Download PDF - Carl Zeiss
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Bild 1:<br />
Beschädigte Bücher aus<br />
der Herzogin-Anna-<br />
Amalia-Bibliothek in<br />
Weimar.<br />
Bild 2:<br />
Massenentsäuerung, bei<br />
der die Bücher in einer<br />
alkalischen, nicht-wässrigen<br />
Lösung getränkt werden.<br />
Die Behandlungskapazität<br />
beträgt über 100 t pro Jahr.<br />
Säurefraß, die größte<br />
Sorge und Gefahr<br />
Das ZFB ist nach diesem spektakulären<br />
Hilfseinsatz wieder zu seinen<br />
„normalen Tätigkeitsfeldern“ der<br />
Bucherhaltung zurückgekehrt, in deren<br />
Spektrum die Rettung nach<br />
Brandschäden eigentlich, oder besser<br />
gesagt Gott sei Dank, die Ausnahme<br />
bildet.<br />
Nicht Bücherwurm, Kupferstecher,<br />
Schimmel oder unsachgemäßer Umgang<br />
gefährden vorrangig das historische<br />
Kulturgut Buch. Nach den<br />
Schwerpunkten in der Bucherhaltung<br />
befragt, nennt Dr. Manfred Anders,<br />
Geschäftsführer des ZFB, als das<br />
größte Problem den Säurefraß, der<br />
bereits gut zwei Drittel aller weltweit,<br />
zeit- und kulturhistorisch bedeutenden<br />
Buch-, Zeitungs- und Dokumentationsbestände<br />
gefährdet.<br />
Infolge des wachsenden Papierbedarfs<br />
begann man bereits im 17. und<br />
18. Jahrhundert mit allerlei Ingredienzien<br />
zu experimentieren, um die<br />
knapper werdenden Ausgangsstoffe<br />
der Papierherstellung zu strecken,<br />
Verleimung und Oberflächengüte zu<br />
verbessern. Es sind heute die Säuren<br />
der Leimung, die zusammen mit Umwelteinflüssen<br />
das Papier zerstören.<br />
Sie bauen die Faserstoffe und Zellulose<br />
ab, die die mechanische Stabilität<br />
gewährleisten. Die Blätter werden<br />
brüchig und spröde. Dieser Alterungsprozesss<br />
verläuft autokatalytisch, das<br />
heißt er beschleunigt sich selbst.<br />
Allein eine wirksame Massen-Entsäuerung<br />
kann diesem Verfall noch entgegenwirken.<br />
Hierfür hat das ZFB das<br />
sogenannte Papersave-Verfahren entwickelt,<br />
bei welchem die Bücher in<br />
einer alkalischen, nichtwässrigen Lösung<br />
getränkt, entsäuert werden und<br />
ihre Lebensdauer auf diese Weise um<br />
den Faktor 4 bis 5 verlängert wird.<br />
Die Massenentsäuerung (Papersave-Verfahren)<br />
kann als Konservierung<br />
zwar Schäden aufhalten, aber<br />
nicht rückgängig machen. So beschäftigt<br />
sich das ZFB darüber hinaus<br />
auch mit allen Restaurierungsarbeiten:<br />
der Ausbesserung von Tintenfraß, der<br />
Papierstabilisierung, der Schimmelbe-<br />
kämpfung und allen Formen der<br />
Schadensbegrenzung von der Erfassung<br />
bis zur Behebung, soweit diese<br />
nach neuestem Stand der Forschung,<br />
der Erkenntnisse und Techniken möglich<br />
sind. Dabei wird Erstaunliches<br />
vollbracht – eine kaum noch entzifferbare<br />
Notenhandschrift Beethovens,<br />
der nahezu zerfallene Erstdruck einer<br />
Lutherbibel wie die eigenhändige<br />
Planzeichnung eines Schinkel-Bauwerks<br />
vor weiterem Zerfall bewahrt.<br />
Natürlich gehen allen Entscheidungen,<br />
wie und mit welchen Methoden<br />
den unterschiedlichen Verfallsprozessen<br />
am besten entgegenzutreten ist,<br />
gründliche Analysen des Ist- und Alterungszustandes<br />
voraus – zum Beispiel<br />
in Form der NIR-Spektroskopie.<br />
So ist es nahezu selbstverständlich,<br />
dass <strong>Zeiss</strong> im Zentrum für Bucherhaltung<br />
mit Geräten zur wissenschaftlich<br />
fundierten Untersuchung, Messung<br />
und Methodik-Bestimmung präsent<br />
und sozusagen Partner ist.<br />
Warum dieser Aufwand, wenn man<br />
doch bereits alles auf Mikrofilm erfassen<br />
und digitalisieren kann, was im<br />
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Innovation 15, <strong>Carl</strong> <strong>Zeiss</strong> AG, 2005