Kommentiertes Prüfschema
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Beweggründe:<br />
Die Abgrenzung zwischen Absichten und Beweggründen ist manchmal schwierig und hat keine grosse raktische Bedeutung.<br />
Beweggründe liegen bildlich gesprochen oft vor der Tat, Absichten (=Handlungsziele) hinter der Tat. Beweggründe können<br />
entlastende oder belastende Wirkung haben.<br />
Bsp.:<br />
Art. 114 Tötung auf Verlangen<br />
Wer aus achtenswerten Beweggründen, namentlich aus Mitleid, einen Menschen auf dessen ernsthaftes und eindringliches<br />
Verlangen tötet, wird mit Gefängnis bestraft.<br />
Art. 115 Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord<br />
Wer aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Selbstmord verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet, wird, wenn der<br />
Selbstmord ausgeführt oder versucht wurde, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis bestraft.<br />
Gesinnungsmerkmale:<br />
Auch hier ist es nicht immer einfach, die Grenzen zu den zwei vorherigen Merkmalen zu ziehen, Grundsätzlich beinhalten<br />
Gesinnungsmerkmale ein allgemeines Werturteil. Solche pauschalen Umschreibungen sind rechtsstaatlich heikel (Stichwort:<br />
Bestimmtheitsgebot.)<br />
Bsp.<br />
Art. 112 Mord<br />
Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung<br />
besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliches Zuchthaus oder Zuchthaus nicht unter zehn Jahren.<br />
Art. 262 Störung des Totenfriedens<br />
1. Wer die Ruhestätte eines Toten in roher Weise verunehrt, wer einen Leichenzug oder eine Leichenfeier böswillig stört oder<br />
verunehrt, wer einen Leichnam verunehrt oder öffentlich beschimpft, wird mit Gefängnis oder Busse bestraft.<br />
Exkurs: Objektive Strafbarkeitsbedingungen die nicht zum Tatbestand gehören.:<br />
Bsp.: Art. 133 Raufhandel:<br />
1 Wer sich an einem Raufhandel beteiligt, der den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen zur Folge hat, wird mit<br />
Gefängnis oder mit Busse bestraft.<br />
Objektive Strafbarkeitsbedingungen stehen ausserhalb des Tatbestandes, sind also weder objektive noch subjektive TB-<br />
Merkmale. Daher braucht sich auch der Vorsatz nicht auf sie zu beziehen.<br />
Beim Raufhandel bedeutet dies bspw., dass der Täter dem Tod bzw. die Körperverletzung eines Menschen nicht beabsichtigt<br />
haben muss; er muss von dem Vorfall nicht einmal Kenntnis haben.<br />
Dies mag im Einzelfall dem betroffenen Täter gegenüber willkürlich erscheinen. Sinn und Zweck solcher<br />
Strafbarkeitsbedingungen ist es aber, die Strafbarkeit einzuschränken. Raufereien, die keinen schlimmen Ausgang nehmen,<br />
erscheinen dem Gesetzgeber nicht strafwürdig. Darüber hinaus sind objektive Strafbarkeitsbedingungen immer auch<br />
Beweiserleichterungen. Beim Raufhandel wird es meist schwierig sein, denjenigen eruieren zu können, der für die Tötung oder<br />
Körperverletzung verantwortlich war.<br />
Bei den Delikten, die objektive Strafbarkeitsbedingungen aufweisen (ausser Art. 133 StGB sind das vor allem die Konkurs- und<br />
Betreibungsdelikte, Art. 16 ff. StGB), sollte aus praktischen Gründen vor der Überprüfung des objektiven Tatbestandes das<br />
Vorliegen der objektiven Strafbarkeitsbedingungen unter die Lupe genommen werden: Fehlt es daran, muss die Prüfung nicht<br />
mehr fortgesetzt werden.<br />
1.2.1.4 Irrtümer vgl. dazu Prüfungsschemen C:<br />
a) Tatbestandsirrtum<br />
b) Irrtum über dem Geschehensablauf (Irrtum über den Kausalverlauf):<br />
Wenn der tatsächliche Geschehensablauf von der tatsächlichen Vorstellung der Täterin abweicht. Bedeutsam ist die<br />
Bejahung dieses Irrtums nur dann, wenn man den Kausalzusammenhang nicht schon im objektiven TB verneint hat.<br />
Irrelevanter Irrtum:<br />
Wenn Inge sich vorgestellt hat, Paul sterbe eine Stunde nach der Einnahme des Gifts, er aber sechs Stunden später<br />
im Spital stirbt.<br />
Relevanter Irrtum:<br />
Wenn ein nur leicht verletztes Opfer statt an der Schusswunde erst viel später im Spital aufgrund einer<br />
Unverträglichkeit von Antibiotika stirbt. Oder wenn das Opfer erst bei der weiten vom Täter geplanten Tathandlung<br />
stirbt, statt wie vorgesehen bei der ersten. Der Täter will das Opfer erwürgen, dieses stirbt aber erst durch Ertrinken,<br />
nachdem er es ins Wasser geworfen hat. Streitig ob rel. oder irrel. Vgl. Stratenwerth §9 N 85 (differenzierte Lösung)<br />
Sonderfälle:<br />
= Kein eigentlicher Irrtum über den Kausalverlauf sind:<br />
c) Aberratio ictus (Abirrung des Schlages/Angriffs):<br />
Der Täter trifft ein anderes Objekt als das anvisierte. Es tritt ein anderer, wenn auch gleichwertiger Erfolg ein.<br />
Bsp.: Angela kommt um Paul zu erschiessen. Voller Wut stürzt sie ins Wohnzimmer, wo Paul und Inge gemütlich vor<br />
dem Fernseher sitzen. Angela schiesst auf Paul, im gleichen Moment ist aber Inge aufgesprungen und wird von der<br />
Kugel tödlich getroffen.<br />
Erfolg 1 (Pauls Tod) hat Angela gewollt, er ist aber nicht eingetreten.<br />
Erfolgt 2 (Inges Tod) ist eingetreten, den hat Angela aber sicht gewollt.<br />
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