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Fallstudie Makedonien (Nr. 50) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

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<strong>50</strong><br />

zweifelhafter Personen aus den Gefängnissen. Im Gegenzug vermittelte die DPA erfolgreich<br />

die Befreiung einiger von albanischen Kriminellen gekidnappter ethnisch makedonischer Sicherheitskräfte.<br />

232 Auch bei der Flüchtlingskrise im Zuge des Kosovo-Krieges 1999 bewiesen<br />

die beiden Regierungspartner hohen Pragmatismus. So wurde zur allgemeinen Überraschung<br />

der so sehr ge<strong>für</strong>chtete destabilisierende Domino-Effekt der Flüchtlingswelle aus<br />

dem Kosovo <strong>für</strong> das heikle ethnische Gleichgewicht des Landes relativ schnell gelöst. Und<br />

als es schließlich im Jahre 2000 zu regierungsinternen Schwierigkeiten und Regierungsumbildungen<br />

kam, rückten die beiden Koalitionspartner noch enger zusammen: Anscheinend<br />

wurde in jenem Jahr kein einziges Gesetz per regulärem Lesungsverfahren, sondern nur im<br />

dringenden Eilverfahren von Seiten der Regierung durch das Parlament gebracht. 233<br />

Andererseits vermieden SDSM und VMRO in der gesamten Phase seit der Unabhängigkeit<br />

ihre (ethnische) Mehrheitsposition gegenüber den Albanern in einigen Bereichen auszunutzen:<br />

Vor allem bei der Frage der Arbeitssprache im Parlament hätten die beiden großen Parteien<br />

jederzeit ein Gesetz verabschieden können, das die albanische Sprache ausschließt;<br />

keine der beiden Parteien wollte dies aber. 234<br />

Insgesamt lässt sich also feststellen, dass die albanischen Parteien durchaus Einfluss auf<br />

die Regierungspolitik hatten. 235 Die Beziehung der Eliten scheint sich sogar in der<br />

VMRO/DPA-Regierung verbessert zu haben, was sich aber nicht auf die gesellschaftliche<br />

Ebene auswirken konnte. 236 Andererseits muss aber festgestellt werden, dass die jeweils<br />

albanischen Regierungspartner an politischen Themen, die nicht ihre eigene ethnische<br />

Gruppe betrafen, wenig Interesse zeigten. 237 All diese Entwicklungen stärkten zwar die <strong>Institut</strong>ion<br />

der Großen Koalition – schwächten aber durch undurchsichtige Entscheidungsprozesse<br />

die Legitimität der weiteren demokratischen <strong>Institut</strong>ionen.<br />

c) Die Homogenität der Positionen der ethnisch gemischten Regierungsparteien unterschied<br />

sich wesentlich in den zwei Legislaturperioden 1994-1998 und 1998-2002. Programmatisch<br />

standen sich die beiden ersten Koalitionspartner SDSM und PDP durchaus nahe, verfolgten<br />

sie doch beide als sozialdemokratisch zu bezeichnende Ziele. Die Zusammenkunft der<br />

VMRO-DPMNE mit der DPA hatte dagegen vor allem ausländische Beobachter überrascht.<br />

Beide Parteien hatten sich in ihrer Oppositionsphase radikal geäußert und die damalige Regierungsarbeit<br />

nicht wenig kritisiert. Hatte die VMRO-DPMNE 1997 Studentenproteste gegen<br />

die Einführung des Albanischen als Lehrsprache an bestimmten Fakultäten der Universität<br />

Skopje organisiert, bezichtigte die DPA die PDP in ihrer Unterstützung der SDSM des ethnischen<br />

Ausverkaufs. Zwar hatten die VMRO-DPMNE und die DPA schon in einigen Wahlbe-<br />

232 Vgl. Jovevska/Graber 2003a: 52.<br />

233 Vgl. ebd., 51.<br />

234 Vgl. Treneska 2004: 225.<br />

235 Eher skeptisch sieht dies CEDIME-SE: “until the crisis of 2001 it was debatable whether the Albanian<br />

participation in those coalitions had effectively addressed important issues”, CEDIME-SE 2002: 26.<br />

236 Vgl. CEDIME-SE 2002: 36 und 70.<br />

237 Vgl. Robotin 2003: 160.

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