicht so sehr zu schmecken: „Ich bitte<br />

Sie, nennen Sie mir ein Land, in dem<br />

der Vertreter einer Zwergminderheit regiert?<br />

Auf Stadtebene geht das in Ordnung,<br />

doch an der Spitze des Landes hat<br />

gefälligst ein Rumäne zu stehen.“ „Hermannstadt<br />

wirkt ja auch schon fast wie<br />

ein anderes Land“, bemerkt ein nihilistischer<br />

Klausenburger im Vorbeigehen.<br />

„Die rumänischen Politiker sind alle<br />

dermaßen korrupt, dass nicht ’mal der<br />

aufrichtigste Mann eine Chance hätte,<br />

ehrlich zu bleiben. Johannis wäre gut<br />

beraten, daheim zu bleiben.“<br />

Den ganzen Rummel um den Lokalpolitiker<br />

können beileibe nicht alle<br />

Stadtbewohner nachvollziehen: „Echte<br />

Chancen hat er kaum, so bekannt ist er<br />

nun wiederum auch nicht. Man kennt<br />

ihn in Siebenbürgen, aber ansonsten<br />

…Hätten Sie vor einer Woche in Craiova<br />

gefragt, wer Johannis ist, wären die<br />

meisten Einwohner eine Antwort schuldig<br />

geblieben“, will ein junger Geschäftsführer<br />

wissen. Johannis’ Karriere<br />

läßt auch dessen Geschäftspartner kalt:<br />

„Ob er geht oder bleibt ist Wurscht fürs<br />

Geschäft, die Bürokratie bleibt die gleiche.<br />

Die Leute im Bürgermeisteramt<br />

bleiben die gleichen, und der Chef – ob<br />

nun Johannis oder ein anderer – weiss<br />

längst nicht immer, was seine Leute so<br />

alles treiben. Diesbezüglich sind wir<br />

hier in Hermannstadt keineswegs besser<br />

dran als anderswo in Rumänien.“<br />

Es dunkelt längst, die bibbernden<br />

Presseleute beginnen, sich enttäuscht<br />

vom Grossen Ring zu verziehen – aus<br />

der Traum von der Berichterstattung<br />

über ein Massenevent. Zwar mag so<br />

mancher Hermannstädter seinen Stadtvater<br />

behalten wollen, doch dafür bei<br />

frostigen Temperaturen zu demonstrieren,<br />

ist für die meisten offenbar zuviel<br />

des Guten.<br />

Ruxandra St`nescu<br />

debizz 45

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