Ausgabe herunterladen - Die Wirtschaft - Neue Osnabrücker Zeitung
Ausgabe herunterladen - Die Wirtschaft - Neue Osnabrücker Zeitung
Ausgabe herunterladen - Die Wirtschaft - Neue Osnabrücker Zeitung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DONNERSTAG,19. DEZEMBER 2013<br />
MACHER &<br />
MÄRKTE 2<br />
Fortsetzung von Seite 1<br />
Oft sehen sich die Strategen der<br />
Stromriesen RWE, Eon, Vattenfall<br />
und EnBW mit dem Vorwurf konfrontiert,<br />
sie hätten die Energiewende<br />
verschlafen. RWE-Manager<br />
Hartung hält dagegen: Bis Ende<br />
2013 habe RWE rund sechs Milliarden<br />
Euro inerneuerbare Energien<br />
investiert und betreibe inzwischen<br />
europaweit über 2800 Megawatt<br />
auf Basis von Windkraft,<br />
Biomasse, Wasserkraft und neuen<br />
Technologien. „In Deutschland<br />
sind wir der größte Onshore-<br />
Windkraftbetreiber unter den<br />
deutschen Energieversorgern.“<br />
Wie imGroßen, so im Kleinen:<br />
In einem Kindergarten in Haren<br />
an der Ems erprobt RWE seit Anfang<br />
Dezember die zentrale Steuerung<br />
aller Energieflüsse im Gebäude<br />
und die Kommunikation des<br />
Hauses mit dem lokalen Stromnetz.<br />
Ziel des Modellprojekts: eine<br />
flexiblere Nutzung des unsteten<br />
Stroms aus Wind und Sonne.<br />
Doch Innovation und Investitionen<br />
in Erneuerbare gleichen die<br />
enormen Belastungen aus der<br />
konventionellen Stromerzeugung<br />
bei Weitem nicht aus.<br />
Altlasten plagen auch den Oldenburger<br />
Energieversorger EWE,<br />
der mit seiner Telefonie-Tochter<br />
Osnatel auch in Osnabrück vertreten<br />
ist. <strong>Die</strong> Zeiten, in denen die<br />
Kohle- und Gaskraftwerke der<br />
EWE-Tochter SWB (ehemals Stadtwerke<br />
Bremen AG) „Strich“ fuhren,<br />
also ausgelastet waren, sind<br />
vorüber. EWE mottet demnächst<br />
mehrere konventionelle Kraftwerke<br />
ein –400 seiner 1000 Megawatt<br />
Energiewirtschaft aufAbruf? <strong>Die</strong> RWE-Gaskraftwerke in Lingen –vorndas neue Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk,hinten dasältere, 1974 in Betriebgenommene Modell.<br />
Produktionskapazität gehen indie<br />
sogenannte Kaltreserve.<br />
Dennoch wird der Konzern im<br />
zweiten Halbjahr 2014 gemeinsam<br />
mit Partnern ein modernes GuD-<br />
Kraftwerk inBetrieb nehmen, dessen<br />
Bau im Jahre 2009 beschlossen<br />
wurde –die heutigen Ausmaße<br />
des EEG-Effekts waren für die<br />
EWE-Spitze da vermutlich noch<br />
nicht absehbar. Thorsten Köhne,<br />
im EWE-Vorstand für die Stromerzeugung<br />
zuständig, räumt ein:<br />
„Das Kraftwerk produziert zu Kosten,<br />
die derzeit keinen wirtschaftlichen<br />
Betrieb am Großhandelsmarkt<br />
gestatten.“ Immerhin –<br />
Glück im Unglück –hat die Anlage<br />
einen Kunden, der Strom zum<br />
Fixpreis bezieht: 50Prozent ihrer<br />
Kapazität, die EWE gehören, sollen<br />
in die Oberleitungen der Deutschen<br />
Bahn (DB) fließen.<br />
Dennoch sei klar, soKöhne: „Im<br />
Moment ist die konventionelle Erzeugung<br />
ein schlechtes Geschäft.“<br />
Bei EWE, deren Kerngeschäft<br />
nicht die Erzeugung, sondern der<br />
Handel mit Energie ist, hofft man<br />
dennoch auf schwarze Zahlen im<br />
Jahresergebnis – und darauf, mit<br />
Investitionen wie dem Offshore-<br />
Windpark Riffgat vor der Nordseeinsel<br />
Borkum möglichst bald Geld<br />
zu verdienen.<br />
Im Jahre 2009, als EWE mit<br />
dem Kauf der Bremer SWB in die<br />
Stromerzeugung einstieg, war die<br />
Welt der großen Stromversorger<br />
noch inOrdnung. „Früher war es<br />
für einen Energiehändler von Vorteil,<br />
in die Erzeugung zugehen“,<br />
sagt Köhne. „Heute ist es von<br />
Nachteil. <strong>Die</strong> politischen Rahmenbedingungen<br />
für die Energiewirtschaft<br />
sind aus den Fugen geraten.“<br />
Konnte der erfahrene Energiemanager<br />
Jürgen Großmann das<br />
Unheil für RWE in dessen ganzer<br />
Dimension seinerzeit nahen sehen?<br />
Vielleicht. Denn zeigten sich<br />
die RWE-Spitze und die politische<br />
„Onshore sind<br />
wir der größte<br />
deutsche<br />
Betreiber von<br />
Windkraft im<br />
Land.“<br />
MatthiasHartung,<br />
Vorstandschef vonRWE<br />
Generationund RWEPower<br />
