Volltext - ub-dok - Universität Trier
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Kapitel 2: Selektive Aufmerksamkeit für relevante Inhalte 13<br />
Vergleich zur ungerichteten Suche wird das kognitive System auf die Aufgabenanforderungen<br />
eingestellt, die Zurückweisung der Distraktoren ist effizienter und möglicherweise ist auch die<br />
kognitive Resonanz für den Zielreiz höher. Ein ähnlich gelagerter „Top-Down“-Einfluß der<br />
Suchinstruktion auf die kognitive Verarbeitung in der visuellen Suchaufgabe konnte auch von<br />
Jonides und Gleitman (1972) nachgewiesen werden. Sie konnten zeigen, daß die Ziffer „0“ in<br />
einer Menge von Buchstabendistraktoren leichter entdeckt wurde als der Buchstabe „O“, obwohl<br />
unter beiden Bedingungen dasselbe visuelle Symbol als Zielreiz dargeboten wurde.<br />
Neuere Untersuchungen auf dem Gebiet der selektiven visuellen Aufmerksamkeit scheinen<br />
allerdings eher die Grenzen einer aufgaben- und erwartungsgesteuerten Aufmerksamkeitsausrichtung<br />
zu demonstrieren. So führen Distraktoren, die sich aufgrund einer bestimmten<br />
Merkmalsausprägung von allen anderen Elementen des Displays abheben (sogenannte<br />
„singleton“-Distraktoren), auch dann zu einer automatischen Ablenkung und Bindung der<br />
visuellen Aufmerksamkeit - und damit zu einer verzögerten Identifikation des Zielreizes -<br />
wenn das Merkmal, aufgrund dessen sie aus dem Display hervorstechen, gar nicht der<br />
gesuchten Merkmalsdimension entspricht (ein einzelner roter Kreis in einer Menge sonst<br />
grüner Stimuli produziert auch dann starke Interferenz, wenn der Zielreiz ein Dreieck ist;<br />
Theeuwes, 1991, 1992, 1996). Dieser Effekt ließ sich selbst dann nicht vollständig ausschalten,<br />
wenn die Position dieser sogenannten „singleton“-Distraktoren durch vorangehende<br />
Hinweisreize angezeigt wird (Folk & Remington, 1996). Das Auftreten dieser<br />
Distraktionseffekte wurde dahingehend interpretiert, daß bei hochsalienten Reizen eine<br />
Allokation der visuellen Aufmerksamkeit erfolgt, die sich einer Top-Down-Kontrolle<br />
weitgehend entzieht. Anschlußuntersuchungen von W. F. Bacon und Egeth (1994; vgl.<br />
auch Folk, Remington & J. C. Johnston, 1992) zeigen aber, daß die Interferenzeffekte<br />
dimensionsirrelevanter Einzeldistraktoren selbst auf eine strategische Suche nach „popout“-Stimuli<br />
zurückgeht, die - vielleicht wegen der vergleichsweise geringen Anstrengung<br />
- offenbar auch trotz hoher Leistungskosten häufig benutzt wird. Wird diese Strategie<br />
unterbunden, indem mehrere Zielreize gleichzeitig dargeboten werden, die daher mit einer<br />
„pop-out“-Heuristik nicht mehr zu entdecken sind, finden sich auch die von Theeuwes<br />
berichteten Interferenzeffekte irrelevanter Distraktoren nicht mehr.<br />
Weitere Hinweise auf eine aufgabenbezogene Einstellung der Informationsverarbeitung zeigen<br />
sich auch bei der Suche nach Zielreizen, die über eine Konjunktion von zwei Merkmalen definiert<br />
sind. Unter normalen Umständen erfolgt die Suche nach solchen konjunktiv definierten Stimuli<br />
seriell und selbst-terminierend, d.h., die Elemente des Displays werden einzeln und nacheinander<br />
daraufhin untersucht, ob sie beide Merkmale enthalten, bis der Zielreiz identifiziert ist oder alle<br />
Elemente des Displays untersucht wurden (Treisman & Gelade, 1980). Allerdings wird die<br />
Reihenfolge, mit der die einzelnen Stimuli auf das Vorliegen der Konjunktion untersucht werden,<br />
auch davon bestimmt, ob die Elemente überhaupt eins der beiden gesuchten Merkmale enthalten<br />
- offenbar werden Elemente, die keins der gesuchten Merkmale enthalten, mit geringerer Wahr-