Kommentiertes Prüfschema
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Somit liegt im 1. Fall versuchte (vorsätzliche) Tötung vor und im zweiten eventuell (sofern Voraussetzungen erfüllt)<br />
fahrlässige oder eventualvorsätzliche Tötung vor.<br />
d) Error in persona vel objecto (Irrtum in der Person oder in der Sache):<br />
Der Ablauf geschieht genau so , wie ihn sich die Täterin vorgestellt hat. Nur hat sich der Täter in der Person oder<br />
Sache geirrt.<br />
Bsp.: Angela traut sich nicht selber auf Paul zu schiessen. Deshalb engagiert sie Kuno, einen Klassenkameraden,<br />
der in der Unterwelt verkehrt. Sie beschreibt ihm Paul, kann ihm aber keine herausragenden Merkmale nennen, da<br />
Paul sehr durchschnittlich aussieht. Kuno legt sich abends auf die Lauer und wartet. Anstatt Paul taucht der Nachbar<br />
Ismail, der in Grösse und Alter Paul ähnlich ist, auf dem Gehweg auf und wird von Kuno erschossen. Der Erfolg ist<br />
so eingetreten, wie Kuno ihn sich vorgestellt hat: Der Mensch, auf den er geschossen hat stirbt. Nur hat er sich in<br />
der Person geirrt.<br />
Kuno haftet wegen vorsätzlicher Tötung oder Mord, weil in Art. 111 bzw. 112 StGB schlicht die Tötung eines<br />
Mensche vorausgesetzt wird.<br />
Zur Haftung von Angela vgl. Ausführungen in Stratenwerth § 9 N 91<br />
e) dolus generalis<br />
f) Subsumtionsirrtum<br />
2. Rechtswidrigkeit: Allfälliger Rechtfertigungsgrund<br />
Ein tatbestandsmässiges Verhalten ist in der Regel rechtswidrig. Für die Stufe der Rechtswidrigkeit bleibt daher regelmässig<br />
nur noch die Prüfung des Unrechtsausschlusses, mithin des Vorliegens von Rechtfertigungsgründen. Eine Prüfung ist nur<br />
nötig, wenn Anhaltspunkte für Rechtfertigungsgründe vorliegen, die das Unrecht ausnahmsweise ausschliessen.<br />
Die Einwilligung im Allg.:<br />
Diesen Rechtfertigungsgrund findet man nicht im Gesetz. Aufgrund der langen Rechtsübung und der einhelligen Auffassung<br />
von Lehre und Rechtsprechung gilt die Einwilligung als Gewohnheitsrecht.<br />
Zu unterscheiden ist zwischen Tatbestandsausschliessende und rechtfertigende Einwilligung.<br />
Tatbestandsausschliessende Einwilligung liegt vor bei TB, die bei Einwilligung überhaupt nicht verwirklicht werden können.<br />
Das Unrecht dieser Delikte besteht gerade darin, gegen den Willen des Betroffenen zu handeln, diesen zu missachten. Z.B.<br />
Art. 186 StGB: Wer mit Zustimmung des Hausherren einen Wohn- oder Geschäftsraum betritt, begeht keinen<br />
Hausfriedensbruch. Weitere Bsp. Diebstahl, Nötigung, Entführung und die meisten Sexualdelikte.<br />
Diese Unterscheidung muss man vornehmen, damit man weiss, ob man die Einwilligung auf der Stufe Tatbestandsmässigkeit<br />
oder erst auf der Stufe Rechtswidrigkeit prüfen muss. Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf die rechtfertigende<br />
Einwilligung:<br />
Nota Bene: Die Einwilligung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Konkludente Einwilligung liegt vor, wenn der<br />
Betroffene sich nicht ausdrücklich einverstanden erklärt, sondern seine Einwilligung mit einer Handlung kundtut, die seinen<br />
Willen unmissverständlich ausdrückt: z.B. Der Patient legt sich auf das Spitalbett und gibt dem Arzt mit Gesten zu verstehen,<br />
er solle mit der Operation beginnen.<br />
A) Wirksame Einwilligung<br />
1. Objektive Seite<br />
1.1 Eingriff in ein Individualrechtsgut<br />
Die Einwilligung muss Rechtsgüter betreffen, die ausschliesslich Individualinteressen schützten.<br />
Die Einwilligung in die Verletzung von Rechtsgütern der Allgemeinheit ist nicht möglich. Z.B. bei Brandstiftung: Wenn<br />
jemand einem Anderen erlaubt, dass dieser sein Haus anzündet, ist diese Einwilligung bei Eintritt einer Gemeingefahr<br />
nicht wirksam.<br />
D.h.: Sobald durch den Tatbestand auch öffentliche Interessen (Sicherheit) geschützt werden und diese durch die<br />
eingewilligte Handlung verletzt oder gefährdet werden, dann keine wirksame Einwilligung. Art. 251 StGB<br />
Urkundenfälschung schützt z.B. auch das Rechtsgut „Treu und Glauben im Geschäftsverkehr“.<br />
1.2 Verfügungsgewalt des Einwilligenden<br />
Das betreffende Rechtsgut muss in der Verfügungsgewalt des Einwilligenden stehen.<br />
Die Einwilligung in die Tötung ist z.B. nicht wirksam.<br />
Eine Einwilligung in eine einfache Körperverletzung ist grundsätzlich wirksam.<br />
Bei schweren Körperverletzungen beurteilt sich die Wirksamkeit nach dem Zweck des Eingriffs in die körperliche Integrität<br />
und nach der Schwere des Eingriffs.<br />
1.3 Eigenverantwortliche Entscheidung<br />
Die Einwilligung muss auf einer eigenverantwortlichen Entscheidung des Einwilligenden beruhen. Diese liegt vor, wenn<br />
insbesondere folgende Voraussetzungen gegeben sind:<br />
1.3.1 Urteilsfähigkeit<br />
Der Betroffene muss die Tragweite des Eingriffes abschätzen können. Bei Urteilsunfähigen muss die<br />
Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vorliegen (diese ist jedoch bei höchstpersönlichen Rechtsgütern wie<br />
z.B. der sexuellen Selbstbestimmung nicht möglich.)<br />
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