Kommentiertes Prüfschema
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Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt und seine<br />
Tatentschlossenheit manifestiert hat. Die objektiven Tatbestandsmerkmale müssen dagegen nicht<br />
oder nicht alle erfüllt sein. Voraussetzungen für Versuch (kumulativ):<br />
a) Subjektive Seite<br />
Tatentschluss: Vorsatz bzw. Eventualvorsatz bezüglich eines tabestandsmässigen Sachverhalts<br />
à sonst Wahndelikt prüfen! und allfällige besondere subjektive Tatbestandsmerkmale<br />
müssen vorliegen. Ein blosser bedingter Handlungswille genügt dagegen nicht. Es gibt in<br />
diesem Punkt keine Unterschiede zwischen Tatentschluss, Vorbereitungshandlung und<br />
Versuch.<br />
b) Objektive Seite<br />
Beginn der Ausführung der Tat.<br />
Damit ein strafbarer Versuch vorliegt, muss der Täter seinen Tatentschluss in eine Handlung<br />
umgesetzt haben, die über die blosse Vorbereitungshandlung hinausgeht: Er muss „mit der<br />
Ausführung der Tat begonnen haben“ (Art. 22 Abs. 1 StGB). Wann dies allerdings der Fall ist, ist<br />
seit jeher umstritten. Folgende Lösungsansätze werden diskutiert:<br />
Formell-objektive Theorie:<br />
Die Ausführung hat dann begonnen, wenn der Täter einen Teil der im gesetzlichen Tatbestand<br />
umschriebenen Handlung verwirklicht hat.<br />
Diese Möglichkeit scheint auf de ersten Blick plausibel. Auf den zweiten Blick stellen sich aber<br />
unlösbare Probleme. Wann hat beispielsweise die Tötung eines Menschen „begonnen“? Beim<br />
Zielen auf das Tatobjekt? Beim Abdrücken? Oder etwa erst wenn das Projektil das Opfer<br />
getroffen hat?<br />
Materiell-objektive Theorie<br />
Unmittelbare Gefährdung des Rechtsgutes.<br />
Auch das klingt plausibel, allerdings stellen sich her ebenfalls Probleme, sobald man zu<br />
definieren versucht, wann das Rechtsgut unmittelbar gefährdet ist. Ist das Rechtsgut nicht schon<br />
gefährdet, wenn der Tatentschluss gefasst wird? Bei den so genannten Gefährdungsdelikten<br />
wäre zudem der Versuch zugleich die Vollendung, was nicht befriedigen kann.<br />
Subjektive/objektive Betrachtungsweise (sog. Schwellentheorie)<br />
Danach ist die Schwelle zum Versuch übertreten, wenn der Täter nach seinem konkreten<br />
Tatplan zur Tat schreitet. Nach der Formel des Bundesgerichtes heisst dies:<br />
„Zur Ausführung der Tat zählt jede Tätigkeit, die nach dem Plan, den sich der Täter gemacht<br />
hat, auf dem Weg zur Tatbestandsverwirklichung den letzten entscheidenden Schritt darstellt,<br />
von dem es in der Regel kein Zurück mehr gibt, es sei denn wegen äusserer Umstände, die eine<br />
Weiterverfolgung der Absicht erschweren.<br />
Es handelt sich hier streng genommen also nicht um eine rein subjektive Betrachtungsweise,<br />
sondern der subjektive Ansatz wird relativiert durch eine objektive richterliche Beurteilung: Ab<br />
wann „es in der Regel kein Zurück mehr gibt“ muss der Richter aufgrund der Tatumstände des<br />
Einzelfalls wertend feststellen.<br />
Als Kriterium dient die zeitlich und örtliche Tatnähe.<br />
Klar ist, dass ein Versuch immer dann vorliegt, wenn der Täter alles getan hat, was er nach seinem<br />
Tatplan tun musste, um den ersehnten Erfolg zu erreichen, der Erfolg aber aufgrund äusserer<br />
Umstände nicht eingetreten ist (beendeter Versuch).<br />
Beispiele:<br />
• Versuch liegt vor, wenn ein Dieb mit dem Brecheisen die Türe des Einbruchobjekts zu öffnen<br />
versucht.<br />
• Wenn der Brandstifter am Tatort Zeitungen anzündet.<br />
• Wenn der Täter auf das Opfer schiesst, dieses sich aber in letzter Sekunde durch eine schnelle<br />
Bewegung aus der Schusslinie bringt etc.<br />
• Nicht genügen würde dagegen der blosse Kauf einer Waffe oder das Auskundschaften eines<br />
Einbruchsobjektes.<br />
3.3.4 Abgrenzung zum Vollendeten Delikt<br />
Vollendet ist das Delikt, wenn alle objektiven Tatbestandsmerkmale vorsätzlich verwirklicht sind.<br />
3.3.5 Rechtsfolge<br />
Nach Art. 22 Abs. 1 StGB kann das Gericht die Strafe bei Versuch mildern. Es spielt für die<br />
Festsetzung des Strafrahmens keine Rolle, ob der Täter die von im geplante Handlung nur zum Tei<br />
oder ganz ausgeführt hat, solange nur der Erfolg ausbleibt.<br />
Straflos bleibt der Versuch gemäss Art. 22 Abs. 2 StGB, wenn der Täter „aus grobem Unverstand<br />
verkennt, dass die Tat nach Art des Gegenstandes oder des Mittels überhaupt nicht zur Vollendung<br />
gelangen kann.<br />
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