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POLITIK & GESELLSCHAFT/REKONSTRUKTION<br />

© Privat<br />

Regisseur Milo Rau (rechts) nach ihrem Interview mit General Victor St`nculescu<br />

(Mitte) Anfang des Jahres, damals noch im Hochsicherheitstrakt Jilava<br />

The Last Hour of Elena<br />

and Nicolae Ceau[escu<br />

Ein Schweizer und ein<br />

deutscher Theatermacher<br />

wollen im Dezember<br />

den Prozess<br />

gegen die Ceau[escus<br />

auf die Bukarester Theaterbühne<br />

bringen. Es geht dabei vor allem<br />

um Verrat, ganz im shakes -<br />

peareschen Sinne.<br />

Im westeuropäischen Fernsehprogramm<br />

werden am 26. Dezember 1989<br />

die Bilder des Ceau[escu-Prozesses ausgestrahlt.<br />

Nicolae singt die Internationale,<br />

Elena rügt die Soldaten, dann werden<br />

die beiden abgeführt. Cut. Die Exekution<br />

wird ausgespart, auf dem Bildschirm<br />

sind die beiden Leichen zu sehen. Der<br />

Schweizer Milo Rau, damals zwölfjährig,<br />

verfolgt den Ceau[escu-Prozess im<br />

Fernsehen, ist gebannt vom Real-Krimi.<br />

20 Jahre danach will Rau, jetzt 32-jährig<br />

und Theaterautor, den Prozess auf der<br />

Bühne nachinszenieren – zusammen mit<br />

dem Berliner Dramaturgen Jens Dietrich.<br />

Doch nicht nur das. Im geplanten<br />

Theaterstück „The Last Hour of Elena<br />

and Nicolae Cea u[escu“ wird es zudem<br />

um die Ereignisse der 89er-Revolution<br />

und um die rumänische Gegenwart gehen.<br />

Dass der Schweizer Theaterautor<br />

und der Berliner Dramaturg sich für die<br />

rumänische Wende entschieden haben,<br />

„liegt an ihrer hohen Erzähldichte und<br />

dass sie voller theatraler Momente ist“,<br />

meint Milo Rau.<br />

Zu den geplanten Hauptfiguren im<br />

Theaterstück zählt der umstrittene General<br />

Victor St`nculescu: Erst organisierte<br />

er den Flucht-Helikopter für das<br />

Diktatoren-Ehepaar, wenig später den<br />

Prozess gegen die beiden. „Ein Verräter<br />

im shakespeareschen Sinne“, nennt ihn<br />

Dramaturg Jens Dietrich. Die beiden<br />

Theatermacher haben den General im<br />

Winter dieses Jahres noch im Hochsicherheitsgefängnis<br />

Jilava besucht.<br />

Char mant sei er gewesen „und mit einer<br />

Menge Akten“ zum Gespräch gekommen,<br />

goldene Bowlingschuhe tragend.<br />

„Wollen Sie die Wahrheit wissen?“,<br />

fragt St`nculescu im Gespräch,<br />

dann bricht er inmitten seiner Erklärung<br />

ab und sagt, er werde lieber ein<br />

Buch darüber schreiben. Den Anspruch,<br />

alleinig „die Wahrheit über die<br />

Revolution zu kennen“, hätten viele ihrer<br />

Interviewpartner gehabt, sagen Rau<br />

und Dietrich. Sie haben rund 50 Gespräche<br />

geführt: mit früheren Militärs,<br />

Ex-Securitate-Mitarbeitern, Journalisten,<br />

Künstlern sowie Wissenschaftlern.<br />

Die meisten hätten sich als Dissidenten<br />

bezeichnet. Die Widersprüchlichkeit<br />

der recherchierten Aussagen hat die<br />

beiden bestärkt, „mit unseren Stück<br />

nicht neue Fakten erzählen zu wollen,<br />

sondern den Rollentausch auf die Bühne<br />

zu bringen, wie aus treuen Dienern<br />

in Windeseile Verräter werden“, meint<br />

Jens Dietrich. Der Anspruch der beiden<br />

Theatermacher dabei: „Wir wollen die<br />

Gespenster der Vergangenheit wecken,<br />

um eine öffentliche Diskussion über die<br />

Revolutionstage anzuschieben.“<br />

Das Stück wurde am 3. November in<br />

ersten Auszügen im Bukarester Theater<br />

Act gezeigt und soll am 10. und 11. Dezember<br />

vollständig im Bukarester Odeon-Theater<br />

aufgeführt werden. Anschließend<br />

wird es auf deutschen und<br />

Schweizer Bühnen gezeigt. Auch ist eine<br />

TV-Fassung geplant. Sie am 25. Dezember,<br />

dem Hinrichtungstag der Ceau[escus<br />

zu zeigen, hat das deutsche öffentlich-rechtliche<br />

Fernsehen bereits abgelehnt.<br />

Zum Weihnachtsfest sei die Geschichte<br />

„zu morbid“, hieß es zur Begründung.<br />

Annett Müller<br />

debizz 55

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