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Roter Mond (PDF-Version) - Arathas.de

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erleichterten Seufzer aus und zog so heftig am Knauf, daß die Tür fast aus <strong>de</strong>n Angeln riß. Ohne Worte zu verlieren<br />

trat sie durch die Öffnung und rannte in die dahinterliegen<strong>de</strong> Dunkelheit.<br />

Elan<strong>de</strong>r rief nach ihr, schrie, daß sie warten solle, und aus <strong>de</strong>r Finsternis faßte ihn eine Hand am Arm. Gemeinsam<br />

eilten sie durch die Schwärze, die sich hier noch zu verdichten schien. Ein mulmiges Gefühl erfaßte <strong>de</strong>n Zwerg, als sie<br />

um eine Ecke liefen, die er in <strong>de</strong>r Dunkelheit gar nicht hätte wahrnehmen können. Talamà schien trotz - o<strong>de</strong>r<br />

vielleicht gera<strong>de</strong> wegen - ihrer Blindheit ihren Weg zu fin<strong>de</strong>n, lief ohne Umwege durch <strong>de</strong>n Gang. In Elan<strong>de</strong>rs Kopf<br />

überschlug sich alles. Er überflog die Ereignisse <strong>de</strong>r letzten Sekun<strong>de</strong>n, und eine schreckliche Gewissheit breitete sich<br />

in seinen Gedanken aus: Er war Talamà gefolgt, weil er dachte, daß sie einen Fluchtweg kenne. Doch die Tunnel, die<br />

sie entlanggerannt waren, waren allesamt abfallend, führten nur noch tiefer ins Innere <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>. Er biß sich auf die<br />

Lippen und wollte einen Protest hervorbringen, als er spürte, daß seine Gefährtin langsamer wur<strong>de</strong>. Er hörte das<br />

neuerliche Geräusch einer sich öffnen<strong>de</strong>n Tür, dann zerrte die junge Frau wie<strong>de</strong>r an seiner Kleidung, drängte ihn<br />

durch die Pforte.<br />

Sie waren nun in einem größeren Raum. Trotz <strong>de</strong>r völligen Finsternis spürte Elan<strong>de</strong>r, daß die Wän<strong>de</strong> sich nicht mehr<br />

in ihrer Nähe befan<strong>de</strong>n, die Decke ein wenig höher war als normal. Ein Gefühl <strong>de</strong>r Leere überkam ihn, doch dann<br />

hatten sie das Gewölbe auch schon durchquert, liefen wie<strong>de</strong>r durch einen engeren Tunnel. Er fragte sich, wohin diese<br />

Reise sie bei<strong>de</strong> führen wür<strong>de</strong>, doch angesichts <strong>de</strong>r Situation schien eine Frage nicht berechtigt. Er ließ sich einfach<br />

weiterleiten von seiner Gefährtin, hatte sich entschie<strong>de</strong>n, ihr vollkommen zu vertrauen. Jetzt blieb ihm auch nicht<br />

an<strong>de</strong>res mehr übrig, <strong>de</strong>nn durch die Dunkelheit wür<strong>de</strong> er niemals einen Weg zurück fin<strong>de</strong>n.<br />

Doch das Dunkel lichtete sich. Weit vor ihnen zeichnete sich schwächliche Helligkeit ab, ein leichtes Schimmern nur,<br />

aber immerhin Licht! Er konnte auch wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Umriß Talamàs sehen, ihr langes Haar, das beim Rennen hinter ihr<br />

herwehte. Das Mädchen wur<strong>de</strong> langsamer, und auch Elan<strong>de</strong>r bremste seinen Schritt. Erst jetzt, als sie ihre wil<strong>de</strong><br />

Lauferei aufgegeben hatten, fühlte er, wie warm es hier eigentlich war. Eine schwüle, drücken<strong>de</strong> Hitze, die sich auf<br />

die Lunge legte und <strong>de</strong>n Atem rasseln ließ.<br />

„Vorsichtig“ mahnte die Jurakai, während sie durch <strong>de</strong>n Gang schlichen. Das Licht war näher gekommen, und nicht<br />

weit entfernt verbreiterte sich <strong>de</strong>r Gang, en<strong>de</strong>te in einer etwas größeren Halle. Nebelschwa<strong>de</strong>n zogen dort über <strong>de</strong>n<br />

Bo<strong>de</strong>n, und ein bestialischer Gestank drang <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n in die Nase. Elan<strong>de</strong>r legte seinen Arm vors Gesicht und betete<br />

zu <strong>de</strong>n Gottheiten seines Volkes, daß das Gefühl <strong>de</strong>r Gefahr, das von diesem Ort ausging, nur Einbildung sein möge.<br />

