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Controller magazin 6/02 - Martin Schütte<br />
2.3 Die Wirl(lichl(eit sieht an<strong>de</strong>rs aus<br />
Die Wirklichkeit in unseren Unternehmen<br />
sieht allerdings überwiegend noch<br />
komplett an<strong>de</strong>rs aus. Es herrschen hierarchische<br />
Strukturen vor, Top down-Ansage<br />
ist das gängige Führungsmuster,<br />
Personalabbau die reflexartige Reaktion<br />
auf wirtschaftliche Schwierigkeiten. Vor<br />
allem die Art und Weise, wie Personalabbau<br />
realisiert wird, tut alles, um<br />
iVlotivation, I<strong>de</strong>ntifikation, Leistungsbereitschaft,<br />
Kreativität usw. <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />
nachhaltig zu zerstören.<br />
Deshalb brauchen wir ein grundsätzliches<br />
Über<strong>de</strong>nken unseres Führungsverständnisses,<br />
o<strong>de</strong>r wie es Reinhard<br />
Sprenger ausdrückt, eine „Kopernikanische<br />
Wen<strong>de</strong> im Management".<br />
3. NEUES VERSTÄNDNIS VON<br />
FÜHRUNG UND ZUSAMMENARBEIT<br />
Zunächst müssen wir unsere tradierte<br />
und immer noch vorherrschen<strong>de</strong> Auffassung<br />
vom Unternehmen als einer straff<br />
durchorganisierten Organisation im Sinne<br />
eines mechanistischen Rä<strong>de</strong>r- o<strong>de</strong>r<br />
Uhrwerkes aufgeben und ein Unternehmen<br />
als das verstehen, was es ist und<br />
was seinen eigentlichen Wert ausmacht:<br />
ein lebendiger Organismus im Sinne eines<br />
evolutionären Systems, <strong>de</strong>r aus einer<br />
Gesamtheit von individuellen Menschen<br />
besteht, d. h. eigenständigen Persönlichkeiten<br />
und Potentialträgern.<br />
Genauso müssen wir unser Bild vom<br />
Mitarbeiter grundsätzlich än<strong>de</strong>rn: Er ist<br />
nicht (nur) <strong>de</strong>r Funküonsträger, <strong>de</strong>r in<br />
seiner jeweiligen Aufgabe zu „funktionieren"<br />
hat und dazu <strong>de</strong>r permanenten Anweisung<br />
und Kontrolle bedarf. Vielmehr<br />
müssen wir ihn endlich als eine individuelle<br />
Person und Persönlichkeit verstehen<br />
und akzeptieren, die mit ihren individuellen<br />
Potenzialen in <strong>de</strong>r Regel weit mehr<br />
zu leisten im Stan<strong>de</strong> ist, wenn man ihr<br />
entsprechen<strong>de</strong>s Vertrauen entgegenbringt<br />
und ihr die Möglichkeit zu einem<br />
eigenverantwortiichen und selbständigen<br />
Arbeiten gibt. Hier liegt in nahezu<br />
allen Unternehmen eine enorme<br />
Kreativitäts- und Wachstumsreserve, die<br />
nur gehoben zu wer<strong>de</strong>n braucht.<br />
Das setzt allerdings voraus, dass wir unser<br />
Verständnis von Führung und <strong>de</strong>r<br />
Rolle <strong>de</strong>r Führungskraft ebenfalls grundlegend<br />
än<strong>de</strong>rn. Das klassische und nach<br />
wie vor vorherrschen<strong>de</strong> hierarchische<br />
Führungsprinzip von Anweisung und<br />
Kontrolle, das die Mitarbeiter weitgehend<br />
zum Ausführungsorgan von an an<strong>de</strong>rer<br />
Stelle getroffenen Entscheidungen <strong>de</strong>gradiert,<br />
muss sich än<strong>de</strong>rn in Richtung<br />
<strong>de</strong>s Grundsatzes <strong>de</strong>r „Ermächtigten<br />
Eigeninitiative".<br />
4. DAS KONZEPT DER „ERMÄCHTIG<br />
TEN EIGENINITIATIVE"<br />
Der Begriff stammt von Professor Thannheiser<br />
vom INSEAD und wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />
ehemaligen Hypo-Bank die Kernbotschaft<br />
<strong>de</strong>s Führungsverständnisses<br />
<strong>de</strong>r Bank.<br />
Er basiert auf <strong>de</strong>r Überzeugung, dass <strong>de</strong>r<br />
Mitarbeiter <strong>de</strong>r „Spezialist seines<br />
Arbeitsplatzes"<br />
und seines Umfel<strong>de</strong>s ist. Er weiß am besten,<br />
was die Anfor<strong>de</strong>rungen von innen<br />
und außen an seinen Arbeitsplatz sind<br />
und er erfährt als erster, wenn und was<br />
sich in seinem Umfeld, im Markt, bei<br />
