Volltext - ub-dok - Universität Trier
Volltext - ub-dok - Universität Trier
Volltext - ub-dok - Universität Trier
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Kapitel 3: Reaktante Persistenz und Rumination 33<br />
6<br />
Stimmungen besitzen darüber hinaus aufgrund von kognitiven Kongruenzmechanismen eine<br />
selbstperpetuierende Tendenz. In einer einflußreichen Serie von Experimenten konnten Bower<br />
und Mitarbeiter (Bower, 1981; Bower, Gilligan & Monteiro, 1978; Bower, Monteiro & Gilligan,<br />
1981) Stimmungskongruenzeffekte für den Abruf und die Enkodierung von Informationen<br />
nachweisen. Auch in Untersuchungen von Derryberry (1989, 1993) finden sich Hinweise auf eine<br />
beschleunigte Verarbeitung von valenten Informationen nach valenzkongruenter Rückmeldung.<br />
Diese Tendenz zur bevorzugten Verarbeitung stimmungskongruenter Informationen trägt<br />
ebenfalls zu einer Abschirmung bestehender Zielbindungen nach Mißerfolg bei, da der dabei<br />
entstehende negative Affekt die Aufnahme und Verarbeitung von Inhalten, die mit positiv<br />
konnotierten alternativen Anreizen in Zusammenhang stehen, erschwert.<br />
Weitere ungünstige oder hemmende Auswirkungen negativer Stimmung auf die Übernahme<br />
neuer Zielbindungen werden von Schwarz und Bohner (1996) vor dem Hintergrund des<br />
„Stimmung-als-Information“-Modells (Schwarz & Clore, 1988) diskutiert. Nach diesem Ansatz<br />
wird die aktuelle Stimmung häufig als Informationsquelle in die Urteilsbildung einbezogen. Eine<br />
negative Stimmung färbt auf diesem Wege auch die Einschätzung des Wertes möglicher Zielanreize<br />
und der Angenehmheit möglicher Tätigkeiten negativ ein (L. L. Martin, Ward, Achée &<br />
Wyer, 1993); sie geht mit einer erhöhten Risikowahrnehmung (E. J. Johnson & Tversky, 1983)<br />
und Abwertung der im Zuge einer bisher dominierenden implementativen Bewußtseinslage<br />
möglicherweise überschätzten Kontrollmöglichkeiten einher (Alloy & Abramson, 1979; J. D.<br />
Brown & Mankowski, 1993; Kavanagh & Bower, 1985; S. E. Taylor & J. D. Brown, 1988; S.<br />
E. Taylor & Gollwitzer, 1995). Außerdem führt negative Stimmung zu einer Erhöhung der<br />
Standards, die erreicht werden müssen, um die eigene Leistung als zufriedenstellend zu empfinden<br />
(Cervone, Kopp, Schauman & Scott, 1994; L. L. Martin, Ward et al., 1993). Diese Nebeneffekte<br />
negativer Stimmung reduzieren also die Chance, daß ein neues Ziel attraktiv genug<br />
erscheint, um die kritische Schwelle zur Übernahme einer Zielbindung zu passieren, und tragen<br />
auf diese Weise indirekt dazu bei, daß aktuelle Handlungsvorhaben auch nach Mißerfolg gegen<br />
alternative Anreize abgeschirmt werden.<br />
6<br />
Die empirischen Belege für die angeführten Kongruenzmechanismen fallen insbesondere im Bereich des<br />
negativen Affekts eher gemischt aus (vgl. etwa Blaney, 1986). Die schwache empirische Evidenz für Kongruenzeffekte<br />
bei negativer Stimmung widerlegen aber nicht die Allgemeinheit der postulierten Kongruenzmechanismen; sie weisen<br />
allerdings darauf hin, daß im Bereich der negativen Stimmung möglicherweise zusätzlich auch gegensteuernde<br />
Mechanismen oder Strategien in Richtung auf eine positive Stimmungsveränderung wirksam werden (eine ausführliche<br />
Diskussion affektiver Inkongruenzmechanismen unter negativer Stimmung findet sich im Abschnitt 4.2.2.3).