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Kommentiertes Prüfschema

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Ist dem Notstand ähnlich. Es geht nicht darum, ein individuelles Rechtsgut zu wahren, sondern darum, die<br />

Ausübung allgemeiner Freiheitsrechte zu sichern. Meist wird dieser Rechtfertigungsgrund hinzugezogen, um<br />

publizistische, künstlerische oder wissenschaftliche Freiräume zu eröffnen bzw. zu erhalten. Es muss<br />

regelmässig eine Abwägung zwischen der Schwere der Rechtsverletzung und dem entsprechenden<br />

Grundrecht vorgenommen werden. Dabei muss das Mittel zur Erreichung des Ziels notwendig und<br />

angemessen sein, und es darf nicht ein anderer, weniger schwer wiegender Weg zur Wahrung der betroffenen<br />

Interessen offen stehen. Im Übrigen können grundsätzlich nur geringfügige Gesetzesverstösse gerechtfertigt<br />

werden. Einzelheiten sind aber unklar.<br />

Bsp.: Ehrverletzung durch eine Karikatur; Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit durch Literatur;<br />

Amtsgeheimnisverletzung um Korruptionsskandal aufzudecken. Vgl. die Art. 135 und 197 StGB, wo die Idee<br />

der Wahrnehmung berechtigter Interessen explizit aufgenommen wurde.<br />

2.2 Pflichtenkollision<br />

Der Rechtfertigungsgrund der Pflichtenkollision ist auf den Fall zugeschnitten, in dem zwei Rechtspflichten<br />

zusammentreffen und der Betroffene nur eine erfüllen kann, wodurch er gleichzeitig die andere verletzt.<br />

Klassisches Beispiel ist hier der Arzt, der an den Unfallort kommt und nicht gleichzeitig alle Verletzten<br />

versorgen kann. Die zwei Rechtspflichten können beide Handlungspflichten, aber auch eine Handlungs- und<br />

eine entgegenstehende Unterlassungspflicht sein.<br />

Ein Problem entsteht vor allem dann, wenn zwei gleichrangige Pflichten vorliegen (sonst muss der höheren den<br />

Vorrang gegeben werden).<br />

Hier handelt es rechtmässig, wer eine der beiden Pflichten erfüllt.<br />

3. Schuld: Allfälliger Schuldausschlussgrund<br />

Früher verstand man die Schuld ausschliesslich subjektiv: „Schuld besteht in der psychologischen Beziehung des Täters zur<br />

Tat in ihrer objektiven Bedeutung, im seelischen Spiegelbild von der Wirklichkeit.“<br />

Die tatbestandsmässige nd rechtswidrige Handlung ist danach schuldhaft, weil der Täter den Tatbestand vorsätzlich oder<br />

fahrlässig verwirklicht. Mit diesem Schuldbegriff kann verschiedenes nicht erklärt werden:<br />

- Zunächst ist dieser Begriff nicht in der Lage, die Schuldausschilessungsgründe im System zu platzieren. Wer z.B. zu<br />

einer strafbaren Handlung gezwungen wird, hat durchaus eine psychische Beziehung zur Tat; er will die<br />

tatbestandsmässige Handlung ausführen, um aus der eigenen Zwangssituation herauszukommen. Trotzdem muss<br />

nach einhelliger Meinung in einem solche Fall die Schuld entfallen.<br />

- Umgekehrt kann mit dem psychologischen Schuldbegriff nicht erklärt werden, wie die unbewusst fahrlässige<br />

Handlung schuldhaft sein soll, da hier eine psychische Beziehung zwischen Täter und Tat gerade fehlt.<br />

Normativer Schuldbegriff:<br />

NB: Schuld heisst persönliche Vorwerfbarkeit der Tat. Der Täter muss für sein tatbestandsmässiges und rechtswidriges<br />

Verhalten verantwortlich gemacht werden können. Dies ist nur möglich, wenn von ihm rechtsmässiges Verhalten hätte verlangt<br />

werden dürfen. Oder: „Mit dem Unwerturteil der Schuld wird dem Täter vorgeworfen, dass er sich nicht rechtmässig verhalten<br />

hat, dass er sich fr das Unrecht entschieden hat, obwohl er sich rechtmässig verhalten, sich für das Recht hätte entscheiden<br />

können.“<br />

Beachte: Das Schuldprinzip verlangt für die Strafbarkeit eines Täters zwingend das Vorliegen der Schuld (nulla poena sine<br />

culpa) Allerdings können trotz fehlender Schuld Massnahmen ausgesprochen werden (Art. 19 Abs. 3 StGB.<br />

Im Regelfall kann dem Täter seine Tat vorgeworfen werden, d.h. die Schuld muss nicht positiv begründet werden. Sie ist<br />

gegeben, wenn keine so genannten Schuldausschlussgründe vorliegen, welche eine der Schuldvoraussetzungen<br />

entfallen lassen. Auf der Stufe Schuld wird also lediglich das allfällige Vorliegen von Schuldausschlussgründen<br />

geprüft.<br />

Die Verantwortlichkeit des Täters für sein Verhalten setzt voraus, dass er die Möglichkeit einer normgemässen Entscheidung<br />

hat. Erforderlich sind also:<br />

3.1 Schuldfähigkeit<br />

Der Täter muss im Zeitpunkt der Tat (aufgrund persönlicher Eigenschaften) überhaupt fähig sein, das Unrecht seiner<br />

Tat einzusehen und sich gemäss dieser Einsicht zu verhalten.<br />

Einsichtsfähigkeit : Wenn der Täter im Tatzeitpunkt die Fähigkeit besass, das Unrecht seiner Tat einzusehen….<br />

Bestimmungsfähigkeit: … und sich entsprechend dieser Einsicht zu verhalten.<br />

(vgl. Art. 19 Abs. 1 StGB e contrario)<br />

Die Schuldfähigkeit ist relativ, d.h. sie wird immer auf das konkrete Verhalten bezogen; zudem ist einzig die<br />

Fähigkeit zur Zeit der Tathandlung massgebend. Die Schuldfähigkeit kann aus folgenden Gründen ausgeschlossen<br />

sein:<br />

3.1.1 Schuldunfähigkeit infolge jugendlichen Alters<br />

Gleichzeitig mit dem Allgemeinen Teil des StGB wurde auch das Jugendstrafrecht revidiert: Die Materie befindet sich<br />

künftig in einem separaten Erlass.<br />

Für Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren gelten also besondere Regelungen (sog. Sonderstrafrecht). Gegen<br />

Kinder unter 10 Jahren sind keine strafrechtlichen Sanktionen möglich (allenfalls zivilrechtliche nach ZGB).<br />

Für das Verhängen von Sanktionen gegen Jugendliche steht insbesondere der Erziehungsge3danke (und nicht das<br />

Verschulden) im Vordergrund. Nur ausnahmswe4ise und bei besonders schweren Straftaten ist Freiheitsentzug von<br />

bis zu 4 Jahren vorgesehen.<br />

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