Revolutionserinnerung und Revolutionsopfer. Die ... - Historicum.net
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W. Schulze, <strong>Revolutionserinnerung</strong> <strong>und</strong> <strong>Revolutionsopfer</strong> 33<br />
Hier ging es nur vordergründig um eine angemessene Entschädigung<br />
einer speziellen Gruppe von Opfern der Revolution. In einem<br />
weiteren Sinne stand vielmehr – wie sich bald zeigen sollte – die Legitimation<br />
der Prinzipien restaurativer Politik zur Debatte, wie sie<br />
den Bourbonen <strong>und</strong> den Ultrakonservativen als verpflichtend galten.<br />
Letztlich ging es damit um die Bewertung der Revolution <strong>und</strong><br />
ihrer Folgen für die französische Gesellschaft. Zunächst müssen einige<br />
Bemerkungen zum historischen Interesse der Restaurationsepoche<br />
gemacht werden, ohne dessen Intensität die weitere Diskussion<br />
nur schwer verständlich wäre.<br />
II. Das neue historische Interesse der Restauration<br />
„Im Augenblick beschäftigt man sich in Paris nur mit Bildern,<br />
<strong>und</strong> man ist ganz zerstritten zwischen den beiden Parteien. die die<br />
Malerei in zwei Schulen teilen." Als der liberale Journalist Adolphe<br />
Thiers am 7. September 1824 mit dieser Bemerkung seinen Brief an<br />
den Stuttgarter Verleger Cotta beendete, bestätigte er damit, daß<br />
man sich in Paris – trotz des nahenden Todes Ludwigs XVIII. – vor<br />
allem über " Das Massaker von Chios" von Eugene Delacroix stritt.<br />
<strong>Die</strong>ses Bild – eine Verherrlichung des griechischen Freiheitskampfes<br />
gegen die Türken – war der Mittelpunkt des gerade eröff<strong>net</strong>en<br />
Salons, ein Symbol der neuen romantischen Malerei, die den Klassizismus<br />
des Kaiserreichs bald überflügeln sollte.'°) Frankreichs ästhetischer<br />
Geschmack erwartete nach einem Wort Ludovic Vitets<br />
noch „seinen 14. Juli".'1) Der politische Diskussionsstand war dem<br />
der Malerei nicht unähnlich, auch hier standen sich zwei Parteien<br />
gegenüber: Royalisten auf der einen Seite, Liberale auf der anderen<br />
Seite; letztere mochten den Ansturm einer neuen Richtung der Malerei<br />
in dieser Zeit der „immobilite" auch als Hoffnungszeichen für<br />
die eigene Sache deuten»)<br />
Etude sur l'emigration et la vente des biens des emigres (1792-1830). Paris<br />
1963.<br />
10) Nach Robert Marquant, Thiers et le baron Cotta. Etude sur la collaboration<br />
de Thiers ä la Gazette d'Augsbourg. Paris 1959, 174. <strong>Die</strong> Berichte Thiers<br />
an Cotta sind eine vorzügliche Quelle nicht nur über die Pariser Kunstszene,<br />
sondern vor allem über die innenpolitischen Verhältnisse Frankreichs der<br />
20er Jahre aus liberaler Sicht.<br />
") Le Globe v. 2. April 1825.<br />
12) Thiers schrieb in der liberalen Zeitschrift „Le Globe" von 1824 einen Be-