23.11.2013 Aufrufe

Michèle M.: «Meine Kinder geben mir Kraft» Seite 4 ... - Fragile Suisse

Michèle M.: «Meine Kinder geben mir Kraft» Seite 4 ... - Fragile Suisse

Michèle M.: «Meine Kinder geben mir Kraft» Seite 4 ... - Fragile Suisse

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

frech zu <strong>mir</strong> und ich konnte mich kaum<br />

wehren», erinnert sie sich. Der Wortgewalt<br />

der <strong>Kinder</strong>betreuerin ist sie irgendwann<br />

nicht mehr gewachsen. Die Situation eskaliert<br />

und <strong>Michèle</strong> M. muss vorübergehend<br />

in eine Wohngruppe ziehen. Die <strong>Kinder</strong><br />

kehren derweil zum Vater zurück.<br />

Die Wohnbegleiterin von FRAGILE<br />

<strong>Suisse</strong> als Übersetzerin<br />

Als <strong>Michèle</strong> M. wieder in eine eigene<br />

Wohnung zieht, bekommt sie durch eine<br />

Wohnbegleiterin von FRAGILE <strong>Suisse</strong> Unterstützung.<br />

Die <strong>Kinder</strong> aber bleiben beim<br />

Vater und besuchen ihre Mutter jedes<br />

zweite Wochenende. Die Wohnbegleiterin<br />

Susanne Fankhauser hilft ihr bei administrativen<br />

Fragen, übernimmt organisatorische<br />

Aufgaben rund um die<br />

<strong>Kinder</strong>betreuung und begleitet sie zu Terminen<br />

bei Behörden, Schulen oder Banken.<br />

«Sie kann das zwar sehr gut selbst,<br />

doch manchmal braucht es mich als eine<br />

Art Übersetzerin wegen ihrer Sprechbeeinträchtigung»,<br />

erklärt Susanne Fankhauser.<br />

Auch den Kontakt zur Beiständin<br />

der <strong>Kinder</strong> pflegt die Wohnbegleiterin.<br />

« Nicht immer fällt es<br />

<strong>mir</strong> leicht,<br />

mein Schicksal zu<br />

akzeptieren»<br />

Die Therapien und die Übungen, die<br />

<strong>Michèle</strong> M. regelmässig und diszipliniert<br />

absolviert, prägen ihren Alltag. Daneben<br />

besucht sie Treffen für Menschen<br />

mit Hirnverletzungen sowie Malkurse von<br />

FRAGILE Zürich. «Das Malen habe ich nach<br />

dem Hirnschlag neu für mich entdeckt. Es<br />

ist <strong>mir</strong> sehr wichtig.» Gerne setzt sie sich<br />

mit ihrer Tochter an den Tisch und malt<br />

mit ihr. «Ihr macht das grossen Spass und<br />

das bedeutet <strong>mir</strong> viel.» Auch Freunde sieht<br />

sie ab und zu auf einen Kaffee. «Doch viele<br />

Freundschaften sind nach dem Hirnschlag<br />

in die Brüche gegangen», fügt sie<br />

an. Vielen hätte die Geduld gefehlt, sich<br />

mit einer Frau zu unterhalten, die beim<br />

Formulieren Mühe hat.<br />

Schwierige Mutterrolle<br />

Wenn die achtjährige Taimana und der<br />

zehnjährige Tamatea ihre Mutter besuchen,<br />

ist stets eine Familienbegleiterin zugegen,<br />

denn ganz allein kann <strong>Michèle</strong> M.<br />

die Betreuung ihrer <strong>Kinder</strong> nicht übernehmen.<br />

Die <strong>Kinder</strong> haben sich an die neue<br />

Situation gewöhnt. Taimana geht selbstverständlich<br />

mit der Behinderung ihrer<br />

Mutter um und redet unbefangen darüber.<br />

«Tamatea hingegen spricht nicht über<br />

den Hirnschlag, er hat sich danach auch<br />

eher zurückgezogen», erzählt <strong>Michèle</strong> M.,<br />

«und doch ist er gerne hier.»<br />

Ihre Mutterrolle trotz ihrer Beeinträchtigungen<br />

auszuüben, ist für sie nicht leicht.<br />

«Ich möchte meine <strong>Kinder</strong> viel häufiger sehen»,<br />

sagt sie, doch weil sie auf Hilfe angewiesen<br />

ist, lässt sich das nicht einfach<br />

so umsetzen. «Das ist für mich schwer zu<br />

akzeptieren», fügt <strong>Michèle</strong> M. an, «meine<br />

<strong>Kinder</strong> sind mein Stolz, sie sind das<br />

Wichtigste für mich.» Sie nicht mehr wiedersehen<br />

zu können oder als ihre Mutter<br />

nicht ernst genommen zu werden, sei<br />

ihre grösste Angst. Doch die Zeit mit den<br />

<strong>Kinder</strong>n geniesse sie – und während der<br />

Schulferien sind sie auch mal länger bei<br />

ihrer Mutter. Dass sie irgendwann immer<br />

bei ihr wohnen können, ist <strong>Michèle</strong> M.s<br />

grösster Traum. Und einen weiteren Traum<br />

hat sie sich bewahrt: «Irgendwann möchte<br />

ich wieder nach Australien und Neuseeland<br />

reisen können, am liebsten zusammen<br />

mit meinen <strong>Kinder</strong>n.»<br />

<strong>Michèle</strong> M. will selbstständig leben und<br />

erledigt ihre Einkäufe stets alleine.<br />

Im Spiel «Das verrückte Labyrinth» sind<br />

<strong>Michèle</strong> M.s <strong>Kinder</strong> unschlagbar.<br />

Begleitetes Wohnen<br />

Mit dem Begleiteten Wohnen schliesst FRAGILE <strong>Suisse</strong> eine Lücke zwischen ambulanter<br />

und stationärer Betreuung für Menschen mit Hirnverletzung, die alleine in<br />

einer eigenen Wohnung leben wollen. Eine Fachperson begleitet eine betroffene<br />

Person während einer begrenzten Zeit im Alltag. Die Wohnbegleiterinnen sind<br />

Fachleute aus den Bereichen Sozialarbeit, Sozialpädagogik oder Neurorehabilitation,<br />

die für ihre Aufgaben im Umgang mit Betroffenen speziell ausgebildet werden. Sie<br />

helfen Betroffenen, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen.<br />

www.fragile.ch<br />

imhof@fragile.ch<br />

Das Malen hat <strong>Michèle</strong> M. seit ihrem<br />

Hirnschlag neu entdeckt.<br />

FRAGILE <strong>Suisse</strong> 04 | 2012 5

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!