Reflexe Ausgabe September 2007 - vdms
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end des Suchprozesses herrscht eine<br />
produktive Unruhe / Erregung, die in ein<br />
Aha-Erlebnis mündet. Ruhe kehrt ein, das<br />
innere Belohnungszentrum wird aktiviert.<br />
Use it or lose it<br />
Eine weitere wichtige Erkenntnis<br />
lautet: «Use it or lose it» – und das bedeutet:<br />
Nutze die vielen Verschaltungsmöglichkeiten<br />
im Gehirn (es gibt viele<br />
verschiedene Möglichkeiten, Dinge zu<br />
tun = Wahlmöglichkeiten!!!) – oder die<br />
Verschaltungen werden verkümmern und<br />
in der Folge durch körpereigene Fermente<br />
aufgelöst und abgebaut. (Hüther)<br />
So können sich Handlungsmuster und<br />
-strategien, die ständig eingeübt und wiederholt<br />
werden, weil sie Erfolg gebracht<br />
haben / immer noch bringen, zu «Autobahnen»<br />
im Gehirn entwickeln, d.h. zu oft<br />
und viel benutzten breiten Strassen, deren<br />
Gebrauch schon automatisch geworden<br />
ist. Sie sind in das Gehirn «eingebrannt».<br />
So fällt es uns schwer, neue Verhaltensalternativen<br />
zu entwickeln, weil dafür neurologisch<br />
noch keine Bahnungen («Strassen<br />
bzw. Autobahnen») angelegt sind.<br />
(Spitzer)<br />
Das Phänomen des Lachssterbens<br />
kann folgendermassen eingeordnet werden:<br />
Während der Laichzeit und ihrer enormen<br />
Kraftanstrengung, flussaufwärts zu<br />
schwimmen, sind die Lachse so fokussiert,<br />
dass sie alles um sich herum ausblenden<br />
für eine längere Zeit (einseitige Nutzung<br />
ihres Gehirns!). Haben sie dann schliesslich<br />
abgelaicht, finden sie sich wieder in<br />
seichtem Gewässer mit tausenden Artgenossen<br />
auf engstem Raum – für Lachse bedeutet<br />
das: purer Stress, d.h. Lachse sterben<br />
an den Folgen des Stress. (Hüther)<br />
Was heisst das für uns Menschen? Jede<br />
längere einseitige Nutzung des Gehirns tut<br />
uns nicht gut und begünstigt damit bei<br />
veränderten Lebensbedingungen Stress<br />
(Beispiel: berufliche Fokussierung blendet<br />
alle andere Lebenswerte aus) – wir büssen<br />
Wahlmöglichkeiten und damit Lebensoptionen<br />
ein.<br />
In unsere Beratung kommen Kunden /<br />
Klienten mit ihren «Problem-Autobahnen»<br />
(Hüther), d.h. Strategien, die einst erfolgreich<br />
waren und jetzt in heutigen Situationen<br />
dysfunktional sind. Wie können wir<br />
die Klienten unterstützen, neue neuronale<br />
Verschaltungen zu bahnen und diese zu<br />
aktivieren, d.h. Neues und Erwünschtes<br />
zu lernen? Auch hier bekräftigt die Neurobiologie<br />
das, was wir schon wissen und<br />
praktizieren:<br />
● «Positives Lernen» kann nur in angstund<br />
stressfreien Räumen stattfinden, und<br />
der Aufbau eines tragfähigen vertrauensvollen<br />
Rapports ist unabdingbar (Therapeutische<br />
Grundhaltung der Wertschätzung<br />
und Würdigung des Klienten sowie<br />
z.B. der Einsatz von Entspannungstechniken,<br />
die den Körper und die Atmung mit<br />
einbeziehen)<br />
● Dissoziation vom Problemzustand bewirkt<br />
eine emotionale Distanz zum Problem<br />
und unterstützt damit einen kreativen<br />
Lösungsfindungsprozess (klassische<br />
Interventionen: z.B. sich das Ganze als<br />
Film / als Foto anschauen; vom Gipfel aus<br />
ins Tal der Situation schauen; das Problem<br />
verdinglichen / externalisieren; «Die eine<br />
Seite in Ihnen …, wohingegen die andere<br />
Seite in Ihnen … »; «Was könnten Sie jetzt<br />
im Moment tun, um Abstand zu Ihrem<br />
Problem herzustellen?»)<br />
● Der Fokus in der Beratung sollte so<br />
früh wie möglich auf Ressourcen und Lösungen<br />
