Fallstudie Makedonien (Nr. 50) - Geschwister-Scholl-Institut für ...
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1. Einleitung<br />
1.1 Problemhintergrund<br />
Ethnische Konflikte gehören seit Anfang der 1990er Jahre zu den offensichtlichsten aber<br />
gewiss auch beunruhigendsten Anzeichen des Endes des Ost-West-Konfliktes. Der Zusammenbruch<br />
der alten globalen Ordnung erwies sich nicht nur als Anfang einer neuen Demokratisierungswelle,<br />
sondern auch gleichzeitig als Anbruch eines Nationalisierungsschubes,<br />
der längst überwunden geglaubte Formen der gewaltsamen Konfliktaustragung über Südosteuropa<br />
den Weg auf den alten Kontinent finden ließ. Massenhafte Vertreibungen und Genozid<br />
erschreckten viele Beobachter, die das Gesicht dieser Verbrechen in den „ethnischen<br />
Säuberungen“ im kriegserschütterten Jugoslawien erkannten. Es schien geradezu, als ob die<br />
verschiedenen Nationalismen von den kommunistischen und sozialistischen Regimen nur<br />
unterdrückt, jedoch nicht überwunden oder gar „geheilt“ werden konnten; in nur konsequenter<br />
Weise machten sie nun mit aller Macht und Gewalt ihrem (Wieder-)Auferstehen Luft.<br />
Dennoch haben Beispiele innerhalb der konfliktgeschüttelten Regionen gezeigt, dass trotz<br />
Unwägbarkeiten und Spannungen in einer politischen Gemeinschaft, ein friedliches im Sinne<br />
von gewaltfreies Nebeneinander und ein konstruktives Miteinander verschiedener ethnischer<br />
Gruppen möglich ist. Vorhandene ethnische Konflikte müssen nicht immer zu militärischer<br />
Gewalt führen; unter an sich ähnlichen Rahmenbedingungen zeigten sich Fälle, die verschiedene<br />
Intensitäten innerstaatlicher Konflikte aufwiesen und sogar bisweilen auf unerwartet<br />
niedrigem Niveau blieben.<br />
Eines dieser Fallbeispiele ist die junge Republik <strong>Makedonien</strong>. 1 Sie hatte es geschafft, über<br />
ein Jahrzehnt lang den Frieden zu bewahren, während alle anderen jugoslawischen Nachfolgestaaten<br />
im Laufe dieser Zeit in die Zerfallskriege hineingezogen wurden. Das kann keineswegs<br />
daran gelegen haben, dass es keinen ethnischen Konflikt innerhalb des kleinen<br />
Staates gegeben hätte: <strong>Makedonien</strong> besitzt einen großen Anteil an Minderheiten und gerade<br />
das Verhältnis der ethnischen Makedonen zur größten Minderheit der Albaner stand schon<br />
spätestens seit der Unabhängigkeit 1991 unter keinem guten Stern. Dennoch manövrierte<br />
sich dieses Land an einer kriegerischen Auseinandersetzung vorbei, was nicht wenige internationale<br />
Beobachter immer wieder verblüffte. Trotzdem schienen die Skeptiker dieses ‚brüchigen<br />
Friedens’ in ihren Zweifeln Recht zu behalten, denn 2001, im elften Jahr der Unab-<br />
1 Der Staat, der sich 1991 aus dem Verbund Jugoslawiens löste, wurde 1993 von den Vereinten Nationen offiziell<br />
unter dem als provisorisch verstandenen Namen „Former Yugoslav Republic of Macedonia“ (FYROM) anerkannt.<br />
Der verfassungsmäßige Name lautet „Republika Makedonija“. Die Namensstreitigkeiten, die mit Griechenland<br />
über die Rechtmäßigkeit der Verwendung des Terminus „<strong>Makedonien</strong>“ im Staatsnamen entbrannten, blieben bis<br />
zum heutigen Tag ungelöst, auch wenn es in letzter Zeit zu etwas Bewegung in Richtung einer „Zweiformellösung“<br />
– ein Name (eventuell „Republik <strong>Makedonien</strong>“) <strong>für</strong> den internationalen Gebrauch und ein anderer <strong>für</strong> den<br />
bilateralen Austausch mit Griechenland – gekommen zu sein scheint.<br />
Während in der Wissenschaft – allen voran in der Slavistik – die Schreibweise <strong>Makedonien</strong> als Standard gilt,<br />
bedient sich die Publizistik des Begriffes Mazedonien.