seinen Kun<strong>de</strong>n än<strong>de</strong>rt, wo Verän<strong>de</strong>rungsbedarf<br />
entsteht, wo Verbesserungsmöglichkeiten<br />
und Chancen zur Weiterentwicklung<br />
liegen. Deswegen muss er<br />
<strong>de</strong>r Ausgangs- und Mittelpunkt <strong>de</strong>r<br />
Informations- und Kommunikationsprozesse<br />
in einem Unternehmen sein.<br />
Das führt zur sinnbildhaften Umkehrung<br />
<strong>de</strong>r klassischen Hierarchiepyrami<strong>de</strong>:<br />
„Wir stellen die Pyrami<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n Kopf".<br />
Das beinhaltet:<br />
- Konsequentes Denken vom Kun<strong>de</strong>n<br />
und Markt her;<br />
- Informationsfluss von unten nach<br />
oben mit <strong>de</strong>n Mitarbeitern als „Saugnäpfen"<br />
<strong>de</strong>r Informationen über Verän<strong>de</strong>rungen<br />
im Markt und Kun<strong>de</strong>nverhalten<br />
sowie Verbesserungsmöglichkeiten<br />
am Arbeitsplatz;<br />
- Möglichst viele Entscheidungen und<br />
Problemlösungen vor Ort;<br />
- Die Führungskräfte aller Ebenen sehen<br />
ihre Rolle darin, die Mitarbeiter<br />
dabei zu unterstützen.<br />
Den Mitarbeitern wird das grundsätzliche<br />
Vertrauen entgegengebracht, dass<br />
sie am besten in <strong>de</strong>r Lage sind, Probleme<br />
vor Ort zu lösen und Chancen zu erkennen<br />
und wahrzunehmen. Sie wer<strong>de</strong>n ermächtigt,<br />
Eigeninitiative zu entwickeln.<br />
Aus diesem Vertrauen wächst allerdings<br />
auch die Verpflichtung, seinen Aufgabenbereich<br />
eigenverantwortlich wahrzunehmen<br />
und weiterzuentwickeln, d. h.<br />
Iniriativen sollen und müssen von ihm<br />
ausgehen.<br />
Die Rolle <strong>de</strong>r Führungskraft<br />
än<strong>de</strong>rt sich dabei grundlegend mit folgen<strong>de</strong>n<br />
Kernaufgaben:<br />
• Sie for<strong>de</strong>rt, d. h. for<strong>de</strong>rt Eigenverantwortung<br />
und vereinbart klare und<br />
anspruchsvolle Ziele.<br />
• Sie ermutigt: Sie motiviert und ermuntert<br />
<strong>de</strong>n Mitarbeiter, Eigenverantwortung<br />
zu übernehmen, in <strong>de</strong>m<br />
sie ihm <strong>de</strong>monstriert, dass sie ihm<br />
Leistung und eigenverantwortliches<br />
Han<strong>de</strong>ln zutraut. Denn zu Beginn wird<br />
die Ernsthaftigkeit, wirklich Verantwortung<br />
und Kompetenz zu <strong>de</strong>legieren,<br />
aufgrund schlechter o<strong>de</strong>r gar<br />
keiner Erfahrung abgelehnt.<br />
• Sie unterstützt durch Schaffen <strong>de</strong>r<br />
organisatorischen Rahmenbedingungen<br />
und Arbeitsmittel, durch richtige<br />
Aus- und Weiterbildung sowie persönliche<br />
Entwicklungsmaßnahmen.<br />
Damit wird die Unterstützung, selbständig<br />
zu agieren und EigeniniUative<br />
zu zeigen, <strong>de</strong>r Schwerpunkt <strong>de</strong>r<br />
Tätigkeit <strong>de</strong>r Führungskraft. Dazu<br />
gehört neben <strong>de</strong>r Sicherstellung <strong>de</strong>s<br />
organisatorischen Rahmens und<br />
Umfel<strong>de</strong>s vor allem auch, dafür zu<br />
sorgen, dass auch die eigenen Führungskräfte<br />
entsprechend führen und<br />
dass I<strong>de</strong>en, Vorschläge und Initiativen<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter wirklich realisiert<br />
wer<strong>de</strong>n und sich auf <strong>de</strong>m steinigen<br />
Weg durch die Organisarion durchsetzen.<br />
• Sie bewertet <strong>de</strong>n Erfolg. Pendant<br />
<strong>de</strong>r Eigenverantwortung ist die Bereitschaft,<br />
sich Zielen zu stellen<br />
und an <strong>de</strong>n Ergebnissen messen zu<br />
lassen. Die Führungskraft bewertet<br />
die Ergebnisse fair, beobachtet<br />
(„coacht") <strong>de</strong>n Mitarbeiter, gibt<br />
rechtzeitig Rückmeldung und honoriert<br />
<strong>de</strong>n Erfolg.<br />
Das ist nicht mehr das Bild vom Manager/„Macher",<br />
<strong>de</strong>r instrumental <strong>de</strong>nkt<br />
und mit seinem vollgefüllten Werkzeug-<br />
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