Volltext - ub-dok - Universität Trier
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Kapitel 2: Selektive Aufmerksamkeit für relevante Inhalte 25<br />
für eine Erklärung negativer Primingeffekte scheidet der Mechanismus der lateralen<br />
Inhibition aus, da die Zuordnung von Ziel- und Distraktorreizen zu den einzelnen Aufgabendurchgängen<br />
in diesem Paradigma arbiträr erfolgt und somit nicht mit bereits<br />
bestehenden Hemmungsbeziehungen erklärt werden kann.<br />
Eine bloße Reduktion des Aktivationsniveaus stellt für sich genommen aber nicht das Kriterium<br />
für eine kognitive Ausblendung irrelevanter Inhalte dar. Beispielsweise haben relevante Inhalte<br />
unter Umständen trotz extrem geringer Stimulusintensität einen starken Einfluß auf kognitive<br />
Verarbeitungsprozesse (vgl. etwa Bruner, 1957). Entscheidend für eine selektive Asymmetrie in<br />
der Resonanz für relevante und irrelevante Inhalte ist der Zugang dieser Inhalte zu den<br />
Verarbeitungs- und Reaktionsmodulen des kognitiven Systems (eine analoge Argumentation<br />
wurde in Abschnitt 2.2.1 mit Bezug auf die Aktivation relevanter Inhalte geführt). Alternative<br />
Modellvorstellungen der Ausblendung irrelevanter Inhalte gehen daher von einer aktivationsunabhängigen<br />
Realisierung der Inhibition aus. Die Irrelevanzmarkierung führt hierbei nicht zu<br />
einer Deaktivation der jeweiligen Inhalte, sondern sie reguliert direkt deren Zugang zu weiteren<br />
Verarbeitungsprozessen. Analog zu der im vorangehenden Abschnitt dargestellten aktivationsunabhängigen<br />
Erleichterung des Zugangs relevanter Inhalte zu kognitiven Verarbeitungsprozessen<br />
läßt auch die kognitive „Blockierung“ irrelevanter Inhalte das primäre Aktivationsniveau der<br />
irrelevanten Inhalte unverändert. Für die Blockierungsmodelle spricht der Befund, daß unter<br />
Umständen, die ein Fortbestehen inhibitorischer Hemmungen überflüssig machen, auch für<br />
vormals dargebotene Distraktoren positive Primingeffekte nachgewiesen werden können (Lowe,<br />
1979; Moore, 1994; Tipper & Cranston, 1985). Um dieses Ergebnis zu erklären, muß angenommen<br />
werden, daß die inhibitorische Blockierung von Inhalten getrennt von der unmittelbaren<br />
Aktivation dieser Inhalte repräsentiert ist: „Thus, in summary, the internal representations of<br />
an object that are the result of perceptual processing remain activated; but the translation<br />
processes between these representations and the response are inhibited“ (Tipper & Cranston,<br />
1985, p. 606; Hervorhebungen im Original). Da hierbei das Aktivationsniveau der blockierten<br />
Inhalte erhalten bleibt, sind bei einer Aufhebung der Inhibition auch wieder Aktivationseffekte<br />
nachweisbar.<br />
Prägnante Beispiele für ein Blockierungsmodell der Ausblendung irrelevanter Inhalte stellen<br />
bereits die frühen Filtertheorien der selektiven Aufmerksamkeitsforschung dar (Broadbent, 1958;<br />
Treisman, 1960, 1964), deren Grundlogik nach wie vor den Kern vieler aktueller Ansätze in der<br />
Aufmerksamkeitsforschung ausmacht. In diesen Theorien wird durch selektive Aufmerksamkeits-