Fallstudie Makedonien (Nr. 50) - Geschwister-Scholl-Institut für ...
Fallstudie Makedonien (Nr. 50) - Geschwister-Scholl-Institut für ...
Fallstudie Makedonien (Nr. 50) - Geschwister-Scholl-Institut für ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
42<br />
dieser Abstimmung von Seiten der makedonischen Behörden und Politiker wurde daraufhin<br />
von Mitgliedern eines radikalen Flügels der ethnisch albanischen Partei Demokratischer<br />
Prosperität (PDP) die „unabhängige Republik Illirida“ ausgerufen, die die albanischdominierten<br />
Gebiete <strong>Makedonien</strong>s umfassen sollte. Dieser Schritt wurde von den zahlreicheren<br />
gemäßigten albanischen Politikern zwar nicht unterstützt, aber auch nicht konkret abgelehnt.<br />
Die Vorgänge blieben ohne großes Nachspiel: Weder die Zentralbehörden in Skopje<br />
noch die betreffenden Politiker in Westmakedonien verfolgten diesen Prozess weiter.<br />
Solche Forderungen nach territorialen Lösungen sind zeitweise immer wieder leiser geworden,<br />
aber anscheinend nie ganz von der Agenda verschwunden. 193 An gefährliche Brisanz<br />
gewannen sie erneut 2001, als Kämpfer der albanischen Ushtria Çlirimtare Kombëtare<br />
(UÇK) in der frühen Phase des bewaffneten Konflikts nach der direkten Bedrohung der<br />
Hauptstadt Skopje Forderungen nach föderaler Teilung des Staates entlang ethnischer Linien<br />
laut werden ließen. 194 Doch diese verstummten relativ bald, sei es weil die Kämpfer<br />
durch solche Ziele die Internationale Gemeinschaft nicht <strong>für</strong> sich überzeugen hätten können,<br />
sei es weil sie sich der Unterstützung der albanischen Bevölkerung <strong>Makedonien</strong>s nicht sicher<br />
sein konnten. 195 Mit den schon im Frühjahr veränderten Forderungen nach größeren politischen<br />
Rechten vermochte es die UÇK dann einen Großteil der albanischen Bevölkerung in<br />
<strong>Makedonien</strong> <strong>für</strong> sich zu gewinnen. 196<br />
Diese anfangs vorgebrachten territorialen Ansprüche (wenn auch seltener vertreten) sind bei<br />
den ethnischen Makedonen besonders auf Ablehnung gestoßen. Immer wieder wurden sie<br />
als erster Schritt in Richtung Sezession verstanden 197 und damit in Richtung Auseinanderbrechen<br />
des <strong>für</strong> die makedonische Identität so wichtigen Staates. 198 Diese Bedrohungsvorstellungen<br />
der ethnischen Makedonen können so als eine weitere wesentliche strukturelle<br />
Konfliktursache angesehen werden. 199 Auch wenn konkrete Forderungen nach Sezession<br />
von Seiten der Albaner tatsächlich eher selten anzutreffen waren, hegten (und hegen) die<br />
Makedonen Ängste vor einer hidden agenda der albanischen Politiker – die als einheitlicher<br />
Block wahrgenommen werden. Den makedonischen Medien kann man den Vorwurf machen,<br />
einseitig immer wieder die extremen Forderungen nach Föderalisierung oder Sezession einzelner<br />
Politiker herauszustellen; dies spiegelt aber im Grunde nur die allgemein verbreiteten<br />
193 Z.B. streitet Xhaferi (1998: 7) <strong>für</strong> eine politische und territoriale Autonomie; daher sind Behauptungen, weder<br />
die DPA noch die PDP hätten vor 2001 territoriale Forderungen gestellt – z.B. von der International Crisis Group<br />
(ICG) 2004: Pan-Albanianism: How Big A Threat to Balkan Security? (= Europe Report No. 153), S. 18 – nicht<br />
korrekt.<br />
194 Vgl. CEDIME-SE 2002: 8.<br />
195 Vgl. Balalovska, Kristina/Silj, Alessandro/Zucconi, Mario 2002: Minority Politics in Southeast Europe: Crisis in<br />
Macedonia, Ethnobarometer Working Paper Series, Rom, S. 15f.<br />
196 Vgl. Treneska 2004: 227.<br />
197 Vgl. Willemsen 2001: 15.<br />
198 Zur zentralen Bedeutung des unabhängigen Staates <strong>für</strong> die makedonische Identität vgl. vor allem: Brunnbauer<br />
2001: 165; <strong>Institut</strong>e for Regional and International Studies (IRIS) u.a. 2006: The Process of Decentralization in<br />
Macedonia: Prospects for Ethnic Conflict Mitigation, Enhaced Representation, <strong>Institut</strong>ional Efficency and Accountability,<br />
Sofia/Skopje, S. 11,<br />
URL: http://www.iris-bg.org/MACEDONIA_DECENTRALIZATION.FULLREPORT_APPENDIX.pdf<br />
199 Vgl. Calic 2002: 7.