Volltext - ub-dok - Universität Trier
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Kapitel 2: Selektive Aufmerksamkeit für relevante Inhalte 15<br />
bei der nächsten Gelegenheit bei einer bestimmten Person über eine von ihr erfahrene unfreundliche<br />
Behandlung zu beschweren, daß negative Adjektive nach s<strong>ub</strong>liminalem Priming mit dem Bild<br />
dieser Person schneller benannt wurden.<br />
Das Konzept der aufgabenbedingten kognitiven Einstellung wurde von H. Heckhausen (1989;<br />
vgl. auch Gollwitzer, 1991, 1996a; H. Heckhausen & Gollwitzer 1987) auch im Rahmen eines<br />
Phasenmodells zielgerichteten Handelns, des sogenannten „R<strong>ub</strong>ikon“-Modells, angewandt.<br />
Gollwitzer (1991) benutzt in diesem Zusammenhang den Begriff der Bewußtseinslage (engl.<br />
„mindset“), der ebenfalls in der Würzburger Schule geprägt wurde (vgl. Marbe, 1901, 1915;<br />
Mayer & Orth, 1901; Orth, 1903) - allerdings mit deutlich anderer Bedeutung. Während in einer<br />
prädezisionalen oder deliberativen Phase des Abwägens die „Aufgabe“ besteht, eine möglichst<br />
weitsichtige Entscheidung über das zu verfolgende Ziel zu fällen, geht es in der darauffolgenden<br />
postdezisionalen oder implementativen Phase darum, das gesetzte Ziel durch konkretes Verhalten<br />
zu erreichen. Gollwitzer (1991) konnte nachweisen, daß die jeweiligen Phasen mit einer<br />
kognitiven Einstellung einhergehen, die für die jeweils anstehende „Aufgabe“ funktionalen<br />
Charakter hat. In der postdezisionalen Phase findet sich beispielsweise eine Verengung des<br />
visuellen Aufmerksamkeitsfokus, die sich in verringerten Interferenzeffekten peripher dargebotener<br />
Störreize auf die Bearbeitung einer Primäraufgabe zeigt (Gollwitzer, 1991), und eine<br />
geringere Kurzzeitgedächtnisspanne (H. Heckhausen und Gollwitzer, 1987). Gollwitzer argumentiert,<br />
daß eine verstärkte Fokussierung der Aufmerksamkeit im allgemeinen funktional für die<br />
aktive Umsetzung eines gegebenen Ziels ist, da auf diese Weise eine Ablenkung durch zielfremde<br />
Reize unterbunden wird. In der Abwägephase ist dagegen gerade ein weiter Aufmerksamkeitsfokus<br />
von Vorteil; durch eine allgemein erhöhte Sensitivität für beliebige Inhalte wird gewährleistet,<br />
daß für die Zielfestlegung wichtige Gesichtspunkte nicht übersehen werden<br />
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Die berichteten Bewußtseinslageneffekte, die die Breite des Aufmerksamkeitsfokus und die inhaltliche<br />
Offenheit der Informationsverarbeitung betreffen, zeigen eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zu stimmungsbezogenen<br />
Effekten: Die für die deliberative Bewußtseinslage gefundenen Einstellungen korrespondieren den Effekten positiver<br />
Stimmung, während die implementative Bewußtseinslage mit kognitiven Einstellungen einhergeht, die bei negativem<br />
Affekt beobachtet wurden (vgl. Abschnitt 3.1; direkte affektive Einflüsse auf die Breite der Aufmerksamkeit konnten<br />
etwa von Brandt, Derryberry und Reed, 1992, und Derryberry, 1993, nachgewiesen werden; einen Überblick über<br />
Zusammenhänge von positiver und negativer Stimmung mit verschiedenen Parametern der Informationsverarbeitung<br />
geben Bohner, Moskowitz und Chaiken, 1995; Fiedler, 1988; Hassebrauck, 1993; Schwarz & Bless, 1991). Die von<br />
Gollwitzer (1991) bzw. H. Heckhausen und Gollwitzer (1987) berichteten Effekte der Bewußtseinslagen sind also<br />
möglicherweise durch Stimmungseinflüsse vermittelt; vielleicht gehen die beobachteten Effekte sogar unmittelbar auf<br />
Stimmungsunterschiede zurück, die mit den in den Untersuchungen gewählten Techniken zur Induktion deliberativer<br />
und implementativer Bewußtseinslagen erzeugt wurden.