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Revolutionserinnerung und Revolutionsopfer. Die ... - Historicum.net

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W. Schulze, <strong>Revolutionserinnerung</strong> <strong>und</strong> <strong>Revolutionsopfer</strong> 53<br />

dung mit der Nation. Der Abgeord<strong>net</strong>e Devaux hatte diesen Zusammenhang<br />

hergestellt, als er ausführte:<br />

„<strong>Die</strong>ses Gesetz stellt das Prinzip <strong>und</strong> alle Wirkungen der Revolution in<br />

Frage; es ruft in allen politischen Parteien ihre eigenen Erinnerungen wach,<br />

es macht alle Streitigkeiten mit neuer Energie lebendig. Es akzeptiert nicht<br />

die Revolution als ein großes unteilbares <strong>und</strong> unumkehrbares Ereignis; es<br />

spaltet die Revolution auf, um hieraus die Unterschiede von Unheil <strong>und</strong> Privilegienangelegenheiten<br />

zu schöpfen. Aber die Revolution ist weder das<br />

Werk einer Partei noch der Fehler von einigen wenigen, noch die Dummheit<br />

der größten Zahl; sie ist das größte, komplizierteste <strong>und</strong> unvorhergesehenste<br />

Ereignis der ganzen Geschichte. Sie entzieht sich jeder Analyse. Ihr Ursprung<br />

liegt in der Vergangenheit verborgen, so schwierig zu entdecken wie<br />

die Quellen des Nils. Ihre tiefere Ursache liegt in der allgemeinen Bewegung<br />

der Geister, ebenso unwiderstehlich für die Welt der Moral wie die Bewegung<br />

der Gestirne für die physikalische Welt. Viel zu viele sind ihre Opfer<br />

gewesen, alle sind ihre Komplizen gewesen. Wenn es unmöglich ist, entsprechend<br />

den Fehlern, der Unklugheit, den Irrtümern <strong>und</strong> dem Unheil eines jeden<br />

die Verantwortung für sie zu fixieren, dann hat auch niemand ein Recht<br />

auf eine Entschädigung."")<br />

Mit den hier ausführlicher zitierten Argumenten war die Debatte<br />

um die Entschädigung der Emigranten definitiv zu einer nationalen<br />

Vergangenheitsbewältigung geworden: <strong>Die</strong> Attacke auf die Revolution,<br />

deren Fehler auch von den Liberalen nicht verschwiegen wurden,<br />

provozierte letztlich als Reaktion eine Nationalisierung der Revolution,<br />

die zum Werk aller Franzosen erklärt <strong>und</strong> damit aus der<br />

Zurechenbarkeit zu allein einer sozialen Gruppe herausgenommen<br />

wurde.<br />

<strong>Die</strong>ser Stand der Debatte war für Chateaubriand das Zeichen, für<br />

sich selbst einen publikumswirksamen Verzicht auf seine persönlichen<br />

Entschädigungsansprüche auszusprechen, dafür aber um so<br />

vehementer Rock <strong>und</strong> Schuhe für seine armen bretonischen Standesgenossen<br />

zu fordern, die mit „nackten Füßen" mit ihrem Monarchen<br />

gezogen seien, um ihre zerrissenen Stiefel für eine weitere<br />

Kampagne zu schonen.") Wie hoch auch immer die Summe gewesen<br />

sein mag, auf die Chateaubriand verzichtete, die Mehrzahl seiner<br />

adeligen Kollegen in den Kammern sah keinen vernünftigen<br />

Gr<strong>und</strong>, auf die Entschädigungssummen zu verzichten. An der<br />

Spitze stand das ohnehin schon hoch apanagierte Haus d'Orlans<br />

mit ca. 303 422 Francs Rentenentschädigung, es folgte der Duc de<br />

Choiseul mit 33000, der Duc de Liancourt mit 12846, der Marquis<br />

94)AP 43, 301.<br />

95)AP 44, 523.

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