Kommentiertes Prüfschema
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C) Irrtümer<br />
1. Irrtum<br />
Ein Irrtum lieg vor, wenn die Vorstellung über tatsächliche oder rechtliche Aspekte der Tat mit der Wirklichkeit nicht<br />
übereinstimmt. Er beruht auf einer falschen oder einer fehlenden Vorstellung. Beide Fälle werden rechtlich gleich<br />
behandelt.<br />
Irrtümer können auf verschiedenen Ebenen des Verbrechensaufbaus (TB, RW, S) auftreten:<br />
1.1 Tatbestand<br />
a. Tatbestandsirrtum (=Sachverhaltsirrtum) à „zu Gunsten des Täters“<br />
Obj. TB:<br />
Der Täter erfüllt alle objektiven Tatbestandsmerkmale<br />
Subj. TB:<br />
Der Täter irrt über das Vorliegen eines objektiven Tatbestandsmerkmals tatsächlicher<br />
(deskriptiver) oder rechtlicher (normativer) Art und handelt deshalb nicht mit Wissen und<br />
Willen bezüglich des ganzen objektiven Tatbestandes (Vorsatzmangel).<br />
RF:<br />
Hier geht es um Irrtümer über Tatbestandsmerkmale, die den Täter entlasten!<br />
Bsp:T will auf dem Feld sein neues Gewehr ausprobieren und schiesst auf O, den er für<br />
eine Vogelscheuche gehalten hat. O stirbt an der Schussverletzung. T Macht sich damit<br />
nach Art. 13 StGB der (versuchten) Sachbeschädigung i.S.v. Art. 144 Abs. 1 StGB (weil<br />
nach der Vorstellung des Täters, Art. 13 Abs. 1 StGB) und (bei Verletzung einer<br />
Sorgfaltspflicht) der fahrlässigen Tötung nach Art. 117 StGB strafbar (Art. 13 Abs. 2 StGB)<br />
Die Tat wird nach Art. 13 Abs. 1 StGB zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt<br />
beurteilt, den er sich vorg3estellt hat. Zudem wird geprüft, ob der Täter den Irrtum bei<br />
pflichtgemässer Vorsicht hätte vermeiden können. Ist dies der Fall und bedroht der<br />
tatsächlich erfüllte objektive TB auch die fahrlässige Verübung mit Strafe, ist der Täter auch<br />
aufgrund dieses fahrlässigen TB strafbar (Art. 13 Abs. 2 StGB)<br />
b. Umgekehrte Tatbestandsirrtum (=Sachverhaltsirrtum) à „zu Ungunsten des Täters“<br />
Ist der Täter von unrechtsbegründenden oder unrechtserhöhenden Tatbestandsmerkmalen ausgegangen,<br />
belastet ihn also sein Irrtum, liegt (untauglicher) Versuch der gewollten und (bei fahrässigem Handeln und<br />
dessen Strafbarkeit) fahrlässige begehung der tatsächlichen Tat vor.<br />
Bsp.:T will auf dem Feld sein neues Gewehr ausprobieren und schiesst auf O, dessen Tod er in Kauf nimmt. Es<br />
stellt sich heraus, dass O nicht wie erwartet ein Spaziergänger, sondern eine Vogelscheuche ist. T macht sich<br />
der versuchten (eventual)vorsätzlichen Tötung i.S.v. Art. 111 StGB i.V.m. Art. 22 Abs 1 StGB strafbar (den<br />
Tatbestand der fahrlässigen Sachbeschädigung gibt es jedoch nicht, weshalb er danach nicht bestraft wird).<br />
c. Irrtum über den Kausalverlauf<br />
Obj. TB:<br />
Der Täter erfüllt alle objektiven Tatbestandsmerkmale<br />
Subj. TB:<br />
Der Täter handelt mit Wissen und Willen, der tatsächliche Kausalverlauf zwischen Handlung<br />
und Erfolgt weicht aber vom vorgestellten Verlauf ab.<br />
RF:<br />
d. Aberratio ictus<br />
Bsp.: T, der Glaubt, O mit einem Beilhammer umgebracht zu haben, tötet diesen erst durch<br />
das Abtrennen des Kopfes.<br />
Bsp. für den umgekehrten Fall: A will O mit einem Schlag auf den Kopf betäuben und dann<br />
ins Wasser werfen, so dass O ertrinkt. O stirbt aber schon durch den Schlag aufgrund der<br />
Schädelfraktur. Hier nimmt die h.L. ein vollendetes Delikt an; der Irrtum ist unbeachtlich.<br />
Nach h.L. ist ei solcher Irrtum unwesentlich, solange der Kausalzusammenhang objektiv<br />
noch als adäquat angesehen werden kann bzw. noch im Schutzbereich der Norm liegt.<br />
Obj. TB:<br />
Subj. TB:<br />
Der Täter erfüllt den objektiven Tatbestand. Es tritt aber nicht der angestrebte, sondern<br />
zufälligerweise ein anderer, gleichartiger Erfolg ein.<br />
Der Täter weiss um die objektiven Tatbestandsmerkmale der angestrebten Tat und will<br />
diese verwirklichen.<br />
Bsp.: T wirft an einer Demo einen Stein in Richtung des Gegendemonstranten O. Er will<br />
diesen am Kopf verletzten. T trifft aber den Passante P, der eine Gehirnerschütterung<br />
erleidet.<br />
T hat sich der versuchten einfachen Körperverletzung i.S.v. Art. 123 Ziff 1 StGB i.V.m Art.<br />
22 Abs. 1 StGB zum Nachteil des O und der fahrlässigen Körperverletzung i.S.v. Art. 125<br />
Abs. 1 StGB zum Nachteil des P oder evtl. der eventualvorsätzlichen einfachen<br />
Körperverletzung i.S.v. Art. 123 Ziff. 1 StGB zum Nachteil des P strafbar gemacht.<br />
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