Fallstudie Makedonien (Nr. 50) - Geschwister-Scholl-Institut für ...
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Die Diskussion um territoriale Lösungen ethnopolitischer Konflikte birgt die Gefahr, neben<br />
der bereits politisierten ethnischen Identität nun auch Territorien zu politisieren. 97 Dieser<br />
neue Konflikt wird von den ethnischen Gruppen als Nullsummenspiel verstanden, bei der<br />
immer nur einer gewinnen und der andere verlieren kann – denn Territorium steht nur begrenzt<br />
zur Verfügung. 98 Gerade dies macht territoriale Lösungen so schwierig. Sie können<br />
nur dann auf Dauer erfolgreich sein, wenn sie gleichzeitig zur Gewährung eines umfangreichen<br />
Maßes an self-rule die Kosten einer Sezession erhöhen. 99 Dazu wären eine Vielzahl<br />
integrativer Maßnahmen denkbar 100 , deren Erfolg jedoch im Einzelnen schwierig vorauszusagen<br />
ist.<br />
Be<strong>für</strong>worter territorialer Maßnahmen betonen daher zum einen, dass die Mittel je nach Fall<br />
unterschiedlich konstruiert und angepasst werden müssen 101 und zum anderen, dass vor<br />
allem zusätzliche institutionelle Regelungen – wie Power-Sharing oder internationale/regionale<br />
Verflechtungen – mit eingebunden werden sollten 102 , um die Erfolgswahrscheinlichkeit<br />
der Schlichtung von Ethnokonflikten zu erhöhen.<br />
Theoretisch kann die Überlegung angestellt werden, dass sich ein<br />
Autonomiestatut (…) vor allem dort [aufdrängt], wo die Minderheit ein erhebliches Eigengewicht<br />
und Selbstbewusstsein besitzt und wo sich Mehrheit und Minderheit bereits<br />
auseinandergelebt haben. 103<br />
Aber empirisch ist eher die Beobachtung zu machen, dass wenn „there have been intense<br />
and unrequited self-determination conflicts (…) the attempted autonomy settlement has, in<br />
fact, failed thus far.” 104 Eine jüngste Untersuchung im Bezug auf Südosteuropa hat besonders<br />
die Bedeutung des Zeitpunktes der Gewährung von territorialen Regelungen innerhalb der<br />
Transformationsphase herausgestellt: So seien zum einen Ethnoföderationen an sich zunächst<br />
anfälliger <strong>für</strong> einen ethnischen Konflikt. Zum anderen scheint sich der Wechsel von einem (autoritären)<br />
Einheitsstaat zu einer ethnoföderalistischen Demokratie günstiger auf die Beruhigung<br />
eines ethnischen Konfliktes auszuwirken als umgekehrt die Zentralisierung in der Demokratisierungsphase.<br />
105<br />
97 Vgl. ebd., 4.<br />
98 Vgl. Sisk 1996: 18.<br />
99 Vgl. Jesse/Williams 2005: 11.<br />
100 Vgl. Wolff/Weller 2005: 14: “Through a combination of political, social, and economic ties, relationships can be<br />
solidified between the autonomous area and the rest of the country which are mutually beneficial and the preservation<br />
of which is therefore desirable from the perspective of all entities involved. (…) Equally important in this<br />
context is the nature and intensity of economic and financial ties between autonomous territory and other parts of<br />
the whole country.”<br />
101 Vgl. ebd., 4; Weller/Wolff 2005: 269.<br />
102 “autonomy can only serve in the stabilisation of states facing self-determination conflicts if it is part of a wellbalanced<br />
approach that draws on elements of consociational techniques, moderated by integrative policies, and<br />
tempered by a wider regional outlook.” Wolff/Weller 2005: 14.<br />
103 Müller 1993a: 175.<br />
104 Weller/Wolff 2005: 263.<br />
105 Vgl. Bunce, Valerie 2004: Is Ethnofederalism the Solution or the Problem?, in: Mungiu-Pippidi, Alina/Krastev,<br />
Ivan (Hrsg.): Nationalism after Communism. Lessons Learned, Budapest/New York, S. 179-197 (hier: S. 187ff).