Fallstudie Makedonien (Nr. 50) - Geschwister-Scholl-Institut für ...
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22<br />
2.2.2 Autonomie und territoriale Lösungen<br />
Autonomieregelungen sind die höchste Form von kollektiven Minderheitenrechten und zielen<br />
auf ein gewisses Maß von Selbstbestimmung (self-rule) ab. 85 Autonomie ist<br />
the legally entrenched power of ethnic or territorial communities to exercise public policy<br />
functions (legislative, executive and adjudicative) independendly of other sources of<br />
authority in the state, but subject to the overall legal order of the state. 86<br />
Träger dieser Rechte ist entweder 1) ein Personenverband oder aber 2) eine Gebietskörperschaft.<br />
Ersteres wir in der Literatur synonym als Personal- oder Kulturautonomie bezeichnet;<br />
letzteres kann je nach Ausmaß der verteilten Kompetenzen territorialautonome Züge bis hin<br />
zu föderalistischen Strukturen annehmen.<br />
1) Wenn über Personalautonomie gesprochen wird, meint man zumeist a) die öffentlichrechtliche<br />
Variante, bei der der Personenverband der Minderheit von staatlicher Seite als<br />
Körperschaft des öffentlichen Rechts bestimmt wird. Die Form und Ausgestaltung der Autonomieorgane<br />
wird dann vom Staat vorgegeben. In b) privatrechtlicher Variante dagegen<br />
werden selbstentstandenen Minderheitenverbänden vom Staat gewisse self-rule-<br />
Kompetenzen übertragen. 87<br />
a) Die erste Variante birgt <strong>für</strong> den Staat die Schwierigkeit, ein objektives Kriterium zur Eingrenzbarkeit<br />
der Minderheitengruppe zu finden, das dann zudem aber auch auf Minderheitenmitglieder<br />
zutrifft, die gar nicht an diesen Organen beteiligt sein wollen. 88 Zweitens wird<br />
kritisiert, dass vor allem (eingesetzte) Eliten das Sagen hinsichtlich der kulturellen Entwicklungen<br />
der Gruppe haben. 89<br />
b) Die zweite Variante dagegen beinhaltet ein höheres Maß an Organisationsfreiheit, erfordert<br />
aber zugleich eine höhere Aktivität der Minderheit in eigenen Belangen, als auch eine<br />
größere Homogenität der Gruppe, damit dieser Verband eine entsprechende Legitimität erhält.<br />
90<br />
Die normativen Diskussionen um Personalautonomien drehen sich im Grunde um die bereits<br />
dargelegte Frage der Legitimität von Gruppenrechten.<br />
2) Die territorialen Lösungen führen andere Probleme mit sich und sind weitaus umstrittener<br />
was ihre Wirkung in ethnisch gespaltenen Gesellschaften angeht. Ihre Vorteile liegen sicherlich<br />
darin, dass politische Entscheidungsfindungen auf mehrere Machtzentren verteilt werden.<br />
Diese vertikale Gewaltenteilung gilt als allgemein demokratisches Merkmal, da sie die<br />
85 Vgl. Brunner/Küpper 2002: 20<br />
86 Wolff/Weller 2005: 13.<br />
87 Vgl. Brunner, Georg 2001: Autonomiekonzepte zum Minderheitenschutz – Bestandsaufnahme und Perspektiven,<br />
in: Manssen, Gerrit/Banaszak, Bogusław (Hrsg.): Minderheitenschutz in Mittel- und Osteuropa, Frankfurt<br />
a.M. u.a., S. 29-63 (hier: S. 54ff).<br />
88 Vgl. ebd., 55.<br />
89 Vgl. Pfaff-Czarnecka 2004: 63.<br />
90 Vgl. Brunner 2001: 61.