gerichtet sein (Interventionen: die<br />
klassischen Fragen nach Ausnahmen und<br />
nach Zeiten, wo es besser war sowie die<br />
Wunderfrage und alle hypothetischen Fragen;<br />
Etablierung des sicheren Platzes und<br />
evtl. innerer Helfer, um von dort auf das<br />
II. Symposion<br />
Gehirn und Körper<br />
Embodiment –<br />
Die Verkörperung von Erfahrung<br />
7. und 8. März, Heidelberg, Initiert von<br />
Prof. Dr. Gerald Hüther u. Dr. Christian Gottwald<br />
Wir befinden uns in einem aufregenden<br />
Entwicklungsprozess, in dem der interdisziplinäre<br />
Austausch zwischen der Hirnforschung<br />
und der Körperpsychotherapie besonders<br />
nahe liegend ist. Es ist höchste Zeit, das wichtigste<br />
Erfahrungsinstrument des Menschen<br />
zurückzuerobern: den Körper. Wer Menschen<br />
berät, therapiert, erforscht, muss immer auch<br />
den Körper einbeziehen.<br />
In Vorträgen befassen sich ausgewiesene Experten<br />
in einer verständlichen Sprache mit den<br />
theoretischen, neurobiologischen und physiologischen<br />
Grundlagen der wechselseitigen Beeinflussbarkeit<br />
von psychischen und körperlichen<br />
K O N G R E S S<br />
Problem zu schauen; «Was würde ihnen<br />
denn jetzt den Rücken stärken?»<br />
● Die erlebnisorientierte Gestaltung der<br />
Sitzungen begünstigt das Erlernen von gewünschtem<br />
Verhalten (z.B. durch Spontan-<br />
Inszenierungen, Skulpturarbeit, VAKOG,<br />
so dass die Sitzung «unter die Haut geht»<br />
und verschiedene Wahrnehmungskanäle<br />
gleichzeitig aktiviert werden). l<br />
Literaturhinweise:<br />
Hüther, Gerald; Brainwash – Einführung<br />
in die Neurobiologie für Therapeuten<br />
und Pädagogen (DVD); Auditorium<br />
Verlag 2006<br />
Hüther, Gerald; Wie aus Stress Gefühle<br />
werden – Betrachtungen eines Hirnforschers;<br />
Vandenhoeck & Ruprecht 1999<br />
Spitzer, Manfred; Erfolgreich lernen in Kindergarten<br />
und Schule (DVD); Auditorium<br />
Verlag 2005<br />
Bauer, Joachim; Warum ich fühle, was du<br />
fühlst – Intuitive Kommunikation und<br />
das Geheimnis der Spiegelneurone;<br />
Hoffmann und Campe 2005<br />
Quelle: 1. Newsletter <strong>2007</strong> des Instituts für Fortund<br />
Weiterbildung, München. www.i-f-w.de<br />
Prozessen. Vertieft und praktisch umgesetzt werden<br />
diese neuen Erkenntnisse in Workshops unter<br />
der kompetenten Anleitung erfahrener Körperbzw.<br />
PsychotherapeutInnen.<br />
Sowohl in den Vorträgen wie auch in den<br />
Workshops geht es darum, theoretisch herauszuarbeiten,<br />
wie Erfahrungen auf körperlicher Ebene<br />
verankert werden, und am Beispiel verschiedener<br />
Therapieverfahren praktisch zu zeigen, wie im<br />
Körper eingegrabene Erfahrungen und dysfunktionale<br />
Muster aufgelöst, erweitert und als neue<br />
psycho-somatische Muster verankert werden<br />
können.<br />
Mit diesem Symposion wird den Teilnehmern<br />
ein Einblick in verschiedene, bereits seit langem<br />
erfolgreich eingesetzte, aber auch in neue, innovative<br />
Verfahren körperorientierter therapeutischer<br />
Interventionen geboten. Gemeinsam<br />
sollen die diesen Verfahren zugrunde liegenden<br />
neurobiologischen und physiologischen Wirkmechanismen<br />
herausgearbeitet werden.<br />
Programm und weitere Informationen unter: www.gehirnundkoerper.de<br />
A U T O R I N<br />
Marlene Bierer-Fischer<br />
Heilpraktikerin für Psychtherapie<br />
Zentnerstr. 19/III, D-80798 München<br />
www.marlene-bierer-fischer.de<br />
G E H I R N F O R S C H U N G T H E M A<br />
9<br />
<strong>September</strong> <strong>2007</strong> <strong>Reflexe</strong>