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Fallstudie Makedonien (Nr. 50) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

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14<br />

The political implication of this connection between ethnicity and power is that any ethnic<br />

group that is conscious of its uniqueness, and wishes to preserve it, is involved in a<br />

struggle for political power - either retaining the measure of political power it possesses<br />

or striving to acquire the amount of power that it deems necessary to preserve its<br />

identity as a distinct ethnic group, that is, to defeat the threats and seize the opportunities<br />

it faces. 39<br />

Die entscheidende politische Mobilisierung ethno-nationaler Gruppen findet meist über den<br />

Prozess der Nationswerdung statt. Dies gilt vor allem dann, wenn ethnische Gruppen ihr<br />

Bewusstsein vor der Entstehung eines sie einschließenden Staates entwickeln. In Südosteuropa<br />

wurde ausschließlich diese zeitliche Abfolge eingehalten: zunächst Entwicklung von<br />

ethnonationalem Bewusstsein, dann Schaffung von Nationalstaaten gegen die herrschenden<br />

Vielvölkerreiche (Habsburger Monarchie, Osmanisches Reich). So entstanden Nationen, die<br />

sich allein auf eine dominante ethnokulturelle Gruppe als staatstragendes Volk (Ethnos) beriefen.<br />

40<br />

Konzeptionell steht diesem Modell der Volks- oder Kulturnation die liberale Staatsbürgernation<br />

gegenüber, die sich vor allem auf das Bekenntnis ihrer politischen Gemeinschaft (Demos) zu den<br />

staatlichen <strong>Institut</strong>ionen stützt und in der ethnische Identität politisch nicht relevant ist, sondern<br />

allein die nationale. Dieser ethnischen Blindheit wird eine enorme Integrationskraft zugesprochen.<br />

Daher ist auch eine starke einheitsstaatliche Struktur einem solchem politischen Gemeinwesen<br />

zuträglich, um seine integrative Kraft auch territorial entfalten zu können. 41 Eine solche<br />

idealtypische Unterscheidung der Nationsmodelle ist oft angezweifelt worden, zumal sie in<br />

der Praxis wohl kaum so zu finden sein werden, denn auch Staatsbürgernationen berufen<br />

sich zumeist auf die Grundlagen einer (ethno-nationalen) Kultur. 42 Sogar die Kritik der wissenschaftlichen<br />

Ideologisierung wurde dieser Gegenüberstellung vorgeworfen. 43<br />

Wichtig bleibt jedoch, die Verbindung von ethnischem Bewusstsein und Konflikt im jeweiligen<br />

konkreten Fall zu betrachten. So kann ein Konflikt nicht nur einen ethnischen Ursprung haben,<br />

sondern es kann umgekehrt durch eine wie auch immer geartete (nicht-ethnische) Aus-<br />

39 Wolff, Stefan/Weller, Marc 2005: Self-Determination and Autonomy. A Conceptual Introduction, in: Weller,<br />

Marc/Wolff, Stefan (Hrsg.): Autonomy, Self-governance and Conflict Resolution. Innovative Approaches to <strong>Institut</strong>ional<br />

Design in Divided Societies, Abingdon/New York, S. 1-25 (hier: S. 7).<br />

40 "Although the creation of states in the Balkans in the late twentieth century shares some features with early forms<br />

of state-making, it is distinct in one obvious way in that it occurred after the creation and mobilization of national<br />

identities.” Harty, Siobhan 1999: Restoring Order: Ethnic Conflict and the <strong>Institut</strong>ional Conditions for Peace, in:<br />

Griffiths, Ann L. (Hrsg.): Ethnicity and Conflict in the Former Yugoslavia, Hallifax, S. 137-166 (hier: S. 1<strong>50</strong>).<br />

41 Vgl. Sundhaussen 2003: 7.<br />

42 So gibt es meistens eine Amtssprache und Amtschrift, die aber automatisch die entsprechende Kultur gegenüber<br />

anderen bevorzugt, vgl. Kymlicka, Will 2000: Modernity and National Identity, in: Shlomo, Ben-Ami/Peled,<br />

Yoav/Spektorowski, Alberto (Hrsg.): Ethnic Challenges to the Modern Nation State, Basingstoke, S. 11-41 (hier:<br />

S. 13f).<br />

43 Zu den Modellen vgl. Sundhaussen 2003: 4.<br />

Schneckener spricht von einer „normativ gefärbten Unterscheidung“, vgl. Schneckener 2002: 29.<br />

Das (in seiner Reinform auch in Westeuropa nicht vorhandene) Staatsbürgermodell wird als offener, liberaler und<br />

letztlich moralisch überlegener dargestellt. Der inkludierende Charakter des Staatsbürgernationalismus wird so<br />

dem exkludierenden Charakter des Volksnationalismus gegenübergestellt, was in der Aussage gipfelt, dass „civic<br />

nationalism is more likely to promote harmony and less divisiveness and separation than ethnic nationalism”, Jesse,<br />

Neal G./Williams, Kristen P. 2005: Identity and <strong>Institut</strong>ions. Conflict Reduction in Divided Societies, New York, S.<br />

10.

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