Kommentiertes Prüfschema
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Worten dürfte ein Fahrlässigkeitsdelikt eher als ein Vorsatzdelikt zu rechtfertigen sein, weil das Rechtsgut in der<br />
Regel weniger gefährdet ist.<br />
2.2 Verzicht auf den Handlungswert beim fahrlässigen Erfolgsdelikt<br />
Die folgenlose Verwirklichung des Handlungsunwertes bleibt grundsätzlich straflos.<br />
Bsp.: Bergführer Fritz hat Glück: Wie gehofft reissen die defekten Seile nicht und kein Japaner kommt zu<br />
Schaden.<br />
Aber: Unter gewissen Umständen vermag bereits allein das Ausserachtlassen der gebotenen Sorgfalt, ohne<br />
dass ein Erfolg einzutreten braucht, die Strafbarkeit zu begründen. Nämlichdann, wenn das Verhalten wegen<br />
seiner typischen Gefährlichkeit generell verboten ist. Dies gilt insbesondere im Bereich der<br />
Verkehrsvorschriften.<br />
3. Schuld<br />
Wird wie hier bereits auf Tatbestandsstufe ein individueller Massstab angelegt, bleibt nur noch der allgemeine<br />
Schuldvorwurf zu prüfen.<br />
4. Sonstige Voraussetzungen<br />
5. Versuch beim Fahrlässigkeitsdelikt<br />
Merke: Die Strafbarkeit eines Fahrlässigkeitsdeliktes setzt stets dessen Vollendung voraus. Somit gibt es keinen<br />
strafbaren Versuch des Fahrlässigkeitsdeliktes.<br />
6. Fahrlässige Mitwirkung am Vorsatzdelikt<br />
Wann fahrlässiges Mitwirken an einem Vorsatzdelikt strafbar sein soll, ist noch nicht genügend geklärt. Wo aber schon<br />
bei der (vorsätzlichen) Gehilfenschaft die äusserlich völlig unverfänglichen Alltagshandlungen als strafbare Mitwirkung<br />
ausscheiden, muss dies umso mehr für fahrlässiges Erleichtern oder Fördern einer Tat gelten.<br />
Der deutsche Strafrechtler Roxin sieht eine Lösung in der Anwendung des Vertrauensgrundsatzes, respektive in der<br />
Absteckung der Grenzen desselben und damit des erlaubten Risikos. Müsste man davon absehen, anderen<br />
Gelegenheit zu vorsätzlichen Straftaten zu bieten, so wäre ein modernes Sozialleben gar nicht möglich. Insoweit handle<br />
es sich um einen Fall des erlaubten Risikos. Der Vertrauensgrundsatz müsse auch insoweit gelten, als man im Regelfall<br />
darauf vertrauen dürfe, dass andere keine vorsätzlichen Straftaten begingen. Er dürfe aber dort nicht mehr gelten, wo ein<br />
Verhalten die erkennbare Tateneigenheit eines potentiellen Vorsatztäters fördere.<br />
Sind die so umschriebenen Grenzen der Vertrauensgrundsatzes erreicht, erfüllt die fahrlässige Mitwirkung am<br />
Vorsatzdelikt nach Roxin den Fahrlässigkeitstatbestand.<br />
Bsp.: Messerfachgeschäft „Die Klinge“<br />
Ein Passant betritt das Geschäft und lässt sich ganz besonders scharfe Messer zeigen. Letztlich entscheidet er sich für<br />
den Kauf eines gefährlichen Butterfly-Messers. Ein spezielles Motiv nennt er nicht.<br />
1. Der Kunde ist nicht ein beliebiger Passant, sondern Axel, ein langjähriger Freund des Geschäftsinhabers Karl<br />
Klinge. Seit Wochen erzählt Axel Klinge von den heimischen Eheproblemen. Heute entscheidet er sich zum Kauf<br />
eines besonders scharfen Messers. Noch vor dem Bezahlen meint er entschieden, die Alte habe es nicht anders<br />
verdient.<br />
2. Von seinen Ehestreitigkeiten hat Axel seinem Freund Klinge nie etwas erzählt. Beim Kauf des Messers meint er<br />
nur, er müsse ein wenig für Gerechtigkeit sorgen.<br />
7. Täterschaft und Teilnahme beim Fahrlässigkeitsdelikt<br />
Das Unterscheidungskriterium der Tatherrschaft steht beim Fahrlässigkeitsdelikt nicht zur Verfügung, weshalb sich die<br />
verschiedenen Beteiligungsformen nicht unterscheiden lassen. Täter ist vielmehr, wer auch immer durch sorgfaltswidriges<br />
Verhalten zur Tatbestandserfüllung beigetragen hat, auch wenn neben ihm andere mitgewirkt haben sollten.<br />
Achtung: Da beim Fahrlässigkeitsdelikt nicht zwischen Täterschaft und Teilnahme i.e.S. unterschieden werden kann,<br />
spielt auch die Akzessorietät der Teilnahme keine Rolle. Mit anderen Worten ist es irrelevant, ob derjenige, der der Tat<br />
näher ist, tatbestandsmässig gehandelt hat oder nicht. Wer immer zu diesem Verhalten sorgfaltswidrig beigesteuert hat,<br />
macht sich selber als Täter strafbar.<br />
Bsp.: Nachdem die Sprechstundenhilfe Agnes, zurzeit frisch verliebt und mit ihren Gedanken nicht immer bei der Arbeit,<br />
aus Versehen eine Blutprobe verwechselt hat, diagnostiziert der behandelnde Arzt beim Patienten Pelz eine<br />
heimtückische Virusinfektion und schreibt ihn für zwei Wochen krank. In Tat und Wahrheit ist Pelz nur leicht verschnupft<br />
und könnte ohne weiteres zur Arbeit gehen. Wie ist die Strafbarkeit von Agnes im Hinblick auf Art. 318 StGB (falsches<br />
ärztliches Zeugnis) zu beurteilen?<br />
Vgl. S. 39-46 Skript.<br />
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