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ZEISS im Zentrum für Bucherhaltung<br />
Bücher stapelweise, Pläne und<br />
Akten soweit das Auge reicht! Sie<br />
verbreiten jenes feine, spezifische<br />
Geruchsgemisch von altem Leder,<br />
Leinen, Buchbinderleim, Papier,<br />
Druckerschwärze und Patina, das<br />
den Experten in der Regel beim<br />
Betreten historischer Bibliotheken<br />
und Archive begrüßt. Wir befinden<br />
uns jedoch in keinem dieser<br />
meist ehrwürdigen Gemäuer, sondern<br />
in einem hochmodernen<br />
Gebäude im Norden von Leipzig<br />
im „Zentrum für Bucherhaltung“<br />
(ZFB).<br />
Das ZFB ist aus den nach der Wiedervereinigung<br />
in Leipzig zusammengefassten<br />
Zentralarchiven, der Deutschen<br />
Bücherei und der Deutschen<br />
Bibliothek, hervorgegangen. Als eigenständiges<br />
Institut bietet es seit<br />
1998 umfassende Dienstleistungen<br />
für eine fundierte Erhaltung wertvoller<br />
Bibliotheks-, Archiv- und Museums-<br />
Buchbestände an. Es kann dabei auf<br />
eine wohl einmalige Erfahrung in der<br />
Papierrestaurierung zurückgreifen und<br />
kombiniert dieses Wissenspotenzial<br />
mit der Erforschung und Weiterentwicklung<br />
neuer Methoden zur effizienten<br />
und rationellen Sicherung<br />
großer Buchmengen, für die weltweit<br />
erheblicher Bedarf besteht.<br />
Die Arbeit des ZFB ist in international<br />
einschlägigen Fachkreisen ein Begriff.<br />
Im Allgemeinen vollziehen sich<br />
Tätigkeit und Leistungen aber weitgehend<br />
außerhalb öffentlichen Interesses.<br />
Das änderte sich im Herbst 2004<br />
schlagartig, als das ZFB mit seinen eigens<br />
entwickelten Verfahren zur Rettung<br />
einer der wertvollsten und historisch<br />
unersetzlichen Buchbestände<br />
beitrug, die in Deutschland erhalten<br />
geblieben sind. Was war geschehen?<br />
In der Nacht vom 2. September<br />
2004 zerstörte ein verheerendes Feuer<br />
weite Teile des historischen Gebäudes<br />
der Herzogin Anna-Amalia-Bibliothek<br />
in Weimar. Bewohner des Stadtteils,<br />
Mitarbeiter und einige hundert<br />
spontane Helfer bildeten eine Menschenkette,<br />
retteten mehr als die<br />
Hälfte der Kostbarkeiten an Autographen<br />
und Büchern aus dem brennenden<br />
Unesco-Weltkulturerbe. Rund<br />
50.000 Bände der Bibliothek, von<br />
Hand zu Hand weitergereicht, gelangten<br />
so unversehrt ins Freie. Weitere<br />
30.000 entgingen mehr oder<br />
weniger stark beschädigt dem Inferno.<br />
Erst tiefgefroren,<br />
dann getrocknet und<br />
gerettet<br />
Letztere, von Feuer bereits angesengt<br />
und vom Löschwasser durchgetränkt,<br />
fanden erste Notaufnahme im ZFB.<br />
Hier wurden sie nach ihrem Schadensausmaß<br />
sortiert und klassifiziert:<br />
Gruppe Eins nahezu unversehrt;<br />
Gruppe Sechs nahezu total zerstört.<br />
Die Behandlung begann mit einer<br />
vorübergehenden Einlagerung in große<br />
Kühlkammern. In Mull oder Vlies<br />
eingeschlagen verwandelte sich hier<br />
jedes durchnässte Buch bei minus<br />
20 Grad Celsius binnen kurzer Zeit<br />
in einen durchgefrorenen Eisblock.<br />
42<br />
Innovation 15, <strong>Carl</strong> <strong>Zeiss</strong> AG, 2005