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POLITIK & GESELLSCHAFT/INTERVIEW<br />

xemburg als Europäische Kulturhauptstadt<br />

für das Jahr 2007 ausgewählt<br />

worden. Dieses Projekt war mir so<br />

wichtig, dass mich alles andere nicht<br />

interessiert hat.<br />

Das klingt so, als hätten Sie jetzt keine<br />

spannenden Aufgaben mehr in Hermannstadt<br />

und könnten deshalb Premier<br />

werden.<br />

Das Projekt einer Europäischen<br />

Kulturhauptstadt ist für einen Bürgermeister<br />

und für eine Stadt einmalig und<br />

schwer zu überbieten.<br />

Rumänien steckt seit Monaten neben<br />

einer wirtschaftlichen auch in einer<br />

politischen Krise. Was hat Ihrer Meinung<br />

nach zu dieser politischen Instabilität<br />

geführt?<br />

Es ist nach den Parlamentswahlen<br />

im Herbst 2008 eine Große Koalition<br />

aus Sozialdemokraten und Liberaldemokraten<br />

entstanden, aus zwei Parteien,<br />

die definitiv nicht zusammenpassen.<br />

Der Bruch der Großen Koalition<br />

Anfang Oktober ist letztlich nur der Beweis<br />

dafür. Als politisch instabil würde<br />

ich Rumänien derzeit nicht bezeichnen.<br />

Alles, was in den vergangenen Monaten<br />

politisch passiert ist, sei es der monatelange<br />

Streit innerhalb der Großen Koa -<br />

lition, dann ihr Bruch und schließlich<br />

der Sturz der Interimsregierung ist legitim<br />

und verfassungskonform. Sicher<br />

steckt Rumänien gerade in einer politischen<br />

Krise. Die kann aber überwunden<br />

werden, zunächst durch die Präsidentenwahl<br />

im November. Vielleicht<br />

folgen, wenn man sich nicht auf eine<br />

neue Regierung einigen kann, Neuwahlen<br />

fürs Parlament, um eine stabile<br />

Mehrheit zu finden. Nachteil ist, dass<br />

die Lösung der politischen Krise zeitraubend<br />

ist, es werden wohl noch Monate<br />

dafür vergehen. Das beflügelt mit<br />

Sicherheit keinen neuen wirtschaftlichen<br />

Aufschwung in Rumänien.<br />

Die rumänischen Medien haben Sie als<br />

idealen Kandidaten beschrieben und<br />

immer wieder darauf verwiesen, dass<br />

Sie nicht nur der erfolgreichste Bürgermeister<br />

des Landes seien, sondern<br />

auch deutsche Tugenden hätten: Sie<br />

seien pünktlich, seriös, beständig. Was<br />

halten Sie von dieser Beschreibung?<br />

Ich fühle mich natürlich geschmeichelt.<br />

Doch ich hüte mich davor, das<br />

Klischee vom guten Deutschen selbst zu<br />

verwenden. Solche ethnischen Zuweisungen<br />

helfen uns in der Politik nicht<br />

weiter.<br />

© Angelo Brezoianu/Agerpres<br />

Wenn die Medien die so genannten<br />

deutschen Tugenden so hervorheben,<br />

scheint es, als ob sie der rumänischen<br />

Klasse fehlen würden. Stimmt das?<br />

Nein, das denke ich nicht. Das ist<br />

vielmehr der verzweifelten Suche nach<br />

guten Politikern, guten Managern, gutem<br />

Personal geschuldet, die es übrigens<br />

weltweit gibt. Jeder wünscht sich Menschen<br />

in Schlüsselpositionen, die pünktlich<br />

sind, seriös und gut ausgebildet. Da<br />

bildet die Politik keine Ausnahme.<br />

Der Machtpoker um die neue Regierung<br />

lässt Sie in der Diskussion auch<br />

als eine Art Retter in Krisenzeiten erscheinen.<br />

Was halten Sie davon?<br />

Rumänien kann auch ohne mich regiert<br />

werden. Alles andere wäre eine absurde<br />

Annahme.<br />

Die Antikorruptionsbehörde hat laut<br />

rumänischen Medien gegen Sie in<br />

den vergangenen Wochen wegen<br />

möglicher Unregelmäßigkeiten bei<br />

Rückgaben von Grundstücken in<br />

Hermannstadt ermittelt. Nun sollen<br />

strafrechtliche Ermittlungen gegen<br />

Sie laufen. Bringen diese Ermittlungen<br />

Ihr Image als akkurater Politiker<br />

ins Wanken?<br />

Das stimmt so nicht. Die Antikorruptionsbehörde<br />

hat die Unregelmäßigkeiten<br />

nicht bestätigen können, strafrechtliche<br />

Ermittlungen laufen keine.<br />

Das vergessen die Journalisten dann<br />

gerne zu schreiben.<br />

Sie haben mit dem Amt als Regierungschef<br />

geliebäugelt und bleiben<br />

nun weiterhin Bürgermeister von Hermannstadt,<br />

eine Stadt, die Sie erfolgreich<br />

in den vergangenen Jahren aufgebaut<br />

haben. Genügt Ihnen denn<br />

dieses Amt jetzt noch?<br />

Natürlich. Ich bin schließlich stolz,<br />

Bürgermeister von Hermannstadt zu<br />

sein. Das Amt des Premiers wäre für<br />

mich nicht wertvoller als der Bürgermeisterposten.<br />

Es gibt nur einen entscheidenden<br />

Unterschied: Der Bürgermeister<br />

wird von den Wählern direkt<br />

gewählt, der Regierungschef wird hingegen<br />

von politischen Parteien eingesetzt.<br />

Wie haben denn die Hermannstädter<br />

auf Sie in den vergangenen Tagen<br />

reagiert?<br />

Die Leute haben mich angesprochen,<br />

mir e-mails und SMS geschrieben,<br />

und mich teils darin bestärkt, Premier<br />

zu werden, teils erklärt, ich solle den<br />

Bürgermeisterposten nicht aufgeben.<br />

Dass so viele Hermannstädter Anteil an<br />

dieser Entscheidung nehmen, hat mich<br />

beeindruckt.<br />

Ist das auch ein Trostpflaster für Sie,<br />

dass Sie den Posten des Regierungschefs<br />

in der ersten Runde nicht bekommen<br />

haben?<br />

Also, ein Trostpflaster brauche ich<br />

zu dieser Stunde noch keines.<br />

Annett Müller<br />

debizz 53

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