Sie waren so weit gekommen, daß sie bereits auf morastigem Bo<strong>de</strong>n umhertraten, über <strong>de</strong>n sich weiße Schlieren<br />

zogen. Angewi<strong>de</strong>rt hielt sich <strong>de</strong>r Kleine in Talamàs Nähe, die Schutz verhieß. Je weiter sie vorankamen, <strong>de</strong>sto höher<br />

wogte <strong>de</strong>r Nebel, und bald schon ragte nur noch <strong>de</strong>r Kopf <strong>de</strong>s Zwerges aus <strong>de</strong>n Schwa<strong>de</strong>n hervor. Er bat Talamà,<br />

Rücksicht auf seine Größe zu nehmen, langsamer zu laufen, doch die junge Frau verneinte und reichte ihm statt<br />

<strong>de</strong>ssen ihre Hand. Der beißen<strong>de</strong> Nebel stieg noch immer an, und wenige Sekun<strong>de</strong>n später konnte <strong>de</strong>r Dverjae gar<br />

nichts mehr sehen, blieb unter einer dunstigen Schicht verborgen. Gedämpfte Geräusche drangen an sein Ohr, und<br />

plötzlich blieb seine Gefährtin stehen, verharrte inmitten dieser stinken<strong>de</strong>n Kloake. Gera<strong>de</strong> wollte er nach <strong>de</strong>m Grund<br />

ihres Haltes fragen, als ein an<strong>de</strong>rer Laut an seine Ohren drang: Ein Knatschen, das von Füßen erzeugt wur<strong>de</strong>, die über<br />

die sumpfige Er<strong>de</strong> liefen. Schockiert hielt er <strong>de</strong>n Atem an, doch dann bahnte sich eine verheeren<strong>de</strong> I<strong>de</strong>e ihren Weg in<br />

seinen Geist.<br />

Wie hatte er nur erwarten können, daß sie hier unten sicher wären? Das Mädchen war schließlich nicht zur<br />

Oberfläche gelaufen, son<strong>de</strong>rn nach unten! Er hätte damit rechnen müssen, daß sie früher o<strong>de</strong>r später auf Fein<strong>de</strong> treffen<br />

wür<strong>de</strong>n!<br />

Ein überraschtes Zischen ertönte von irgendwo oberhalb <strong>de</strong>s Dampfes, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Zwerg umwogte. Es war hoch und<br />

schrill, und Elan<strong>de</strong>r wußte, daß es sich um einen Weißen han<strong>de</strong>lte, <strong>de</strong>r sie ent<strong>de</strong>ckt hatte.<br />

„Du!“ fauchte <strong>de</strong>r Hochgewachsene und funkelte die Jurakai an, die ihm gegenüberstand. Talamà brach innerlich<br />

beinahe zusammen. Diese Stimme... sie war ihr so verhaßt, daß sie am liebsten sofort auf die Gestalt losgegangen<br />

wäre, die sich in greifbarer Nähe befand.<br />

„Chataih! Ich hätte nicht gedacht, daß wir uns noch einmal begegnen.“ Talamà richtete sich zu ihrer vollen Größe<br />

auf, um <strong>de</strong>m abstoßen<strong>de</strong>n Wesen zu zeigen, daß sie keine Angst vor ihm hatte. Ihre Augen hielt sie geschlossen.<br />

„Traust du dich nicht, mich anzusehen? Bist du so voller Furcht, daß du nicht einmal mehr <strong>de</strong>n Mut aufbringst, mir in<br />

die Augen zu sehen, so kurz vor <strong>de</strong>inem Tod?“ Höhnische Überlegenheit erklang aus <strong>de</strong>r Stimme Chataihs, als er auf<br />

die Jurakai zutrat. Talamà ermahnte sich, noch nicht einzugreifen. Wenn sie jetzt etwas unüberlegtes tat, wür<strong>de</strong> sie die<br />

nächsten Sekun<strong>de</strong>n nicht überleben. Aber wenn sie ihn nur für ein paar Sekun<strong>de</strong>n hinhalten konnte, nur für ein paar<br />

Sekun<strong>de</strong>n... vielleicht fiel ihr dann etwas ein, eine verzweifelte Möglichkeit, diesem Scheusal zu entrinnen.<br />

Vollmond erleuchtete die weiten Ebenen <strong>de</strong>s Hochlands, ließ <strong>de</strong>n Schnee in einem unheimlichen, strahlen<strong>de</strong>n Weiß<br />

glänzen. Die ruhigen Hügel füllten sich mit Lärm und Geräuschen, und dann strömte eine kleine Schar von Shat’lan<br />

über die Kuppe eines Hügels.<br />

„Bleibt stehen“ schrie <strong>de</strong>r Anführer <strong>de</strong>r Gruppe, ein Mann namens Maraquas. Er zügelte sein schwarzes Roß, das wie<br />

ein Fleck im hellen Schnee wirkte, und neben ihm hielt Jel’ari. Die bei<strong>de</strong>n warteten, bis sich die gesamte Schar im<br />

kleinen Tal gesammelt hatte und weiteren Befehlen lauschte.<br />

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