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Michèle M.: «Meine Kinder geben mir Kraft» Seite 4 ... - Fragile Suisse

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eiten. Plötzlich bricht sie zusammen. Ein<br />

Hirnschlag. Sie ist an diesem Tag mit ihren<br />

beiden <strong>Kinder</strong>n, dem damals sechsjährigen<br />

Tamatea und der vierjährigen Taimana,<br />

allein im Haus. Für die <strong>Kinder</strong> ist der<br />

Zusammenbruch der Mutter ein Schock,<br />

doch Tamatea reagiert und holt Hilfe bei<br />

der Nachbarin. Diese verständigt schliesslich<br />

den Notruf. Die Sanität bringt sie ins<br />

Krankenhaus, ein Helikopter fliegt sie später<br />

ins Universitätsspital. Als <strong>Michèle</strong> M.<br />

aufwacht, kann sie nicht mehr sprechen<br />

und ist halbseitig gelähmt.<br />

Das Leben vor dem Hirnschlag<br />

Der Hirnschlag markiert für die heute<br />

42-Jährige eine Trennung zwischen zwei<br />

Leben: «Mein Leben heute und mein Leben<br />

davor sind ganz unterschiedlich.» Die<br />

gelernte Kosmetikerin war an Sprachen<br />

interessiert, verständigte sich fliessend<br />

auf Englisch und Französisch und reiste<br />

um die Welt; am liebsten nach Neuseeland.<br />

«Ich hab viel gearbeitet, zuerst<br />

als Kosmetikerin, später in der Bank. Sogar<br />

in Frankreich hatte ich eine Stelle», erzählt<br />

sie. Sie lernte ihren Mann kennen,<br />

der von den neuseeländischen Maori abstammt.<br />

Die beiden heirateten und sie bekamen<br />

zwei <strong>Kinder</strong>, Tamatea und Taimana.<br />

«Die Namen sind von den Maori und ich<br />

habe sie ausgewählt», sagt sie stolz. In der<br />

Ehe aber begann es zu kriseln und im Jahr<br />

2008 trennte sich das Paar. «Das war fünf<br />

Monate vor meinem Hirnschlag.»<br />

Seit ihrem Hirnschlag sieht <strong>Michèle</strong> M. ihre <strong>Kinder</strong> Taimana (links) und Tamatea nur noch jedes<br />

zweite Wochenende.<br />

«Ich möchte wieder allein für meine<br />

<strong>Kinder</strong> sorgen»<br />

Text: Dominique Marty, Foto: Reto Schlatter<br />

In ihrem Haus im Zürcher Oberland erleidet <strong>Michèle</strong> M. im September 2008 einen<br />

Hirnschlag. Reglos bleibt sie liegen, bis ihr sechsjähriger Sohn die Nachbarin zu Hilfe<br />

holt. Als sie im Spital aufwacht, ist sie einseitig gelähmt und hat ihre Sprache verloren.<br />

Stark eingeschränkt im Reden bewältigt die 42-Jährige ihren Alltag heute dank<br />

FRAGILE <strong>Suisse</strong> wieder eigenständig – und arbeitet täglich auf ihr Ziel hin: sich wieder<br />

allein um ihre <strong>Kinder</strong> zu kümmern.<br />

«Ich lag am Boden und hörte, wie meine<br />

<strong>Kinder</strong> weinten, doch ich konnte mich<br />

nicht rühren», erinnert sich <strong>Michèle</strong> M. an<br />

den Tag, der ihr Leben von Grund auf veränderte.<br />

Mit starken Kopfschmerzen, wie<br />

sie diese schon mehrere Tage lang empfindet,<br />

verrichtet die damals 38-jährige<br />

Mutter am 2. September 2008 Hausar-<br />

Deutsch von Grund auf neu gelernt<br />

Der Schlaganfall der Mutter pflügt das<br />

Familienleben nochmals um. Die <strong>Kinder</strong><br />

wohnen beim Vater, während <strong>Michèle</strong> M.<br />

im Spital liegt. Anschliessend verbringt sie<br />

fünf Monate in der Rehabilitationsklinik,<br />

wo sie Ergo-, Physio- sowie Logopädietherapien<br />

besucht. Von Grund auf musste<br />

sie die deutsche Sprache wieder lernen.<br />

Stockend berichtet sie von den Ereignissen,<br />

von den Therapien und auch davon,<br />

wie sie täglich früh aufsteht, um Sprachund<br />

Gehübungen zu machen. Noch heute<br />

ist sie im Sprechen stark eingeschränkt. Sie<br />

sucht nach Begriffen, reiht tastend Wörter<br />

zu Sätzen zusammen. Manchmal gelingen<br />

ihr nur Satzfragmente, andere Sätze<br />

aber formuliert sie klar. «Ich will das alles<br />

wieder können und wieder für meine <strong>Kinder</strong><br />

sorgen», sagt sie bestimmt. Sie kämpft<br />

mit den Tränen, wenn sie von ihrem Hirnschlag<br />

spricht. «Nicht immer fällt es <strong>mir</strong><br />

leicht, mein Schicksal zu akzeptieren.»<br />

Erste Rückkehr nach Hause misslingt<br />

Als sie aus der Rehabilitationsklinik nach<br />

Hause zurückkehrt, ziehen die <strong>Kinder</strong> wieder<br />

zu ihr, in ihr Elternhaus. Die Eltern sind<br />

schon länger verstorben. Unterstützt durch<br />

ein <strong>Kinder</strong>mädchen will sie wieder für ihren<br />

Sohn und ihre Tochter sorgen. «Doch<br />

das ging nicht gut. Das <strong>Kinder</strong>mädchen war<br />

4<br />

FRAGILE <strong>Suisse</strong> 04 | 2012

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