Volltext - ub-dok - Universität Trier
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Kapitel 1: Persistenz und Wechsel kognitiver Einstellungen 1<br />
Kapitel 1<br />
Einleitung: Persistenz und Wechsel kognitiver<br />
Einstellungen<br />
Die Planung und Ausführung komplexer Tätigkeiten erfordert häufig ein hohes Maß an gedanklicher<br />
Konzentration. In solchen Phasen der Konzentration kann die Aufmerksamkeit über einen<br />
längeren Zeitraum hinweg auf eine Aufgabe fokussiert werden; nicht aufgabenbezogene Inhalte<br />
werden überhaupt nicht mehr bewußt registriert. Mit dieser bemerkenswerten zielbezogenen<br />
Selektivität der Informationsaufnahme und -verarbeitung im Sinne eines „Relevanzprinzips“ der<br />
Informationsverarbeitung hat sich die Psychologie seit ihren Anfängen beschäftigt (James,<br />
1890/1981; Külpe, 1904).<br />
Allerdings gelingt es nicht immer, die Aufmerksamkeit bei einer bestimmten Thematik zu<br />
halten und die Zielverfolgung oder Aufgabenbearbeitung gegen irrelevante Inhalte abzuschirmen.<br />
Wer kennt nicht die Situation, wo man sich mit einem bestimmten Problem beschäftigt, sich<br />
einige Zeit später aber plötzlich dabei ertappt, daß man über einen Vorfall des vergangenen<br />
Abends, eine bevorstehende Verabredung oder über ein beliebiges anderes Thema nachdenkt,<br />
oder daß man gedankenverloren ein Musikstück mitverfolgt, das aus dem Nachbarzimmer zu<br />
hören ist? In der vorliegenden Arbeit wird argumentiert, daß ein solches unbeabsichtigtes<br />
Wandern der Aufmerksamkeit nicht als bloßes Konzentrationsversagen aufgefaßt werden sollte,<br />
sondern daß es in vielen Fällen direkter Ausdruck eines grundlegenden funktionalen Aspekts der<br />
Aufmerksamkeitssteuerung ist.<br />
Den Ausgangspunkt zu diesen Überlegungen liefern Untersuchungen mit dem Zeigarnik-<br />
Paradigma (Zeigarnik, 1927) und aus der Hilflosigkeitsforschung (Hiroto & Seligman, 1975;<br />
Kuhl, 1981). Die Ergebnisse dieser Experimente weisen darauf hin, daß zielbezogene kognitive<br />
Einstellungen auch unter Bedingungen aufrechterhalten werden, unter denen eine weitere aktive<br />
Zielverfolgung längst inadäquat geworden ist. Ein solches Perseverieren der kognitiven Fokussierung<br />
auf einmal gesetzte Ziele stellt somit eine mögliche Erklärung für Phänomene der gedanklichen<br />
Rumination über zurückliegende negative Ereignisse dar (L. L. Martin & Tesser, 1989,<br />
1996b). Neben dem unbestreitbaren Nutzen einer solchen Trägheit zielbezogener kognitiver<br />
Orientierungen für eine stabile und konsequente Zielverfolgung gibt es also auch Umstände,