Prominenz zur Zeit des Betriebsstarts<br />
des neuen GuD-Kraftwerks<br />
Lingen noch gewiss, den Industrie-<br />
und Energie-Standort imEmsland<br />
zukunftsorientiert aufgestellt<br />
zu haben, waren schon wenige<br />
Monate später, im September<br />
2012, Misstöne zuvernehmen. <strong>Die</strong><br />
wechselnden Anforderungen des<br />
Industriemarktes trieben erste<br />
Sorgenfalten indie Gesichter von<br />
Jürgen Haag, dem Leiter des<br />
RWE-Kernkraftwerks, und seinem<br />
für die RWE-Gaskraftwerke zuständigen<br />
Kollegen Jürgen Wüllenweber.<br />
Während sich Haag mit<br />
den Folgen des Atom-Ausstiegsbeschlusses<br />
der Bundesregierung befassen<br />
musste, sah Wüllenweber<br />
den Vormarsch der regenerativen<br />
Energien kommen. „Wir haben<br />
seit Beginn des Jahres eine Zeitauslastung<br />
von nur 24 Prozent in<br />
der GuD-Anlage und nur etwa<br />
zehn Prozent bei den erst kürzlich<br />
modernisierten Kombiblöcken“,<br />
beschrieb Wüllenweber die damalige<br />
Situation.<br />
Und nun? Das Erdgaskraftwerk<br />
in Lingen drosselt 2014 seine Leistungsfähigkeit<br />
erheblich. <strong>Die</strong> beiden<br />
Blöcke Bund Cwerden eingemottet.<br />
Damit verbunden ist ein<br />
Abbau von Arbeitsplätzen: Das<br />
Personal amErdgasstandort wird<br />
von aktuell knapp 90auf etwa 60<br />
bis 2015 reduziert. <strong>Die</strong> sogenannten<br />
Dampfteile der Blöcke Bund C<br />
werden zwischen April und September<br />
konserviert. Sie stünden<br />
dem Strom-Markt in dieser Zeit<br />
nicht zur Verfügung, erläutert<br />
Wüllenweber. Im Herbst sollen sie<br />
dann wieder zum Einsatz kommen.<br />
Weiter einspeisen können<br />
sollen die jeweils zwei Gasturbinen,<br />
die den Dampferzeugern in<br />
den Blöcken Bund Cvorgeschaltet<br />
sind.<br />
Das Bild in Lingen deckt sich<br />
mit dem an Energie-Standorten<br />
im ganzen Land und darüber hinaus.<br />
Reihenweise wollen Stromversorger<br />
Medienberichten zufolge<br />
Gas- und Kohlekraftwerke herunterfahren:<br />
RWE in Gersteinwerk<br />
und Weisweiler in Nordrhein-<br />
Foto:HelmutKramer<br />
Westfalen sowie in Geertruidenberg<br />
und Moerdijk inden Niederlanden.<br />
Eon mindestens an drei<br />
Standorten inHessen und Bayern.<br />
Industrieunternehmen sorgen sich<br />
bereits um die Sicherheit ihrer<br />
Stromversorgung.<br />
Was wird aus dem Energiestandort<br />
Lingen, wenn zwei von<br />
drei Gasblöcken kaltgestellt werden<br />
und das Kernkraftwerk nur<br />
noch bis 2022 am Netz ist? Mit<br />
dieser Frage beschäftigt sich seit<br />
etwa einem Jahr die Stadtverwaltung.<br />
Unterstützt vom niedersächsischen<br />
Umwelt- und <strong>Wirtschaft</strong>sministerium,<br />
erarbeitet sie eine<br />
Machbarkeitsstudie zur Energiespeicherung<br />
in Lingen. Dort gibt<br />
es die Infrastruktur eines innaher<br />
Zukunft wahrscheinlich abgeschalteten<br />
Kernkraftwerkes, moderne<br />
Erdgaskraftwerke und<br />
Hochspannungsgleichstromleitungen.<br />
Angesichts dessen prüft die<br />
Stadt, inwieweit es möglich wäre,<br />
die Windenergie des Nordens –<br />
insbesondere aus den Offshore-<br />
Windparks – mit geeigneter Technologie<br />
in Lingen zuspeichern.<br />
Allerdings hat die Entwicklung<br />
und Verbreitung effizienter, finanzierbarer<br />
Speichertechnologien<br />
noch einen weiten Weg vor sich<br />
(siehe Seite 6). Und auch Energiemanager<br />
machen keinen Hehl daraus,<br />
dass sie –insbesondere mit<br />
Blick auf die anstehende Novelle<br />
des Erneuerbare-Energien-Gesetzes<br />
– nicht genau wissen, wohin<br />
ihre Branche steuert: „<strong>Die</strong> Zukunft<br />
ist momentan in der Kristallkugel“,<br />
sagt EWE-Vorstandsmitglied<br />
Thorsten Köhne.<br />
AUTOKRANE-ARBEITSBÜHNEN-SCHWERTRANSPORTE<br />
www.autokrane-gertzen.de<br />
26892 Kluse-Ahlen ·Tel. 04963/9 11 80<br />
49811 Lingen-Ems ·Tel. 05 91/71 00 99-0<br />
SCC<br />
Arbeitssicherheit SCC<br />
Wir sind zertifiziert<br />
Regelmäßige freiwillige Überwachung<br />
Da schien dieWeltnochinOrdnung: JürgenGroßmann(l.)und sein Nachfolgerander RWE-Spitze,PeterTerium, währendder Bilanzpressekonferenzdes<br />
EnergiekonzernsinEssenimMärz2012.<br />
Foto: dpa