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Fallstudie Makedonien (Nr. 50) - Geschwister-Scholl-Institut für ...

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re immer mehr zum alles überragenden ethnischen Politikum entwickelt. Sie ging weit über<br />

rein Kulturelles hinaus und war „zum Medium der allgemeinpolitischen Forderungen der albanischen<br />

Parteien geworden.“ 205 Zentrales Thema war dabei die Schaffung einer eigenen<br />

staatlichen Universität <strong>für</strong> die albanische Minderheit. Seit dem Zerfall Jugoslawiens und der<br />

Schließung der Universität in Prishtina/Priština (Kosovo) hatten die Albaner <strong>Makedonien</strong>s<br />

keine Möglichkeit mehr, im Inland auf eine albanischsprachige Universität zu gehen. 1994<br />

kam es daher zu Protesten der Albaner, Universitätsbildung in eigener Sprache zu erhalten.<br />

Die Regierung widersprach mit Hinweis auf die Verfassung, die nur Primär- und Sekundärbildung<br />

ausdrücklich in den Minderheitensprachen erlaubt und Makedonisch als alleinige<br />

Amtsprache festlegt. Gegen die Schaffung von separaten Bildungsinstitutionen sprachen<br />

zudem Be<strong>für</strong>chtungen vor einer weiteren Segregation der albanischen Volksgruppe, auch<br />

wenn albanische Politiker umgekehrt argumentierten, dass eine bessere Bildung zu einer<br />

besseren Integration führen werde. 206<br />

Eine 1995 eröffnete Privatuniversität in der Nähe von Tetovo wurde <strong>für</strong> illegal erklärt und an<br />

ihrer Eröffnung gehindert. Massives Polizeieinschreiten führte zu mehreren Verletzen, einem<br />

toten albanischen Studenten und sieben verhafteten Universitätsangestellten. Die damals an<br />

der Regierung beteiligte (albanische) PDP rief zwar die Bürger zu Zurückhaltung auf, dennoch<br />

kam es zu größeren Protesten. Über diese Bildungsfrage kam es schließlich zur Aufspaltung<br />

dieser damals größten albanischen Partei: Ihr Ableger, die Partei der Demokratischen<br />

Prosperität der Albaner (PDP-A), ging später mit der kleinen, radikalen Nationalen<br />

Demokratischen Partei (NDP) zusammen und bildete so die Demokratische Partei der Albaner<br />

(DPA). Sie nahm schnell die Position ein, quasi-staatliche, autonome Parallelinstitutionen<br />

nach kosovarischem Vorbild schaffen zu wollen. 207<br />

Die makedonischen Behörden reagierten zögerlich und erst nach Protesten mit der Hebung<br />

der Quote <strong>für</strong> Minderheiten an den staatlichen Universitäten in Skopje und Bitola – von der<br />

bereits bestehenden Quote von 10% auf 23%. 208 Dass diese niemals erfüllt wurden, sondern<br />

weiter auf separate <strong>Institut</strong>ionen gepocht wurde, werteten ethnische Makedonen als Zeichen<br />

<strong>für</strong> den mangelnden Integrationswillen der Albaner. 209 Vor allem die OSZE wirkte auf Regierung<br />

und Opposition ein, so dass es schließlich zur Beruhigung der Lage kam. Über lange<br />

Zeit wurde die Universität in Tetovo offiziell toleriert, aber nicht anerkannt, bis erst im Jahre<br />

2000 eine Regelung gefunden wurde: Eine private, ‚internationale’ Hochschule mit den Lehrsprachen<br />

Albanisch, Makedonisch und Englisch wurde errichtet. Damit galt der ethnische<br />

Konflikt – oder zumindest sein über Jahre strittigstes Politikum – eigentlich als beruhigt. 210<br />

205 Willemsen 2001: 18.<br />

206 Vgl. Ortakovski 2001: 37.<br />

207 Vgl. Ackermann 1999: 67ff.<br />

208 Begleitet wurden diese Maßnahmen von ethnisch makedonischen Protesten, die von Seiten der VMRO organisiert<br />

wurden, vgl. Willemsen 2001: 18; CEDIME-SE 2002: 28f.<br />

209 Vgl. Jovevska/Graber 2003: 59.<br />

210 Vgl. Marko 2004: 16; Treneska 2004: 224.

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